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       # taz.de -- Abschuss der Boeing MH17: Vier Haftbefehle wegen Mordes
       
       > Niederländische Ermittler beschuldigen drei Russen und einen Ukrainer,
       > 2014 ein Passagierflugzeug über der Ostukraine abgeschossen zu haben.
       
   IMG Bild: Ein prorussischer Kämpfer bewacht den Absturzort der MH17 im Juli 2014 in der Ostukraine
       
       Amsterdam taz | Knapp fünf Jahre nach dem Abschuss eines Passagierflugzeugs
       über der Ostukraine haben die Ermittler die ersten Haftbefehle gegen vier
       mutmaßliche Täter ausgestellt. Vier hochrangige prorussische Rebellen
       würden wegen mehrfachen Mordes strafrechtlich verfolgt, kündigten die
       Ermittler am Mittwoch in Nieuwegein bei Utrecht an.
       
       Drei sind den Angaben zufolge russische Staatsbürger, einer ist Ukrainer.
       Der Strafprozess gegen die vier Männer wegen 298-fachen Mordes solle am 9.
       März 2020 in den Niederlanden beginnen, erklärte der leitende
       niederländische Staatsanwalt Fred Westerbeke.
       
       Die vier Hauptverdächtigen werden seit Mittwoch mit internationalem
       Haftbefehl gesucht: Der Kommandant der prorussischen Rebellen Igor. G., der
       frühere russische Geheimdienstoffizier Sergej D., Oleg P., ebenfalls ein
       hoher Offizier bei den Rebellen, sowie Leonid K., ein Kommandant der
       Rebellen in Donezk. Die Ermittlungen seien aber noch nicht abgeschlossen,
       sagte Staatsanwalt Westerbeke. Weitere Haftbefehle wurden nicht
       ausgeschlossen.
       
       Einer der Hauptverdächtigen wies die Vorwürfe erneut kategorisch zurück.
       „Die Rebellen haben mit dieser Katastrophe nichts zu tun – weder ich noch
       andere“, sagte Igor G., genannt Strelkow, der Agentur Interfax am Mittwoch.
       
       ## Nationales Trauma
       
       Bei dem Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 über der Ostukraine am
       17. Juli 2014 waren alle 298 Insassen der Boeing 777, die von Amsterdam
       nach Kuala Lumpur unterwegs war, ums Leben gekommen: 283 Passagiere und 15
       Crewmitglieder.
       
       196 der Opfer waren Niederländer. „MH 17“ gilt dort seither als nationales
       Trauma. Vom Amsterdamer Flughafen Schiphol bricht das ganze Land regelmäßig
       in die Welt auf. Außer den Hinterbliebenen, die um ihre Angehörigen
       trauern, hatten zahlreiche Bürger Bekannte und Freunde an Bord.
       
       Nach dem Abschuss bildete sich das Joint Investigation Team (JIT), in dem
       Polizei- und Justizbehörden aus Australien, Belgien, Malaysia, den
       Niederlanden und der Ukraine zusammenarbeiten. Die Leitung liegt bei der
       niederländischen Staatsanwaltschaft.
       
       Die Einbeziehung der Ukraine als Schauplatz des Abschusses wird von
       russischer Seite kritisiert. Selbst erklärtes Ziel der JIT-Untersuchungen
       ist es, weitere Fakten über den Hergang des Abschusses zusammenzutragen,
       Verdächtige zu identifizieren und relevantes Beweismaterial für eine
       strafrechtliche Verfolgung zu sichern.
       
       ## Zähe Ermittlungen
       
       Der Fortgang der Ermittlungen allerdings gestaltete sich im Folgenden eher
       zäh. Erste Ergebnisse wurden im Oktober 2015 präsentiert – allerdings nicht
       seitens des JIT, sondern durch den niederländischen
       Sicherheitsuntersuchungsrat, der die technischen Hintergründe von
       Katastrophen analysiert.
       
       Der vorsichtig formulierte Befund legte sich darauf fest, eine seitlich ins
       Cockpit eingeschlagene BUK-Rakete sei für den Abschuss verantwortlich.
       Zudem betonte man, der Luftraum über der Ukraine hätte wegen der
       Kampfhandlungen komplett geschlossen werden müssen. Zur Schuldfrage machte
       das Gremium keine Aussagen.
       
       Das JIT machte im September 2016 einen eigenen Report öffentlich. Er nannte
       als Abschussort der BUK-Rakete ein Feld in der Nähe der Stadt Perwomajsk.
       Die Raketeninstallation sei von prorussischen Rebellen bestellt und am
       Morgen des 17. Juli aus Russland geliefert und anschließend wieder auf
       russisches Gebiet zurücktransportiert worden.
       
       In der Folgezeit machte sich in den Niederlanden Unmut breit, dass die
       Ermittlungen nicht schneller vorankämen. Dass das
       Online-Recherche-Kollektiv Bellingcat zwischenzeitlich schon nähere Angaben
       zum Tathergang gemacht hatte, verstärkte diese Kritik.
       
       ## Letzter Report
       
       Im Mai 2018 präsentierte das JIT seinen bis dato letzten Report. Er
       bestätigt im Wesentlichen die Bellingcat-Befunde über einen Konvoi von
       BUK-Telar-Systemen aus der russischen Stadt Kursk in die Ukraine. Die für
       den MH17-Abschuss verantwortliche Rakete stamme demnach aus der 53.
       russischen Luftabwehrbrigade aus Kursk. Als Täter kämen einige Dutzend
       Personen infrage.
       
       Im Anschluss machten die Niederlande und Australien Russland für den
       Abschuss verantwortlich. Außenminister Stef Blok forderte Russland kurz
       darauf im UN-Sicherheitsrat auf, vorbehaltlos mit dem JIT zu kooperieren.
       (mit dpa)
       
       19 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
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