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       # taz.de -- Rot-Grün-Rot in Bremen: Kein Selbstläufer
       
       > Wie gut werden die Koalitionsverhandlungen zwischen Rot-Grün-Rot in
       > Bremen laufen? Fünf mögliche Konfliktlinien.
       
   IMG Bild: Es gibt viele Übereinstimmungen bei Rot-Grün-Rot – aber auch viele Konfliktlinien
       
       Bremen taz | Die heute beginnenden rot-grün-roten Koalitionsverhandlungen
       in Bremen genießen eine breite Unterstützung an der Parteibasis. Die Grünen
       sprachen sich mit über 90 Prozent, die Linken mit fast 80 Prozent [1][für
       Gespräche mit der SPD aus]. Noch vor den Sommerferien, die in [2][Bremen]
       in diesem Jahr am 4. Juli beginnen, soll die neue Regierung stehen.
       
       Hinzu kommt, dass Die Linke ihre Mitglieder zum Koalitionsvertrag befragen
       will und die Grünen fordern, bei den Verhandlungen auch
       Klimawissenschaftler*innen anzuhören. Ein Selbstläufer ist Rot-Grün-Rot
       trotz aller programmatischen Übereinstimmungen aber nicht. So gibt es ein
       paar Streitpunkte, etwa beim Thema Finanzen:
       
       Unter der Führung der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert hat Bremen in
       den letzten zehn Jahren seinen Haushalt saniert – die Schuldenuhr läuft
       jetzt erstmals rückwärts. Die Grünen halten an der – in Landes- und
       Bundesverfassung verankerten – Schuldenbremse strikt fest. Die Linke
       wiederum hatte sie angesichts von Armut, Arbeitslosigkeit und
       Investitionsstaus in den vergangenen Jahren immer wieder scharf kritisiert.
       Nun muss die Linke sie verteidigen – und sich zugleich gegen parteiinterne
       Kritiker*innen wehren, die sagen: Wer die Schuldenbremse akzeptiere,
       unterstütze neoliberale Politik.
       
       Weil des Weiteren alle Kreditdeals als unzulässige Neuverschuldungen
       gelten, ist ein wichtiges Anliegen der Linken gefährdet: die Finanzierung
       des Ausbaus der Schulen.
       
       Auch in der Sache Weservertiefung gibt es unterschiedliche Positionen: Die
       SPD will weiterhin die Außen- und Unterweser vertiefen, weil das aus ihrer
       Sicht „notwendig“ ist, um die Wettbewerbsfähigkeit der bremischen
       Hafenwirtschaft zu sichern. Die Linke hingegen hält die Weservertiefung für
       erledigt, seit es einen unausgelasteten Tiefwasserhafen im nahen
       Wilhelmshaven gibt. Und die Grünen schreiben in ihrem Wahlprogramm
       unmissverständlich: „Wir bleiben hart: Mit uns gibt es keine
       Weservertiefung.“
       
       Ähnlich verlaufen die Konfliktlinien im Falle des Offshore-Terminals
       Bremerhaven (OTB), das SPD und Grüne lange Jahre zusammen in einem
       Naturschutzgebiet geplant haben. Über ihn sollten dereinst Windräder aufs
       Meer verschifft werden. Doch die Grünen sind mittlerweile von dem 180
       Millionen Euro teuren Projekt abgerückt, die Linken halten es für
       „überholt“ – und das Verwaltungsgericht Bremen hat den Bau zuletzt wegen
       Planungsmängeln untersagt. Inzwischen fehlt der Bedarf, sagen viele
       Expert*innen. Doch die SPD, gerade in Bremerhaven, hält bisher eisern am
       Prestigevorhaben OTB fest.
       
       Auch beim Polizeigesetz gibt es Unstimmigkeiten: Die SPD will der Polizei
       gerne „neue Ermittlungsmöglichkeiten“ geben, insbesondere bei der
       Telekommunikationsüberwachung, die sie als „zentrales Instrument zur
       Aufklärung von Straftaten und zur Abwehr von Gefahren“ sieht. Außerdem
       würde sie gern die Videoüberwachung „ausweiten“ – Die Linke will sie
       dagegen „deutlich einschränken“. Und die Grünen haben ihr Ja zu
       Rot-GrünRrot mit einem Nein zu Staatstrojanern und Onlinedurchsuchungen
       verbunden. Sie sind klar gegen eine Verschärfung des Polizeigesetzes.
       
       Schließlich das Thema Wohnungsbau: Zwar sind sich SPD, Grüne und Linke
       einig, dass mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden müssen. Die Frage, wo
       gebaut werden soll, hatte zwischen SPD und Grünen in der Vergangenheit
       jedoch für viel Streit gesorgt.
       
       11 Jun 2019
       
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