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       # taz.de -- Genehmigung von Rüstungsexporten: Waffen für den Jemen-Krieg
       
       > Entgegen dem Koalitionsvertrag sind Rüstungslieferungen für mehr als eine
       > Milliarde Euro an die Länder der Jemen-Kriegsallianz genehmigt worden.
       
   IMG Bild: Im Land der größten humanitären Katastrophe wird wohl doch mit deutscher Rüstung gekämpft
       
       Das Neue 
       
       Trotz der festen Absicht, keine Rüstungsexporte an Länder zu genehmigen,
       die im Jemen Krieg führen, hat die Bundesregierung in den ersten sechs
       Monaten dieses Jahres Rüstungsgüter im Wert von über einer Milliarde für
       ebenjene Länder genehmigt. Das geht aus der Antwort des
       Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid
       Nouripour hervor. Demnach gingen Exporte im Wert von 800 Millionen Euro an
       Ägypten und für 200 Millionen in die Vereinigten Arabischen Emirate. Sogar
       nach Saudi-Arabien erlaubte die Regierung zwei Lieferungen, obwohl sie nach
       dem Tod des Journalisten Jamal Khashoggi einen totalen Exportstopp
       angeordnet hatte.
       
       Der Kontext 
       
       Seit März 2015 herrscht Krieg im Jemen. Unter der Führung Saudi-Arabiens
       unterstützt eine Allianz arabischer Staaten die jemenitische Regierung im
       Kampf gegen die Huthi-Rebellen, die wiederum vom Iran unterstützt werden.
       Hinter dem Bürgerkrieg steckt ein Kampf um die Vormachtstellung in der
       Region, Saudi-Arabien versus Iran, den die jemenitische Bevölkerung
       bezahlt. Mehr als zehntausend Zivilisten kamen bereits um, über vier
       Millionen Menschen sind auf der Flucht, zehn Millionen Jemeniten sind nach
       Schätzung der UN vom Hungertod bedroht. Vor dieser Kulisse hatten sich
       Union und SPD im Koalitionsvertrag eigentlich verpflichtet, „ab sofort
       keine Ausfuhren an Länder [zu] genehmigen, solange diese unmittelbar am
       Jemen-Krieg beteiligt sind“. Man wollte auch bei den europäischen Partnern
       für eine restriktive Exportpolitik werben.
       
       Die Reaktionen 
       
       „Die Große Koalition kriegt nichts hin, außer es geht um den Bruch des
       eigenen Wortes und um Rüstungsexporte“, kommentierte Nouripour gegenüber
       der taz die Exporte. Er vermutet, dass die Bundesrepublik sie aus
       migrationspolitischen Erwägungen genehmigt hat. „Mich dünkt, dass es darum
       geht, jene Staaten mit Waffen zu beliefern, die für uns die Drecksarbeit
       beim Grenzschutz der Festung Europa machen.“ Auch der Außenpolitiker der
       Partei Die Linke im Bundestag, Stefan Liebich, ist empört: „Die SPD ist mit
       ihrem Ziel eines Stopps von Rüstungsexporten in den Jemenkrieg auf ganzer
       Linie gescheitert“, so Liebich zur taz.
       
       Auch Greenpeace schätzt die Ausfuhrgenehmigungen als äußerst bedenklich
       ein. „Exporte von 1,1 Milliarden Euro in dieser Zeit, in der gesamte
       Mittlere Osten mittlerweile ein einziges Pulverfass ist, sind einfach nur
       obszön“, sagt Alexander Lurz, der als Experte für den Bereich Frieden und
       Abrüstung bei Greenpeace tätig ist. „Für die deutschen Rüstungskonzerne
       sind das goldene Zeiten“, meint Lurz, „für die Menschen in Jemen aber
       bedeutet es Tod und Schrecken – und das nicht zuletzt wegen den
       Waffenexportgenehmigungen der Bundesregierung.“
       
       Die erneuten Rüstungsexportgenehmigungen für die Jemen-Kriegs-Parteien
       zeigten, dass die Merkel-Regierung moralisch abgewirtschaftet hat.
       „Vordergründig betonen Merkel und Maas immer wieder eine wertegebundene
       Außenpolitik, in Wirklichkeit aber schert sie Tod und Leid in Jemen
       offensichtlich nicht.“
       
       Die Konsequenz 
       
       Die SPD, die in den Koalitionsverhandlungen gegen den Willen der Union auf
       einen Exportstopp für die Jemenkriegsallianz drängte, sieht keinen Anlass
       für Konsequenzen. Auf Anfrage der taz verwies ein Sprecher der Fraktion auf
       eine Mitte vergangener Woche verschickte Pressemitteilung: „Die
       SPD-Bundestagsfraktion setzt ihre Ankündigung einer restriktiven
       Rüstungsexportpolitik um.“ Dem zufolge sind die Rüstungsexporte um 22
       Prozent im Vergleich zu 2017 gesunken. Die Vorsitzende der Linkspartei,
       Katja Kipping, hält es auch angesichts eines drohenden Krieges im Iran für
       angezeigt, „sofort alle Rüstungsexporte in die Region zu stoppen.“
       Anderenfalls mache sich die Bundesregierung zum Komplizen eines
       militärischen Konflikts.
       
       16 Jun 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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