URI: 
       # taz.de -- Regierungsumbildung in Polen: Etwas Schwund ist immer
       
       > Acht Minister der nationalpopulistischen Regierungspartei PiS wechseln
       > nach den EU-Wahlen ins Brüsseler Parlament. Die Nachrücker sind alle
       > erfahren.
       
   IMG Bild: Polens neue MinisterInnen nach ihrer Ernennung
       
       Warschau taz | Wenn in einigen Monaten das neue Europäische Parlament in
       Straßburg zum ersten Mal zusammentrifft, werden sich dort gleich acht
       Minister der nationalpopulistischen Regierung Polens ein Stelldichein
       geben. Nötig wurde daher ein größerer Umbau der Regierung Polens.
       [1][Jaroslaw Kaczynski], der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit
       (PiS) und faktisch mächtigste Mann im Staate, entschied relativ schnell und
       nach kurzer Beratung mit den engsten Vertrauten, wer wem nachfolgen soll.
       
       Doch dass Präsident Andrzej Duda ausgerechnet am 4. Juni die neue
       Ministerriege ernannte, hätte nicht sein müssen. Denn zur gleichen Zeit,
       als sich die gesamte Regierung Polens in Warschau im Präsidentenpalast
       traf, feierten in Danzig zehntausende Bürger aus ganz Polen den 30.
       Jahrestag der ersten – noch halbfreien – Parlamentswahlen im damaligen
       Ostblock. Monate später – im November 1989 – fiel dann auch die Mauer in
       Berlin.
       
       Von der überschäumenden Freude in Danzig über 30 Jahre Demokratie,
       Solidarität und Freiheit, ist in Warschau nicht viel zu spüren.
       Protokollarisch korrekt werden im Präsidentenpalast die Namen der neuen
       Minister aufgerufen: Jacek Sasin – er wird die Nachfolge von Beata Szydlo
       als stellvertretender Premierminister antreten.
       
       Elzbieta Witek wird neue Innenministerin, Dariusz Piontkowski neuer
       Bildungsminister, Bozena Borys-Szopa Ministerin für Familie, Arbeit und
       Soziales. Michał Dworczyk und Michal Wlos – sie sind Minister ohne
       Geschäftsbereichs.
       
       ## Kein Wechsel nach Brüssel
       
       Zudem ernannte Präsident Duda den bisherigen Vize-Finanzminister Marian
       Banas zum Chef des Finanzressorts. Teresa Czerwinska, die bisherige
       Finanzministerin, ist die einzige, die nicht ins EU-Parlament wechselt. Sie
       hatte schon vor Monaten ihren Rücktritt angeboten, da sie die vielen neuen
       Wahlgeschenke aus Steuergeldern für die PiS-Klientel nicht verantworten
       wollte.
       
       Doch weder Premier Mateusz Morawiecki noch PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski
       nahmen ihren Rücktritt vor den Wahlen an. Nun beim Groß-Umbau der Regierung
       fiel der Austausch der Finanzministerin kaum jemandem auf.
       
       Die meisten der neuen Minister sind erfahrene Politiker, die entweder
       bislang Vize-Minister im jeweiligen Ressort waren oder aber – wie Elzbieta
       Witek – der Premierministerin Beata Szydlo von 2015 bis 2017 zuarbeiteten.
       
       ## Streiks angekündigt
       
       Eine schwierige Aufgabe wird auf den Geschichtslehrer und bisherigen
       PiS-Abgeordneten Dariusz Piontkowski zukommen. Die Rücknahme der
       Bildungsreform mit dreistufigem Schulsystem und Wiedereinführung des alten
       zweistufigen Systems durch seine Vorgängerin Anna Zalewska wird im Herbst
       zu einem doppelten Jahrgang führen, ohne dass die Schulen darauf
       vorbereitet sind.
       
       Zudem kündigten Polens Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Schulen
       bereits an, im Herbst erneut in den Streik zu treten. Ihr Gehalt liegt
       unter dem polnischen Durchschnittsverdienst in Höhe von knapp 1100 Euro
       monatlich.
       
       Da die Regierung – zumindest bislang – die Gehaltsforderungen nicht
       erfüllen will, könnte es gut sein, dass nach den Sommerferien nicht nur
       Klassenräume für den doppelten Jahrgang fehlen werden, sondern auch Lehrer
       und Lehrerinnen.
       
       4 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Europas-Rechte/!5597992
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gabriele Lesser
       
       ## TAGS
       
   DIR Jarosław Kaczyński
   DIR Schwerpunkt Europawahl
   DIR Polen
   DIR PiS
   DIR Kielce
   DIR Polen
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Polen
   DIR Polen
   DIR Polen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Parlamentswahl in Polen: Das Erfolgsrezept der PiS
       
       Die Nationalpopulisten werden wahrscheinlich wieder stärkste Kraft in
       Polen. Auch in Kielce – einer Stadt in den abgehängten Gebieten an der
       Ostgrenze.
       
   DIR Medienlandschaft in Polen: Bedrohte Vielfalt
       
       Nie war die Medienlandschaft in Polen diverser als heute. Doch mit dem
       geplanten Journalistengesetz der PiS-Partei könnte sich das ändern.
       
   DIR Rassistische Gerichtssprechung in Polen: Im Zweifel für Diskriminierung
       
       In Polen entscheiden immer mehr Gerichte im Sinne der
       nationalpopulistischen Regierungspartei PiS. Sogar das Verfassungsgericht.
       
   DIR Polens Regierungspartei PiS wechselt Kurs: Plötzlich proeuropäisch
       
       Polens Regierungspartei PiS gibt sich auf einmal EU-freundlich. Die
       Opposition vermutet, dass das auf eine baldige Neuwahl hindeutet.
       
   DIR Teilrücknahme der Justizreform in Polen: Regierung gibt nach, aber nicht auf
       
       Die regierenden Nationalpopulisten ziehen die Zwangsverrentung der Obersten
       Richter zurück. Doch das „Justiz-Reformwerk“ wird nicht gestoppt.
       
   DIR Kommunalwahlen in Polen: PiS verliert in weiteren Städten
       
       Die nationalpopulistische Regierungspartei punktet vor allem auf dem Land.
       In den Großstädten kommen ihre EU-kritischen Töne nicht an.