URI: 
       # taz.de -- Taxi-Fahrer protestieren gegen UberX: Der alltägliche Straßenkampf
       
       > Uber-Unternehmer Mohnke verteidigt den neuen Fahrdienst. Am Donnerstag
       > protestieren Taxifahrer in Berlin wieder gegen UberX.
       
   IMG Bild: Schneidet beim Abbiegen schon mal die Interessen vieler Taxi-Fahrer*innen: Uber-Fahrzeug
       
       Berlin taz | Züleyha Kücükbaslilar fährt los. Man hört nichts. Die
       Mietwagen-Fahrerin steuert den vollelektrischen Nissan zur Ausfahrt der
       Tiefgarage im Zentrum von Berlin. Hier beginnt der alltägliche Straßenkampf
       um die Taxikund*innen.
       
       Kücükbaslilar, schwarze Haare, leuchtend blaue Jacke, gehört zu den
       Herausforderern. Sie arbeitet bei der Firma Savedriver, die ihre Mietwagen
       für das US-Unternehmen Uber rollen lässt. Diesem und anderen neuen
       Mobilitätsanbietern wie der VW-Tochter Moia, die Fahrten über
       Smartphones-Apps vermitteln, will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer
       (CSU) den Weg ebnen. Dagegen protestieren die traditionellen Taxifirmen
       bundesweit – und an diesem Donnerstag bei Berlins Verkehrssenatorin Regine
       Günther (parteilos, für Grüne).
       
       Die Uber-Leute erleben den Gegenwind auch persönlich. „Es kam schon vor,
       dass Taxifahrer unsere Kollegen fotografierten und die Aufnahmen in
       sozialen Netzwerken veröffentlichten“, berichtet Kücükbaslilar. Während
       einer der Demonstrationen hätten einige sogar einen Uber-Wagen blockiert
       und gegen das Auto getreten.
       
       Die Fahrerin ist seit Anfang dieses Jahres für die bundesweit tätige Firma
       Savedriver unterwegs. Deren zentrale Mietwagenstation liegt am Anhalter
       Bahnhof, zwei Minuten vom Potsdamer Platz und fünf Minuten vom Hauptbahnhof
       entfernt. Auf dem Hof hinter dem Hochhaus herrscht reger Betrieb. Im
       Minutentakt kommen schwarze Nissans an und fahren wieder los, wenn UberX
       den neuen Auftrag eines Kunden übermittelt.
       
       ## Weniger sinnloses Rumgeeier
       
       Thomas Mohnke (61), gebürtiger Berliner, kurze blondgraue Haare, blau
       kariertes Hemd, ist Chef von Savedriver. Er lacht gern und laut. Sein
       Volkswirtschaftsstudium finanzierte er selbst mit Taxifahren. Später war er
       mit 60 Wagen einer der größten Fahrgastunternehmer der Stadt, verkaufte
       dann aber alles, weil er nicht an die Zukunft des Taxigewerbes glaubte.
       
       Savedriver arbeitet für den App-Dienst UberX in Berlin und München, bald
       wohl auch in Köln und Frankfurt am Main. Die neuen Mobilitätsfirmen
       expandieren. In Düsseldorf allerdings musste Mohnke einen Rückschlag
       hinnehmen. Unter anderem wegen vermeintlich fehlerhafter Fahrtennachweise
       entzog ihm die Verwaltung die Genehmigung. Savedriver wehrt sich
       juristisch.
       
       Das Geschäftsmodell funktioniert so: „Der Preis liegt für die Fahrgäste oft
       zehn Prozent unter den Taxigebühren“, sagt Mohnke. Dieser Vorteil locke die
       Kund*innen an. Allerdings „steigt der Preis bei hoher Nachfrage auf das
       maximal 1,5-Fache“. Weil alle Fahrten per Smartphone und Computer
       vermittelt werden, nähme die Auslastung der Fahrzeuge zu. Mohnkes Mietwagen
       stünden seltener ungenutzt herum als bei der Konkurrenz. „Während Taxen
       durchschnittlich in 30 Prozent einer Stunde Geld verdienen, sind es bei uns
       rund 70 Prozent“, so Mohnke. „Die Produktivität ist wesentlich höher.“
       
       Die Idee von Uber habe nur einen Nachteil: „Dass sie mir nicht selbst
       eingefallen ist.“ Über die Haltung der Taxifirmen und Verbände schüttelt
       Mohnke den Kopf und zitiert ein chinesisches Sprichwort: „Wenn der Wind des
       Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Er meint:
       Angesichts moderner Technologie, Smartphone-Apps und künstlicher
       Intelligenz habe es keinen Sinn mehr, Taxis auf der Suche nach Fahrgästen
       durch die Städte eiern zu lassen. Tatsächlich hat sich der Online-Dienst
       mytaxi, der ähnlich funktioniert wie Uber, im traditionellen
       Fahrgastgewerbe noch nicht durchgesetzt.
       
