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       # taz.de -- Lehrkräftebildung in Berlin: „Lernen, eine gute Lehrerin zu sein“
       
       > LehrerInnen lernen kaum, wie man sensibel mit Themen wie Diskriminierung
       > umgeht, kritisiert die studentische Initiative Kreidestaub.
       
   IMG Bild: Hust, hust, Kreidestaub: Sollte das nicht schon längst digital gehen?
       
       taz: Frau Ganten, Sie sind Lehramtsstudentin und engagieren sich in der
       Initiative Kreidestaub, die die Ausbildungsbedingungen von LehrerInnen in
       Berlin verbessern will. Was läuft denn schief? 
       
       Maria Ganten: Ein ganz grundsätzliches Problem ist, dass in Berlin das
       Lehramt nur eine Option in den fachwissenschaftlich ausgerichteten
       Studiengängen ist. Nach dem Bachelor kann man also auch die
       Wissenschaftsschiene weiterverfolgen. Wir trauen den jungen Menschen aber
       zu, dass sie wissen, was sie wollen, wenn sie ein Studium beginnen. Wir
       wünschen uns einen stärkeren Schwerpunkt auf dem Lehramt.
       
       Was heißt das konkret? Fehlt es an didaktischen Inhalten, also wie man das
       Lernen lehrt? 
       
       Nee, das ist ja auch immer fachbezogen. Wir fragen eher: Was ist eigentlich
       mit Themen wie [1][Inklusion], was ist mit Demokratiebildung? Was ist mit
       diskriminierungskritischer Bildung? Wenn man Glück hat, hat man mal
       Dozierende, die sich damit beschäftigt haben. Wenn nicht, dann kommen diese
       Themen im Studium so gut wie nie vor. Wir fragen auch: Was ist mit dem
       Riesenthema Schulentwicklung?
       
       Was ist damit? 
       
       Das ist etwas, was wir uns bei Kreidestaub jetzt selbst zu vermitteln
       suchen. Zum Beispiel hospitieren wir deutschlandweit an Schulen, die
       innovativ arbeiten. Wir wollten lernen: Wie arbeiten gelingende Schulen im
       wirklichen Leben? Welche Lösungen finden KollegInnen, um sich mit
       gesellschaftlich relevanten Themen auseinanderzusetzen? Das organisieren
       wir in unserer Freizeit. Wir finden aber: Das sollte Teil des Studiums
       sein.
       
       Sie sagen: gesellschaftlich relevante Themen. Und meinen damit genau was? 
       
       Diskriminierungssensibilisierung, zum Beispiel: Wie bewusst mache ich mir
       als Lehrerin die Abhängigkeitsverhältnisse, die Schule mit sich bringt. Ich
       bin eine weiße Lehramtsstudentin aus einem bildungsnahen Elternhaus. Mit
       was für einer Haltung komme ich in eine Klasse, die einen ganz anderen
       Hintergrund hat – wenn da Lebenswelten sind, die ich nicht nachvollziehen
       kann? Was ist dann ein sensibler Umgang damit? Natürlich muss ich mir
       darüber Gedanken machen! Und ganz grundsätzlich: [2][Rassismus, Sexismus,
       gruppenbezogene Menschenfeindlichkeiten] – wie gehe ich damit in einer
       Klasse um?
       
       Man ist ja nicht nur Lehrerin, sondern auch Mensch: Hat man da nicht einen
       bestimmten Kompass, wie man solche Themen mit jungen Menschen verhandelt? 
       
       Ich weiß vielleicht, wie ich mich [3][politisch positionieren kann] vor der
       Klasse. Das heißt aber nicht, dass ich weiß, wie ich demokratische Prozesse
       in meiner Klasse gestalte. Was fehlt, ist ein reflektierter Umgang mit
       Praxiserfahrung.
       
       Es gibt doch inzwischen das Praxissemester im Masterstudium, wobei
       Studierende ein Semester lang in die Schulen gehen und selbst unterrichten
       dürfen. 
       
       Aber das wird in der Uni nicht wirklich aufgearbeitet. Die Verknüpfung
       zwischen dem, was ich erlebt habe, was ich daraus konkret mache und wie ich
       das mit Theorie verbinde, findet nicht statt.
       
       Es gibt zahlreiche Weiterbildungsangebote: „Schule ohne Rassismus, Schule
       mit Courage“ zum Beispiel, das Antisemitismusprojekt „Demokratie stärken!“
       … 
       
       Ich würde gerne sehen, dass die außerschulischen Angebote noch stärker
       vernetzt werden mit dem, was in der Uni passiert oder auch später an den
       Schulen. Es gibt viel Expertise, die aber nicht ankommt, weil sie nicht
       fest verankert ist in den Strukturen. Es gibt lediglich ein Wahlmodul im
       Master an der Freien Universität, wo man zum Beispiel Themen pädagogischer
       Beziehungsarbeit belegen kann. Das müsste mehr sein.
       
       Die Frage, wie kompetent Lehrkräfte mit Mobbing und Diskriminierung
       umgehen, wird immer wieder dann heiß diskutiert, wenn etwas passiert … 
       
       Ja, und ich glaube ja, die Lehrkräftebildung kann da viel machen. Natürlich
       kann man lernen, eine gute Lehrerin zu sein! Das wollen wir auch auf dem
       Festival am Wochenende thematisieren: Die Kiga …
       
       … die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus … 
       
       … genau, die ist ja auch regelmäßig in den Schulen unterwegs, oder die
       Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus; von denen können wir viel lernen.
       An der Freien Universität gibt es einen sogenannten Lehramts-Plus-Bereich,
       da gibt es solche Angebote. Da bekommt aber kaum einer etwas von mit, das
       läuft außerhalb des Curriculums.
       
       20 Jun 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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