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       # taz.de -- Last-Minute-Mieterhöhungen: Jetzt nur nicht in Panik geraten
       
       > Bevor der Senat am Dienstag wohl den Mietendeckel beschließt, haben viele
       > noch schnell eine Mieterhöhung bekommen – so auch unsere Autorin.
       
   IMG Bild: Nicht nur in Neukölln geht die Angst vor dem Wohnungsverlust um
       
       Ausgerechnet am doch eigentlich der Erholung vom täglichen Stress
       gewidmeten Sonntag habe ich die Mieterhöhungsforderung in meinem
       Briefkasten gefunden. Vielleicht hatte sich ja auch mein Postbote am
       Samstag lange überlegt, ob er sie einwerfen soll, Samstagmittag war sie
       jedenfalls noch nicht drin. Laut einem Tweet des Radaktivisten Heinrich
       Strößenreuther sollen Berlins Fahrradkuriere ja beschlossen haben, für
       Hausverwaltungen keine eiligen Postsachen mehr auszuliefern.
       
       Mich hat das toxische Schreiben jedenfalls erreicht, und wie ich am
       Montagmorgen feststelle, bin ich nicht die Einzige in der taz-Redaktion,
       die pünktlich vor der heutigen Verkündung eines Gesetzentwurfs zum
       Mietendeckel noch schnell eine Mieterhöhungsforderung bekommen hat. Es ist
       irritierend, wie sehr die Angst vor dem Verlust der Wohnung erwachsene
       Menschen derzeit unter Druck setzen kann: Selbst in den Augen der
       Kolleg*innen, die gar keine bekommen haben, spiegelt sich allein bei dem
       Wort „Mieterhöhung“ Entsetzen – die Angst geht um wie eine ansteckende
       Krankheit, gegen die es kein Heilmittel gibt.
       
       Doch es gibt Heilmittel, und jetzt gilt es, nicht nur zu jammern, sondern
       Zugang dazu zu finden. 15 Prozent will mein Vermieter auf die
       Nettokaltmiete aufschlagen, aber darf er das nicht nur alle drei Jahre? Vor
       zwei Jahren erst habe ich meine letzte Mieterhöhung bekommen. Außerdem
       wohne ich doch im Milieuschutzgebiet, gelten da nicht besondere Regeln?
       Zudem wurde in den zwölf Jahren, die ich jetzt hier wohne, von
       Vermieterseite kein Cent in die Instandhaltung meiner Wohnung investiert –
       das Haus verfällt, die Miete steigt trotzdem.
       
       ## Zeit, sich zusammenzuschließen
       
       Also zum Mieterverein, wo ich als gentrifizierungsgebeutelte
       Nordneuköllnerin natürlich Mitglied bin: Der bietet jetzt auf seiner
       Webseite Mitgliedern mit Mieterhöhungen Beratung per Fragebogen und E-Mail
       an. Aber: Geht das auch schnell genug? Oder sollte man doch besser in die
       Sprechstunde gehen oder gleich den engagierten Bezirksstadtrat behelligen?
       Beiden werden derzeit sicher die Türen eingerannt.
       
       Es ist ganz schön schwer, als Mieter*in mit unterdurchschnittlichem
       Einkommen nicht in Panik zu geraten angesichts der Lage auf dem Mietmarkt.
       Fast täglich gibt es in meinem Kiez mehr Häuser, von deren Fenstern und
       Balkonen bemalte Bettlaken hängen mit Hilferufen: „Wir werden
       verdrängt/verkauft/vertrieben!“
       
       Da fällt mir ein: Wie geht es eigentlich meinen Nachbar*innen? Die haben
       doch sicher auch das hässliche Schreiben bekommen! Zeit, sich
       zusammenzuschließen: Dann muss nicht jede*r für sich alleine nach dem
       richtigen Gegengift suchen.
       
       17 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alke Wierth
       
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