# taz.de -- Blockaden im Braunkohlerevier: Polizei warnt mit falschen Infos
> Im Vorfeld der geplanten Blockaden verbreitet die Polizei unwahre
> Aussagen. Streikende SchülerInnen sollen so von der Teilnahme abgehalten
> werden.
IMG Bild: Aktivisten blockierten ein Baustelle am Braunkohletagebau Garzweiler (Bild vom 27.5.2019)
Berlin taz | Die Aachener Polizei befürchtet offenbar, dass sich an den
Blockadeaktionen vom 20. bis 24. Juni im rheinischen Braunkohlerevier auch
viele SchülerInnen beteiligen, die in den letzten Monaten unter dem Motto
„Fridays for Future“ für mehr Klimaschutz gestreikt haben. In einem
Schreiben, das bereits Ende März mit der Bitte um Weiterleitung an die
Schulen unter anderem an die Bezirksregierungen in Köln und Düsseldorf
verschickt wurde, warnt Einsatzleiter Thomas Demmers die SchülerInnen, sich
an Ende Gelände zu beteiligen: „Lassen Sie sich nicht für illegale Aktionen
instrumentalisieren!“
Die Klimabewegung [1][Ende Gelände hatte in den vergangenen Jahren mit
teils tagelangen Massenblockaden] von Braunkohle-Tagebauen und
Kraftwerksgleisen Aufsehen erregt. Die Annahme, dass sich diesmal auch
viele Fridays-for-Future-AktivistInnen am zivilen Ungehorsam beteiligen,
liegt durchaus nahe: Für Freitag, den 21. Juni, rufen die SchülerInnen zu
einem „internationalen Streik“ in Aachen auf. Dies ist nur rund 50
Kilometer entfernt vom Braunkohletagebau Garzweiler, wo Ende Gelände seine
Blockaden plant.
Beim Versuch, die SchülerInnen davon abzuhalten, hat die Aachener Polizei
allerdings falsche Informationen verbreitet. So heißt es in dem Schreiben,
kürzlich seien „sechs Straftäter“ wegen einer Blockadeaktion „vom Gericht
zu einer Zahlung in Höhe von 2,1 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt
worden“. Davon kann aber keine Rede sein. Zwar gibt es nach einer Blockade
(die übrigens nicht im Rahmen von Ende Gelände stattfand) eine
entsprechende Forderung des Stromkonzerns RWE, sagte Rechtsanwalt Jasper
Prigge, der einen der Beschuldigten vertritt, der taz. „Bisher gibt es aber
noch nicht mal einen Verhandlungstermin“, geschweige denn ein Urteil.
Das merkte am Mittwoch auch die Aachener Polizei und korrigierte ihre
Aussage entsprechend. Die Bezirksregierung Köln hatte das fehlerhafte
Schreiben zu diesem Zeitpunkt aber bereits an alle Schulen weitergeleitet –
„auch auf Bitte des Bildungsministeriums“, wie die Pressestelle der Behörde
auf Anfrage mitteilte.
## Gewaltfreiheit im Aktionskonsens
Weitere Aussagen des Einsatzleiters scheinen zumindest fragwürdig: So
schreibt er, eine „über einen längeren Zeitraum anhaltende absichtliche
Blockade“ sei „nicht erlaubt“ – was im Gegensatz zu einer
Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht, das
Sitzblockaden in bestimmten Fällen als nicht strafbar bewertet hat. Im
Oktober 2018 hatte die Polizei Aachen selbst bestätigt: „Nach rechtlicher
Würdigung der Gesamtumstände durch die Staatsanwaltschaft Aachen stellte
das Besetzen der Gleise keine Straftat dar.“ Eine Anfrage zu diesem
Widerspruch ließ die Polizei bis Mittwoch Nachmittag unbeantwortet.
Zudem ist in dem Schreiben zweimal von „gewaltbereiten Gruppierungen von
Ende Gelände“ die Rede. Der Aktionskonsens des Bündnisses fordert
allerdings zu Gewaltfreiheit auf, bisher wurde das auch eingehalten. „Die
Polizei Aachen versucht, mit falschen Unterstellungen eine ganze Bewegung
zu diskreditieren“, sagte Ende-Gelände-Sprecherin Kathrin Henneberger.
„Damit wird sie keinen Erfolg haben.“
Die Polizeipressestelle verwies auf Nachfrage nach Belegen für die
angebliche Gewaltbereitschaft von Ende Gelände darauf, dass es in der
Vergangenheit zum „Durchbrechen von Polizeiketten“ und
„Widerstandshandlungen“ gekommen sei. Dies weist Henneberger zurück: „Mir
ist kein Fall bekannt, in dem jemand wegen einer Aktion im Rahmen von Ende
Gelände wegen einer Gewalttat verurteilt wurde“, sagte sie. Gewalt habe es
allein von Seiten der Polizei gegeben.
Die Fridays-for-Future-Organisatoren reagierten zurückhaltend auf das
Schreiben der Polizei. Sie riefen nicht zur Teilnahme an Ende Gelände auf,
erklärten sie in einem Schreiben. Niemand, der sich an ihren angemeldeten
Demonstrationen beteilige, brauche sich zu sorgen „‚aus Versehen‘ in
illegalen Protest zu geraten“.
5 Jun 2019
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## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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