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       # taz.de -- Rot-rot-grüne Koalitionsverhandlungen: Das Herz schlägt in der Mitte
       
       > Jamaika hat in Bremen keine Chance – Grüne und Linke stimmen mit großer
       > Mehrheit für Koalitionsverhandlungen mit dem Wahlverlierer SPD.
       
   IMG Bild: Schaefers Floskel, dass es „kein einfaches Weiter so“ geben dürfe, erntete an der Basis Applaus
       
       Bremen taz | In Bremen stehen die Zeichen auf rot-rot-grün. Auf Parteitagen
       sprachen sich am Donnerstag über 90 Prozent der Grünen und fast 80 Prozent
       der Linken für entsprechende [1][Koalitionsverhandlungen mit der SPD] aus.
       Es wäre die erste rot-rot-grüne Regierungskoalition in den westlichen
       Bundesländern.
       
       Bei der Landtagswahl verloren die seit 73 Jahren regierenden
       Sozialdemokraten fast neun Prozent der Stimmen und landeten mit nur noch
       24,9 Prozent erstmals hinter der CDU, die auf 26,7 Prozent kam. Die
       Konservativen erklärten sich daraufhin zum Wahlsieger und reklamierten den
       Bürgermeister-Posten für ihren Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder. Der
       hatte als Neueinsteiger deutlich mehr Personenstimmen bekommen als der
       amtierende Bürgermeister Carsten Sieling. Das Bremer Wahlrecht erlaubt,
       einzelnen KandidatInnen bis zu fünf Stimmen zu geben.
       
       Die Entscheidung über die künftige Landesregierung Regierung oblag indes
       den Grünen, die 17,4 Prozent der Stimmen verbucht hatten. Sie hatten sich
       [2][vor der Wahl auf keine Koalition festgelegt] und deshalb neben einem
       rot-rot-grünen [3][auch ein Jamaika-Bündnis sondiert.] Und zwar „sehr
       ernsthaft“ und „konstruktiv“, wie am Donnerstag mehrfach erklärt wurde.
       Dabei war von Anfang an klar, dass die inhaltliche Übereinstimmung mit der
       SPD und der Linken am größten ist. Entsprechend stark betonten zuletzt CDU
       wie FDP, wie wichtig ihnen der Umweltschutz sei. Beide hatten sich dabei
       auch von den Forderungen der jeweiligen Bundesparteien abgesetzt.
       
       Am Ende scheiterte eine Jamaika-Koalition weniger an der CDU als an den
       Liberalen. „Unser Vertrauen in die FDP ist nicht groß genug“, sagte die
       grüne Spitzenkandidatin Maike Schaefer – und führte dabei das Nein der FDP
       zu einer CO2-Steuer an, aber auch die Verkehrs- und Bildungspolitik. Eine
       frühere bremische Landtagsabgeordnete hatte FDP-Chef Christian Lindner gar
       als „Obera***loch“ bezeichnet – und gleichwohl für eine Jamaika-Koalition
       geworben; damit war sie an diesem Abend aber eine von ganz wenigen. Und der
       Saal platze aus allen Nähten.
       
       Die Grünen, die in den vergangenen zwölf Jahren Bremen zusammen mit der SPD
       regierten, versuchen nun, eine erneute Koalition mit den geschwächten
       Sozialdemokraten als „Aufbruch“ zu verkaufen. Schaefers auch von anderen
       oft wiederholte Floskel, dass es jetzt „kein einfaches Weiter so“ geben
       dürfe, erntete an der Basis großen Applaus.
       
       ## Der Platz in der Mitte
       
       Zugleich beanspruchen die Grünen eine Führungsrolle in einem rot-rot-grünen
       Bündnis: „Wir sind das Herz der neuen Koalition“ war auch ein Satz, der auf
       dem Parteitag immer wieder zu hören war. Dieses Herz sitzt in der „linken
       Mitte“, wie Parteichef Hermann Kuhn versichert. „Wir sind nicht einfach
       eine linke Kraft“, sagt auch die langjährige EU-Abgeordnete und frühere
       Senatorin Helga Trüpel.
       
       Die inhaltlichen Erwartungen der Parteibasis an die Koalitionsverhandlungen
       sind groß, auch das wurde klar. Einer der neuen Landtagsabgeordneten wollte
       gar klimapolitische Forderungen mit SPD und Linkspartei aushandeln, die
       über das eigene Wahlprogramm hinausgehen. Dissens gibt es vor allem mit der
       Linkspartei – und zwar in finanzpolitischen Fragen. „Wir halten an der
       Schuldenbremse fest, das wollte Die Linke nicht“, sagte Schaefer.
       
       Wer die Schuldenbremse akzeptiere, unterstütze neoliberale Politik, sagten
       die Kritiker beim Parteitag der Linken. Doch der langjährige Abgeordnete
       Klaus-Rainer Rupp, der in der Bremischen Bürgerschaft immer wieder die
       Schuldenbremse kritisiert hatte, deutete nun an, dass er in der Regierung
       akzeptieren müsse, dass sie im Grundgesetz stehe.
       
       7 Jun 2019
       
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