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       # taz.de -- Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Blick auf die einfachen Menschen
       
       > Der 75-jährige Sebastião Salgado ist einer der ganz großen Fotografen der
       > Welt. In diesem Jahr erhält er die namhafte Auszeichnung.
       
   IMG Bild: Chronist der Arbeiter dieser Welt: der Fotograf Sebastião Salgado
       
       Der spannendste Teil von „[1][Das Salz der Erde]“, Wim Wenders’
       Dokumentation über Sebastião Salgado, ist der, in dem der weltberühmte
       Fotograf auf die Rinderfarm seiner Vaters im brasilianischen Bundesstaat
       Minas Gerais zurückkehrt, die er geerbt hat. Die Farm ist verwüstet, der
       Boden erodiert, der Vater hat nach und nach die Bäume fällen lassen, um die
       Ausbildung seiner Kinder zu finanzieren.
       
       Salgados Frau, die im Film als unabdingbare Quelle für Salgados Werk
       erscheint – organisiert, konzipiert und vermarktet sie doch seine Projekte
       –, schlägt ihrem Mann, der noch immer traumatisiert ist von seinen
       Erfahrungen in Ruanda, vor, das Land wieder aufzuforsten. Zu beobachten,
       wie diese wahnwitzige Unternehmung nach vielen Mühen und anfänglichen
       Ausfällen von 90 Prozent am Ende ein Erfolg wird und Nachbarn dazu
       anstiftet, ebenfalls mit Aufforstungen zu beginnen – das ist einfach
       grandios.
       
       Und man hätte die Gründung seines Instituto Terra Ende der 1990er Jahre
       gern als ein Sinnbild für einen brasilianischen Aufbruch verstanden. Doch
       diese Hoffnung trog, wie die Wahl des rechtsextremen Politikers Jair
       Bolsonaro zum Präsidenten zeigt. In gewisser Weise muss sich der 75-jährige
       Fotograf und Naturschützer, der – wie am Dienstag bekannt gegeben wurde –
       in diesem Jahr den [2][Friedenspreis des Deutschen Buchhandels] erhält,
       fühlen wie zu Beginn seiner Karriere.
       
       Er hatte an der London School of Economics Wirtschaftswissenschaften
       studiert, konnte anschließend aber nicht in Brasilien arbeiten, weil er
       sich gegen die Militärdiktatur engagierte. 1969 wanderte er nach Paris aus.
       Als Angestellter der International Coffee Organisation reiste er häufig
       nach Afrika, wo er zu fotografieren begann.
       
       Berühmt wurden seine Aufnahmen der brasilianischen Serra-Pelada-Mine, die
       wie ein umgekehrter Turmbau zu Babel erscheint. Wenigstens hunderttausend
       Menschen auf Leitern, so scheint es, tummeln sich in der Goldgrube, um den
       Schatz zu bergen.
       
       Danach konnte sich Salgado der internationalen Aufmerksamkeit für seine
       Fotoreportagen sicher sein, in denen er wie kaum je ein anderer die
       Niedertracht der Welt für alle Zeiten registrierte. Und immer sind die oft
       so grausamen, erschütternden Bilder unzweifelhaft als seine zu erkennen,
       dank dem ihm eigenen Stil des Abzugs mit seinem scharfen, kalten
       Silberglanz und den bodenlosen Schwärzen.
       
       Zuletzt wandte er sich von den harten politischen Themen wie Migration,
       Flucht, Ausbeutung und Krieg ab, für die er die Menschen weltweit
       sensibilisiert habe, wie der Stiftungsrat des Deutschen Buchhandels seine
       Entscheidung begründete. Stattdessen suchte er für das Projekt „Genesis“
       die Erde an jenen Orten auf, wo sie vermeintlich noch in Ordnung und im
       Gleichgewicht ist.
       
       Seine letzte Publikation führt ihn wieder an seine Anfänge zurück. Der
       „[3][Duft der Träume]“ über den weltweiten Kaffeeanbau ist mit seinen
       Aufnahmen sorgfältiger manueller Arbeit in kleinen Betrieben, was wenig bis
       nichts mit dem weltweiten Kaffeegeschäft zu tun hat, leider nur eine als
       Kunst getarnte PR für „Illy“.
       
       18 Jun 2019
       
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