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       # taz.de -- Jahresbericht zum Rundfunkbeitrag: Stabile Einnahmen
       
       > Obwohl mehr Menschen vom Rundfunkbeitrag befreit sind, verzeichnet der
       > Beitragsservice etwa gleich hohe Einnahmen.
       
   IMG Bild: Büro des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio in Köln.
       
       Wer meint, dass der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio
       keinen Humor hat, wird schon durch das Gäste-Password für den WLAN-Zugang
       eines Besseren belehrt: Es lautet süßerweise „Zweitwohnung19“. Mit dessen
       öffentlicher Bekanntgabe hat man jetzt vermutlich gegen die „Verpflichtung
       auf Vertraulichkeit“ verstoßen, die am Eingang zu unterschreiben war.
       
       Die [1][Zweitwohnungsentscheidung] des Bundesverfassungsgerichts vom Juli
       2018 hatte den Beitragsservice kalt erwischt. Auch wenn es „sehr
       erfreulich“ war, wie sein Geschäftsführer Stefan Wolf sagt, dass Karlsruhe
       zunächst einmal die Verfassungsmäßigkeit des Beitrags per se bestätigt hat.
       Mit der ebenfalls verkündeten Nicht-mehr-Zahlpflicht für die Nebenwohnungen
       war das dann allerdings so eine Sache: Denn die Zweitwohnungsbefreiung galt
       „unmittelbar“, also quasi schon während der Urteilsverkündung.
       
       „Wir waren gefordert, das sofort umzusetzen“, so Wolf. Zum Stichtag 31. 12.
       2018 waren das 19.517 befreite Nebenwohnungen, noch rund 45.000 Anträge
       sind in Bearbeitung und weitere sind zu erwarten. Wie viele, vermag
       momentan allerdings niemand zu sagen. „Wir sitzen ja nicht in Böcklemund
       und warten, bis das Überraschungsei aufgeht“, sagt Wolf – dummerweise gebe
       „es aber keine gesicherten Angaben über die Zahl der Nebenwohnungen“. Von
       bis zu zwei Millionen ist in mäßig seriösen Quellen die Rede. Und so
       schwanken die Schätzungen, welche Summen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio
       ausfallen, aktuell zwischen vier und zehn Millionen Euro pro Jahr.
       
       Konstant bleibt aber der Wert, den die BeitragszahlerInnen insgesamt
       entrichten. 2018 kamen beim Beitragsservice rund 8 Milliarden Euro an. Nach
       der rückläufigen Entwicklung der vergangenen drei Jahre sind die Erträge
       damit erstmals seit 2014 wieder gestiegen – wenn auch nur minimal um 0,43
       Prozent. Davon flossen 7,858 Milliarden Euro an ARD, ZDF und
       Deutschlandradio, 151 Millionen Euro erhielten die Landesmedienanstalten,
       denn auch die Aufsicht über den privaten Rundfunk wird aus dem
       Rundfunkbeitrag bezahlt.
       
       ## Mehr Menschen sind aus sozialen Gründen befreit
       
       Während die Zahl der zum Rundfunkbeitrag angemeldeten Betriebsstätten –
       also Firmen, Unternehmen und Behörden – zum Vorjahr um 1,4 Prozent auf 3,9
       Millionen zunahm, stieg die Zahl der Wohnungen 2018 auf 39,5 Millionen –
       ein Plus von einem Prozent. Gleichzeitig erhöhte sich auch die Zahl der
       Personen, die aus sozialen Gründen von der Rundfunkbeitragspflicht befreit
       sind, auf über 3 Millionen. Mehr als zwei Drittel aller Befreiten beziehen
       Grundsicherung oder Arbeitslosengeld II.
       
       Auch wenn der Effekt des 2018 erneut vorgenommenen Meldedatenabgleichs noch
       nicht voll zu sehen ist, hat es nur einen minimalen Anstieg gegeben – was
       der Beitragsservice im vergangenen Jahr auch prognostiziert hatte. „Wir
       rechnen damit, dass die Einnahmen aus dem Beitrag auch in der Periode ab
       2021 bis 2024 mit rund 7,9 Milliarden Euro pro Jahr stabil bleiben“, sagt
       Wolf.
       
       Der wiederholte Meldedatenabgleich – einen ersten hatte es 2013 zur
       Umstellung von der Gerätegebühr auf den Rundfunkbeitrag gegeben – war dabei
       deutlich unaufwändiger und damit billiger als geplant. Hier wird mittels
       aller Daten der Einwohnermeldeämter vom Beitragsservice gegengecheckt, ob
       sich hinter jeder der gemeldeten Wohnungen auch eines der rund 45 Millionen
       Beitragskonten verbirgt. Fallen unklare Verhältnisse auf, werden die
       betreffenden Personen angeschrieben.
       
       „Wir hatten Reaktionsquoten über 50 Prozent, das lag deutlich höher als
       2013“, so Wolf. „Es gibt da draußen aber nicht noch eine halbe Million
       Wohnungen, die wir nicht kennen.“ Der Bestand bleibe mit leichten
       Schwankungen stabil. Der Meldedatenabgleich hat sich nach Sicht des
       Beitragsservice bewährt – und trage auch zur Beitragsgerechtigkeit bei. Für
       2022 ist der nächste Abgleich geplant – dies müssen die Länder als
       zuständige Gesetzgeber allerdings noch formal beschließen.
       
       ## Kein unerwünschter Besuch mehr
       
       Aus dem alten Aufregerthema Zwangsmaßnahmen bei Säumigen und
       Zahlungsunwilligen ist derweil die Luft raus: Die Anzahl dieser „Maßnahmen
       im Forderungsmanagement“ hat sich weiter reduziert – von knapp 20 auf 19
       Millionen –, in diesen üppigen Zahlen sind allerdings schon harmlose
       Zahlungserinnerungen enthalten. 3,5 Millionen Beitragskonten sind im
       Mahnverfahren, bei 1,18 Millionen stehen Vollstreckungen an. Auch das sind
       bei 45 Millionen Beitragskonten keine ungewöhnlichen Werte.
       
       Mit der umstrittenen Beauftragung externer Inkassounternehmen zur
       Eintreibung von Beitragsschulden ist übrigens schon wieder Schluss. Das
       Ganze war wohl ein Schuss in den Ofen oder – wie Wolf es höflicher
       formuliert – das „Verhältnis von Ertrag und Aufwand stimmte nicht“. Und
       selbst wenn die Daten der Einwohnermeldeämter nicht alles klären können,
       wird der Beitragsservice sich nicht mehr selbst auf den Weg machen, so
       Wolf: „Wir werden garantiert keine Leute mehr rausschicken.“
       
       3 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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