# taz.de -- Kommentar Jüdisches Museum und BDS: Doppelte Standards
> Bei der Posse um einen Tweet des Jüdischen Museums Berlin zu einem
> taz-Text geht es um die Frage: Wer darf entscheiden, was antisemitisch
> ist?
IMG Bild: Versucht, Vielfalt abzubilden: das Jüdische Museum in Berlin
Bei Diskriminierung geht’s immer auch ein bisschen darum, wer spricht.
Nicht die Mehrheitsgesellschaft, sondern Betroffene entscheiden, was sie
betrifft. Klingt banal, ist es aber, wenn es um israelbezogenen
Antisemitismus in Deutschland geht, nicht. Das zeigt sich derzeit an der
Posse um das Jüdische Museum Berlin und der Frage, ob BDS antisemitisch
ist. Beides hängt gerade irgendwie zusammen.
Wie? 240 Juden und Israelis kritisieren den Beschluss des Bundestags, der
[1][BDS als antisemitisch] einstuft. Die [2][taz berichtet darüber], das
Jüdische Museum empfiehlt den taz-Text auf Twitter, was wiederum der
Zentralrat der Juden als „indirekte Unterstützung für die antisemitische
BDS-Bewegung“ empfindet.
Verwirrend? Im Kern ist es einfach, es geht um die Frage, wer entscheiden
darf, was antisemitisch ist. Weil das in Deutschland aber ein bisschen
heikler ist, als zu entscheiden, wer oder was rassistisch ist, ist es immer
angenehm, wenn sich Juden finden, die die eigene, scharf israelkritische
Haltung vom Verdacht des Antisemitismus freisprechen.
Heißt das, Deutsche dürfen Israels Politik gar nicht kritisieren? Ach, also
bitte! Die Frage ist doch eher, warum viele Deutsche hierbei eine
Besessenheit und Strenge an den Tag legen, die sie gegenüber tatsächlichen
Unrechtsstaaten vermissen lassen. In allen anderen Diskursen ist es
inzwischen üblich, auch die Stimmen von Betroffenen in all ihrer Vielfalt
zu hören. Bei Musliminnen, die stolz ihr Kopftuch tragen, und solchen, die
es als Zeichen der Unterdrückung ablehnen etwa. „Gute“ Juden aber sollen
nur die sein, die antizionistisch oder „israelkritisch“ sind?
Das Jüdische Museum versucht, und das ist ja auch in Ordnung, Vielfalt
abzubilden, es zeigte in seiner „Jerusalem“-Ausstellung etwa auch die
palästinensische Sicht auf die Stadt. Oder überwiegend. Jedenfalls in einer
Art, die nicht nur Juden und jüdische Organisationen als stark verzerrend
empfanden. Es scheint mit manchen Erwartungen an das Museum zu sein wie mit
denen an Israel – es soll ein (sicherer) Ort des Jüdischen sein, aber bitte
zugleich alle Interessen der Palästinenser ebenbürtig berücksichtigen.
Klingt in der Theorie ja ganz gut, aber wie bitte soll das angesichts von
Terror, Raketen [3][und der BDS-Forderung] nach einem Rückkehrrecht für
alle Vertriebenen samt ihren Kindeskindern gehen?
12 Jun 2019
## LINKS
DIR [1] /Pro-und-Contra-Israel-Boykott/!5389548
DIR [2] /Bundestagsbeschluss-zu-Israel-Boykott/!5601030
DIR [3] /Debatte-BDS-und-Antisemitismus/!5563098
## AUTOREN
DIR Ariane Lemme
## TAGS
DIR Jüdisches Museum Berlin
DIR Jüdisches Museum
DIR Zentralrat der Juden
DIR Antisemitismus
DIR BDS-Movement
DIR Antisemitismus
DIR Jüdisches Museum Berlin
DIR Jüdisches Museum Berlin
DIR Jüdisches Museum Berlin
DIR Israel
DIR Israel
DIR BDS-Movement
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Kommentar Jüdisches Museum: Warum ich als Guide gekündigt habe
Dass Museumsdirektor Peter Schäfer zum Rücktritt gezwungen wurde, hat mir
gezeigt: Das Jüdische Museum ist nicht mehr unabhängig.
DIR Umgang mit Antisemitismus: Unsichtbar und frei
Was geht es denn euch an, wer ich bin? Unser Autor, ein jüdischer
Schriftsteller, plädiert für das Recht, seine Identität verbergen zu
können.
DIR Kommentar Kritik am Jüdischen Museum: Es geht nicht um einen Tweet
Das Jüdische Museum muss sich ernsthaft fragen, ob es seinem Titel gerecht
geworden ist. Ein Ort der Diskussion muss es aber bleiben.
DIR Nach Kritik am Jüdischen Museum Berlin: Das Vertrauen vespielt
Der Direktor der Stiftung Jüdisches Museum tritt zurück. Das Jüdische müsse
mehr Einfluss haben, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Juden.
DIR BDS-Tweet des Jüdischen Museums Berlin: Streit, Macht, Kontrolle
Das Museum steht in der Kritik, weil es einen Tweet zum BDS-Beschluss des
Bundestags gepostet hat. Leiter Peter Schäfer trat am Freitag zurück.
DIR Bundestagsbeschluss zu Israel-Boykott: 240 Akademiker gegen BDS-Votum
Namhafte israelische und jüdische Wissenschaftler werfen dem Bundestag vor,
sich im Kampf gegen BDS instrumentalisieren zu lassen.
DIR Reaktionen auf BDS-Beschluss: Protestpost aus Palästina
Die palästinensische Zivilgesellschaft wendet sich gegen den BDS-Beschluss
des deutschen Bundestags. In der Westbank und Gaza kam es zu Protesten.
DIR Gastkommentar BDS und Antisemitismus: Ohne Wenn und Aber
Es stimmt, nicht jeder BDS-Unterstützer ist antisemitisch. Die Ausrichtung
von BDS ist es aber. Sie spricht Juden das Recht auf Selbstbestimmung ab.