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       # taz.de -- Verschärfungen bei Abschiebungen: Familien sollen nicht in den Knast
       
       > Die Länder wollen abgelehnte Asylbewerber nicht in Gefängnisse verlegen.
       > Sondern lieber gleich nach Afghanistan ausfliegen?
       
   IMG Bild: Familie Ahmadi aus Afghanistan ist 2015 in Tröglitz (Sachsen/Anhalt) untergekommen
       
       BERLIN taz | Gerade erst feierte die Union die Verabschiedung des
       sogenannten Geordnete-Rückkehr-Gesetzes – nun droht Gegenwind aus dem
       Bundesrat. Minister*innen mehrerer Bundesländer wehren sich gegen die
       Verschärfungen bei Abschiebungen.
       
       Im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundesrats empfahl am Donnerstag
       eine Mehrheit die Überweisung in den Vermittlungsausschuss. Dieser wird bei
       strittigen Gesetzesvorhaben zwischen Bundestag und Bundesrat eingeschaltet.
       Im Rechtsausschuss der Länderkammer hatte sich schon am Mittwoch eine
       Mehrheit für diesen Schritt ausgesprochen – obwohl 10 der 16
       Justizministerien in Unionshand sind.
       
       Die Kritik der Länder richtet sich vor allem gegen die Möglichkeit,
       Abzuschiebende in Justizvollzugsanstalten (JVA) unterzubringen – darunter
       auch Familien. Dies verstoße „eklatant“ gegen rechtsstaatliche
       Mindeststandards, sagte Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). „Es
       lässt tief blicken, dass die Bundesregierung hieran vom
       Bundesratsrechtsausschuss erinnert werden muss.“
       
       Ob der Vermittlungsausschuss tatsächlich angerufen wird, entscheidet am 28.
       Juni das Plenum. Dabei haben die großen Bundesländer mehr Stimmen als die
       kleinen. Unter den Befürwortern sind allerdings auch die großen
       Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen – in beiden Ländern
       stellt die CDU den Justizminister.
       
       Man halte den Gesetzentwurf „nach wie vor für rechtlich zweifelhaft und
       praktisch nicht umsetzbar“, sagte Guido Wolf (CDU) aus Baden-Württemberg.
       „Statt Justizvollzugsanstalten zweckzuentfremden, sollten schnell mehr
       Abschiebehaftplätze geschaffen werden.“ Bereits im April hatte sein
       NRW-Amtskollege Peter Biesenbach (CDU) „erhebliche rechtliche und
       tatsächliche Bedenken“ zum Ausdruck gebracht.
       
       ## Vorstoß: mehr Abschiebungen nach Afghanistan
       
       Währenddessen pocht der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl,
       ebenfalls CDU, darauf, mehr Geflüchtete nach Afghanistan abzuschieben.
       Strobl hatte am Mittwoch angekündigt, darüber mit dem grünen
       Koalitionspartner verhandeln zu wollen. Zusammen mit anderen Innenministern
       der Union wirbt er derzeit auf der Innenministerkonferenz (IMK) in Kiel
       dafür, dass mehr Länder als bisher Afghanen auch dann abschieben, wenn sie
       nicht als Gefährder, Straftäter oder sogenannte Identitätsverweigerer
       gelten.
       
       Die SPD-Innenminister haben dieser Forderung bereits eine Absage erteilt.
       Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sagte am Donnerstag,
       Afghanistan sei noch immer ein unsicheres Land. Die SPD gehe bei dem
       Vorstoß „nicht mit“.
       
       ## Nein, nein kein Koalitionskrach
       
       Strobls Vorschlag stört im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg den
       Ferienfrieden. „Wir lehnen mehr Abschiebung ab“, sagte Daniel Lede Abal,
       integrationspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, der taz.
       Vielmehr scheine sich die Lage in Afghanistan tendenziell zu
       verschlechtern. „Vielleicht sollte eher das Bundesinnenministerium mal
       prüfen, ob seine Forderung noch haltbar ist.“
       
       Von einem Koalitionsstreit will Lede Abal aber nicht sprechen. „Die CDU hat
       immer klar gesagt, dass sie das Fass wieder aufmachen wird.“ Überrascht
       habe ihn allerdings, dass Strobl neue Verhandlungen über die Presse
       angekündigt habe. „Ich glaube nicht, dass das der sinnvollste Weg ist.“
       
       13 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alicia Lindhoff
   DIR Dinah Riese
       
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