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       # taz.de -- Kolumne Frauen-WM: Einer trage des anderen Last
       
       > Unser Autor wollte mit einem Leihrad zu seinem Hotel, das malerisch an
       > einem Autobahnkreuz liegt. Dabei hätte er fast seinen Daumen verloren.
       
   IMG Bild: So idyllisch wäre unser Autor auch gern durch Frankreich gefahren. Bei ihm lief es etwas anders
       
       Diese Weltmeisterschaft hat mich den Daumen gekostet. Den linken. Ein
       bisschen zumindest. Ich bin der Almuth Schult der WM 2019. Die hatte sich
       beim Training auf den von den Spielerinnen so sehr gehassten
       Kunstrasenplätzen, auf denen vor vier Jahren die WM in Kanada ausgetragen
       worden ist, den Finger ausgekugelt. Der ist bis heute steif. Ob ich meinen
       Daumen wohl je wieder bewegen kann?
       
       Schuld ist [1][die Weltmeisterschaft]. Nur wegen der [2][bin ich ja in
       Frankreich unterwegs]. Schuld ist auch die Eselsrepublik, ohne die ich in
       Valenciennes nicht in mein malerisch an einem Autobahnkreuz liegendes Hotel
       gekommen wäre. Donkey Republic ist ein Fahrradverleihservice aus Dänemark,
       bei dem ich mich angemeldet habe, nachdem ich mich erkundigt hatte, wie ich
       mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu dem abseits der Stadt gelegenen Hotel
       gelangen kann.
       
       Gar nicht.
       
       Das heißt, ich hätte eine halbe Stunde Tram und Bus fahren können, um dann
       noch eine Dreiviertelstunde zu Fuß zu gehen. Weil ich für die taz unterwegs
       bin, kommt für mich nicht infrage, ein Auto auszuleihen, sonst hätten die
       Klimaskeptiker von rechts ja nichts zu lachen über diesen armseligen,
       moralbesoffenen Schmierfink von der links-grün versifften Lügenpostille.
       Dass ich überhaupt keinen Führerschein habe, braucht ja niemand von denen
       zu wissen.
       
       Ich habe mir also einen der Drahtesel der Eselsrepublik, die am Bahnhof von
       Valenciennes stehen, ausgeliehen, bin damit zum Hotel gefahren und wollte
       ihn am nächsten Tag wieder zum Bahnhof zurückbringen. Als ich an diesem
       nächsten Tag aufsteigen wollte, hat mich das Rad, dessen Schloss ich am Tag
       zuvor über eine App ansteuern konnte, nicht mehr erkannt. Ich stand am Rand
       von Valenciennes mit einem abgesperrten Rad, das mir nicht gehört, und
       wusste nicht recht weiter.
       
       Ich habe die österreichische Nummer gewählt, die die App mir angezeigt hat,
       und bin tatsächlich in einem Callcenter gelandet. Der Mann, der mit mir
       sprach, hatte jenen indischen Akzent, der in Sitcoms ganz originell sein
       mag, den ich aber gar nicht mehr witzig fand, als ich gemerkt habe, dass
       ich ihn überhaupt nicht verstehe. Ich habe dann das 30 Kilo schwere Rad die
       sechs Kilometer in die Stadt getragen, um der Strafe zu entgehen, die
       fällig geworden wäre, wenn ich das Rad an einem nicht vorgegeben
       Rückgabeort zurückgelassen hätte. Dabei habe ich wohl meinen Daumen
       verloren.
       
       Obwohl. Vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm. Am Ende dieser Kolumne
       tut er schon fast nicht mehr weh.
       
       16 Jun 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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