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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Kasachstan: Übergangspräsident Tokajew siegt
       
       > Kassim-Schomart Tokajew hat die Wahl in Kasachstan laut offiziellen
       > Angaben klar gewonnen. Wahlbeobachter beklagten „Unregelmäßigkeiten“.
       
   IMG Bild: Sein Sieg kommt wenig überraschend: Kassym-Schomart Tokajew, Präsident von Kasachstan
       
       Nur-Sultan afp | Bei der [1][Präsidentschaftswahl in Kasachstan] hat
       Übergangsstaatschef Kassim-Schomart Tokajew nach offiziellen Angaben klar
       gewonnen. Der Zentralen Wahlkommission zufolge kam der vom langjährigen
       Staatschef Nursultan Nasarbajew zu seinem Nachfolger bestimmte ehemalige
       Außenminister in der von massiven Protesten begleiteten Wahl von Sonntag
       auf 70,8 Prozent der Stimmen.
       
       Der Oppositionspolitiker Amirschan Kosanow landete mit 16,2 Prozent auf dem
       zweiten Platz. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und
       Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprachen von „ungenügendem Respekt“ vor der
       Demokratie.
       
       An Tokajews Wahlsieg hatte es von Anfang an keine Zweifel gegeben.
       Nasarbajew, der die ehemalige Sowjetrepublik seit 1991 geführt hatte und
       vor zweieinhalb Monaten überraschend zurückgetreten war, hatte den
       66-Jährigen zu seinem Nachfolger auserkoren.
       
       Kritiker hatten zum Boykott der Wahl aufgerufen. Zahlreiche Kasachen waren
       am Sonntag auf die Straße gegangen. In den Metropolen Almaty und Nur-Sultan
       wurden nach Angaben des Innenministeriums am Sonntag rund 500 Demonstranten
       festgenommen. Rund 50 weitere Festnahmen gab es am Montag, als
       Demonstranten sich im Zentrum Almatys versammelten.
       
       ## Gratulation zur Wahl
       
       Die Zentrale Wahlkommission gab die Wahlbeteiligung mit 77,4 Prozent an.
       Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2015 hatte die Wahlbeteiligung nach
       offiziellen Angaben bei 95 Prozent gelegen. [2][Nasarbajew] hatte damals
       fast 98 Prozent der Stimmen erhalten.
       
       Gegen Tokajew traten sechs Kandidaten an, die aber weitgehend unbekannt
       sind. Nur einer der Kandidaten, der Journalist Kosanow, wird der Opposition
       zugerechnet. Mit 16,4 Prozent kam er auf das beste Ergebnis, das ein
       Oppositionskandidat bei Präsidentschaftswahlen in dem mehrheitlich
       muslimischen Land je erzielt hat.
       
       Kosanow, der im Wahlkampf nur leise Kritik an der Regierung geübt hatte,
       gratulierte Tokajew am Montag zur Wahl. Den Aufruf zum Boykott der Wahl
       kritisierte der Oppositionskandidat. Der politische Übergang werde „unter
       Beteiligung des Volkes“ stattfinden, sagte Kosanow.
       
       Tokajew hatte seinen Landsleuten eine „ehrliche, offene und faire“ Wahl
       versprochen. Die OSZE hat Wahlen in dem zentralasiatischen Land bisher
       allerdings noch nie als frei und fair eingestuft. 300 Wahlbeobachter der
       OSZE waren auch bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag im Einsatz. Sie
       beklagten am Montag eine „mangelnde Achtung von Grundrechten“ sowie
       weitverbreitete „Unregelmäßigkeiten“ bei der Wahl.
       
       ## Politikwechsel als Illusion
       
       Menschenrechtsorganisationen beklagen eine Unterdrückung der Opposition.
       Diese geht davon aus, dass der 78-jährige Nasarbajew auch weiterhin das
       Sagen in dem ölreichen Land haben wird. AFP-Korrespondenten beobachteten am
       Sonntag sowohl in der Hauptstadt Nur-Sultan als auch in der Großstadt
       Almaty, wie Demonstranten teilweise mit Gewalt abgeführt wurden.
       
       Bereits im Vorfeld der Wahl hatte die Polizei den Druck auf Oppositionelle
       verstärkt. Demonstranten wurden teilweise zu kurzen Haftstrafen verurteilt,
       Wohnungen [3][von Aktivisten] wurden durchsucht. Die
       Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnete einen
       Politikwechsel in Kasachstan in Folge der Wahl als „Illusion“ und
       kritisierte die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen auch unter Tokajews
       Interimspräsidentschaft.
       
       Tokajew hatte unter Nasarbajew eine Reihe hoher Posten inne. Er war unter
       anderem Regierungschef, Außenminister und Senatspräsident. Der 66-Jährige
       will die Politik seines Vorgängers fortsetzen. Als Interimspräsident ließ
       er die Hauptstadt des Landes von Astana nach dem Namen seines Vorgängers in
       Nur-Sultan umbenennen.
       
       10 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
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