       Die staatliche Preisregulierung der Taxigebühren – alle müssen denselben
       Tarif nehmen – hält Mohnke für Quatsch. Sie verhindere nur die
       Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Zum Glück seien die Mietwagen nicht
       daran gebunden. Aber gewährleistet die Regulierung nicht auch eine gewisse
       soziale Sicherheit für Fahrer*innen? Schließlich können die sich darauf
       verlassen, dass die Passagiere eine fixe und keine schwankende Gebühr
       entrichten.
       
       Züleyha Kücükbaslilar ist wie ihre Kolleg*innen fest bei Savedriver
       angestellt. Sie kann inklusive Prämien bis zu 12,50 Euro brutto pro Stunde
       verdienen. Das läuft auf etwa 2.000 Euro brutto und 1.400 Euro netto pro
       Monat hinaus. Nicht üppig – aber mehr erhalten Taxifahrer*innen oft
       ebenfalls nicht. Kücükbaslilar hat den Vergleich: Ihr Mann ist
       selbstständiger Taxichauffeur. „Ich verdiene hier mehr als er“, sagt sie.
       
       Viele Taxifahrer*innen fahren zudem Teilzeit und geben die Hälfte des
       Umsatzes bei ihrer Firma ab. Dann sinken die Einnahmen noch mehr.
       Allerdings ist das Phänomen sehr niedriger Löhne auch bei den neuen
       Mobilitätsanbietern bekannt. Kücükbaslilar hat mit ihrem Arbeitgeber wohl
       eher Glück.
       
       So oder so kann es gut sein, dass das Geschäftsmodell der Taxis nicht mehr
       allzu lange hält. Die Autohersteller arbeiten an autonom fahrenden Pkw und
       Kleinbussen, die ohne Fahrer*innen auskommen. Spätestens dann braucht man
       keine Taxifahrer mehr – allerdings auch keine Uber-Lenker*innen wie
       Kücükbaslilar.
       
       6 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
   DIR Taxi
   DIR Demo
   DIR Uber
   DIR Digitalisierung
   DIR Uber
   DIR ÖPNV
   DIR Taxi
   DIR Uber
   DIR Taxi
   DIR Carsharing
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Sabotage an Uber-Rädern: Das ist ein Uberfall
       
       Ein Aufruf Reifen von Jump-Leihrädern zu zerstechen, stößt auf Resonanz.
       Der Protest zielt auf Uber, das es mit Gesetzen auch nicht so genau nimmt.
       
   DIR Uber in Berlin: Nur gucken, nicht buchen
       
       Das Unternehmen Uber präsentiert auf der deutschen Homepage den
       Sammeltaxi-Dienst UberPool, bietet ihn in Berlin aber nicht an – weil es
       nicht darf.
       
   DIR Berliner Taxiprotest: „Scheuer-Wehr“ gegen Uber
       
       Berliner Taxifahrende protestieren am Donnerstag wieder gegen die
       Verkehrspolitik von Minister Scheuer und Senatorin Günther.
       
   DIR Neues Uber-Angebot in Berlin: Uber startet E-Bike-Sharing in Berlin
       
       Als erste Stadt im deutschsprachigen Raum wird Berlin vom Mobilitätskonzern
       Uber mit Leih-E-Bikes ausgestattet. 1.000 stehen ab sofort zur Verfügung
       
   DIR Aufgeschreckte Couchpotatoes: Die Ausweitung der Warenzone
       
       Je weniger Regeln umso besser, so das Credo App-verwöhnter Modernisierer.
       Auch die Bundesregierung plant Fahrdienste zu liberalisieren.
       
   DIR Carsharing von BMW und Daimler: Zusammen gegen Uber und Didi
       
       Die Autobauer legen ihre Angebote Car2Go und DriveNow zusammen, um die
       Konkurrenz auszustechen. Für die Kunden ändert sich viel.