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       # taz.de -- DFB-Team im Viertelfinale: Das Ende der Testphase
       
       > Nach dem klaren, aber wenig überzeugenden Sieg des deutschen Teams gegen
       > Nigeria stellt sich die Frage, ob das für die nächste Aufgabe ausreicht.
       
   IMG Bild: Einen Schritt voraus: Lea Schüller (l.) war nicht nur bei ihrem Treffer schneller am Ball
       
       Kurz vor Ende der Partie sangen die wenigen deutschen Fans sehr zaghaft
       „Oh, wie ist das schön“. Als seien sie nicht ganz sicher, wie schön das
       jetzt wirklich war, dieses 3:0 im Achtelfinale über Nigeria, bei dem
       Deutschland nach einer Ecke, einem Elfmeter und ganz zum Schluss auch
       einmal aus dem Spiel heraus traf (Lea Schüller, 82. Minute). Ein
       überlegener, ungefährdeter Sieg gegen einen spielerisch schwachen Gegner
       war es, in einem zerfahrenen, mühseligen Spiel. War das jetzt schön?
       
       War es überhaupt aussagekräftig für irgendetwas, für eine deutsche
       Entwicklung, für eine Prognose aufs Viertelfinale? „Wir haben immer das
       Nötige rausgeholt, um am Ende das Spiel zu gewinnen“, bilanzierte Martina
       Voss-Tecklenburg den Turnierverlauf, in einer Art „Ein gutes Pferd springt
       nur so hoch wie es muss“-Modus. Für Nigeria reichte es locker.
       
       Im Spielaufbau war vieles beinahe schon gewohnt limitiert, diese Deutschen
       verkörpern einen altdeutschen Kraftfußball, eine
       Standard-und-Kopfball-Maschine. Dennoch war teilweise die Bemühung zu
       erkennen, das Spiel um Pass-Staffetten und Tempo zu erweitern. Und wo man
       mit 3:0 und weiterhin ohne ein Gegentor im Viertelfinale steht, geht es
       ohnehin wenig um Details. „Wir haben gewonnen, warum sollte ich nicht
       zufrieden sein?“, fasste Lea Schüller, die erstmals bei dieser
       Weltmeisterschaft von Beginn an spielen durfte, freundlich zusammen.
       
       Die favorisierten Französinnen waren gegen Nigeria bis kurz vor Schluss
       erfolglos angerannt, die Deutschen hatten nach einer halben Stunde bereits
       für die Vorentscheidung gesorgt, cool und effizient. Auch so konnte man das
       sehen.
       
       ## Nur ein Trainingsgegner
       
       Die ersten zehn Minuten der Partie in Grenoble waren wahrscheinlich die
       Ansehnlichsten. Nigeria ließ den Deutschen großzügig Platz im Mittelfeld,
       und den wusste vor allem die einfallsreiche Lina Magull zu nutzen. Sie
       verteilte Bälle nach hier und dort, das Passspiel lief schneller und
       besser, und Magull kam selbst nach einem Freistoß in der sechsten Minute
       zur ersten Chance. Viele seltsame Standard-Varianten aber brachten die
       Angriffsversuche durcheinander. Manches Mal musste man auch in der
       Verteidigung schlucken, wenn Marina Hegering wieder zum Gegner köpfte oder
       die zur Halbzeit zurecht ausgewechselte Verena Schweers sich überlaufen
       ließ. Wie mochte so was gegen Kanada oder Schweden ausgehen?
       
       Nigeria freilich blieb ein Trainingsgegner, und nachdem den Deutschen aus
       dem Spiel heraus nichts Zählbares gelang, ließen die Afrikanerinnen
       netterweise bei einer Ecke Alexandra Popp völlig unbehelligt, als sie zum
       1:0 (20.) köpfte. Wenig später wurde Magull im Strafraum durch einen
       heftigen Tritt zu Fall gebracht, den fälligen Elfmeter verwandelte Sara
       Däbritz kühl zum 2:0. „Der Teamspirit hat uns ausgezeichnet“, umschrieb es
       Giulia Gwinn.
       
       Weil der Sieg so überlegen war, dass es wenig Diskussionswürdiges gab, ging
       es im Nachgang vor allem um den Videoassistenten. Neben dem brutalen Spiel
       der Nigerianerinnen hatte die Technologie einigen Anteil an der zunehmend
       zerfasernden Partie, zeitweise gab es alle paar Minuten eine umständliche
       Überprüfung. „Fußball ist ein Spiel mit Rhythmus“, merkte klug Nigerias
       Trainer Thomas Dennerby an. „Wenn man dauernd den Rhythmus bricht, ist das
       nicht gut.“
       
       ## Jetzt wird es ernst
       
       Mehrere Spielerinnen klagten über die schlechte Kommunikation. „Wenn der
       Videoassistent geprüft hat, war es immer ein großes Fragezeichen“, sagte
       Popp. „Keiner wusste, was geprüft wird und wieso.“ VAR-Diskussionen, Hitze,
       Verletzungspausen nach Fouls, es blieb viel Kampf und Mühsal.
       
       Nicht umsonst war dies die Partie von Alex Popp, die überall stabilisierte,
       auf die Socken bekam und am Ende noch auf der Sechser-Position vor der
       Abwehr aushalf. „Keine Worte“ hatte Lena Oberdorf für deren aufopfernde
       Leistung. Und es sagt viel über das deutsche Spiel, dass es sich derzeit an
       einer wie Popp orientiert. „Ich bin es gewohnt, mehr einzustecken“,
       erklärte die Spielführerin unbekümmert. Gegen Schweden oder Kanada soll
       dann, so viel steht jetzt offiziell fest, Dzsenifer Marozsan in die
       Startelf zurückkehren und als eine Art Dea ex Machina alles heil machen,
       was holpert. Sie sprach nach der Partie sehr gelassen über den Zehbruch.
       „Natürlich ist das scheiße, aber wenn man darüber nachdenkt, was letzten
       Sommer passiert ist, bedeutet es nichts“, sagte sie mit Hinblick auf die
       Lungenembolie, die sie da erlitt.
       
       Marozsans Abstinenz wird weiterhin gern vorgehalten, wenn es um die
       spielerischen Defizite des Teams geht, auch von der Bundestrainerin. Auch
       in dieser Hinsicht wird das Viertelfinale interessant. Der letzte
       Testgegner ist absolviert. Ab jetzt wird es ernst und aussagekräftig.
       
       23 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
       ## TAGS
       
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