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       # taz.de -- Kommentar Trumps Wahlkampfauftakt: Albtraum auf Wiedervorlage
       
       > Donald Trump will noch mal US-Präsident werden. Dabei dürfte es ihm nicht
       > nur um politische Macht gehen, sondern auch um die Vermeidung einer
       > Haftstrafe.
       
   IMG Bild: So sicher, wie Trump sich beim Wahlkampfauftakt gab, ist seine Wiederwahl allerdings nicht
       
       Nichts Neues aus dem Trump-Universum: Auf die Woche genau vier Jahre
       nachdem er auf einer Rolltreppe in seinem vergoldeten Hochhaus an der Fifth
       Avenue seine erste Präsidentschaftskandidatur enthüllte, hat Donald Trump
       am Dienstag in Orlando die Kampagne für seine erneute
       Präsidentschaftskandidatur – Trump 2020 – eröffnet.
       
       Er tat es mit demselben Rassismus, mit demselben Nationalismus und mit
       derselben Eitelkeit wie damals, und er drosch immer noch auf dieselben
       Personen ein. Insbesondere auf Hillary Clinton, die zwar nicht mehr seine
       Konkurrentin ist, aber immer noch gut genug, um seine Fans in den Slogan
       „Lock her up“ – Sperrt sie ein – hineinzusteigern.
       
       Während der „Außenseiter“, der nie zuvor ein politisches Amt innegehabt
       hatte und der mit fragwürdigen Spekulationsgeschäften an seine Milliarden
       gekommen war, im Juni 2015 noch belächelt wurde, hat er inzwischen sowohl
       die liberalen unter seinen Landsleuten als auch den Rest der Welt das
       Fürchten gelehrt.
       
       Er hat eine radikal rechte Kehrtwende in der US-Politik eingeleitet, hat
       alle möglichen sozialen, umweltpolitischen, bürgerrechtlichen und
       Arbeitsmarkt-Errungenschaften abgeschafft, hat die Steuern für
       Spitzenverdiener gesenkt, hat rechtsradikalen Gruppen ein Forum geboten,
       hat die [1][Jagd auf ImmigrantInnen] intensiviert und hat den [2][Ton in
       der öffentlichen Debatte] auf eine Art brutalisiert, wie es die USA seit
       Generationen nicht erlebt haben.
       
       ## Trumps Fans sind ihm dankbar
       
       Weltweit hat er sein Land in ein diplomatisches Abseits manövriert, hat
       autoritäre Herrscher hofiert, internationale Verträge über Klimapolitik,
       Rüstungskontrolle und Freihandel sowie den Atomvertrag mit dem Iran
       aufgekündigt, langjährige Alliierte vor den Kopf gestoßen und die Welt
       mehrfach an den Rand von neuen militärischen Konflikten gebracht.
       
       Nach nur zweieinhalb Jahren im Amt ist das eine Bilanz, für die Trumps Fans
       dankbar sind. Sie sind ihm treu geblieben – sowohl die Spitzenverdiener als
       auch die großen Industrien und die Wall Street, die wütenden weißen Männer,
       die um ihre kulturelle Dominanz fürchten, und die Modernisierungsverlierer
       aus den verelendeten Regionen im tiefen Amerika, die dem Milliardär aus New
       York bis heute glauben wollen, dass er ihre Interessen im Sinn hat.
       
       Die Basis der MAGA(Make-America-Great-Again)-Mützen-schwenkenden und „USA,
       USA“ schreienden Fans ist sogar noch gewachsen. Zu der Verstärkung gehören
       die 45 Millionen fundamentalistisch-evangelikalen Christen. Bei den letzten
       Präsidentschaftswahlen zögerten manche von ihnen noch wegen des moralisch
       und in Familiendingen fragwürdigen Kandidaten. Aber seit Trump ihnen
       Jerusalem als Hauptstadt Israels und das Abtreibungsverbot als Leitmotiv
       seiner Oberste-Richter- und Politikentscheidungen gegeben hat, ist er ihr
       unumstrittener Favorit.
       
       Auch innerhalb der Republikanischen Partei, wo Trump vor vier Jahren noch
       mehr Gegner als Unterstützer hatte, ist er heute stärker denn je. Fast alle
       kritischen Stimmen in seiner Partei sind verstummt – einige wenige sind von
       der politischen Bühne abgetreten, die meisten haben sich dem neuen starken
       Mann unterworfen.
       
       ## Wiederwahl wahrscheinlich, Niederlage nicht unmöglich
       
       Für Trump persönlich hat sich zwischen seinen beiden politisch so ähnlich
       klingenden Präsidentschaftskandidaturen einiges verändert. Vor vier Jahren,
       als niemand – er selbst eingeschlossen – einen Anlass hatte, an seinen
       Wahlsieg zu glauben, mag er noch das Marketing für seine Produkte im Sinn
       gehabt haben. Heute kann er nicht nur eine Bilanz vorweisen, sondern hat
       zusätzlich ein starkes zusätzliches Antriebsmotiv: Wenn er sich einem
       Gefängnisaufenthalt entziehen will, ist er gezwungen, im Weißen Haus zu
       bleiben, wo er nach Lesart des Justizministeriums [3][weitgehend
       unantastbar ist].
       
       Auch die historische Erfahrung bei US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen
       macht eine Wiederwahl und damit Trump bis zum Jahr 2024 wahrscheinlich.
       US-Präsidenten werden fast immer für beide von der Verfassung zugelassenen
       Amtszeiten im Weißen Haus gewählt. Insbesondere in den Zeiten, in denen die
       Wirtschaft zu wachsen und die Arbeitslosigkeit zu sinken scheint, können
       sie acht Jahre im Amt bleiben.
       
       Dennoch ist ein Ende des Albtraums Trump im November 2020 nicht
       ausgeschlossen. Am Vorabend des Wahlkampfauftakts in Orlando bestätigen
       alle Umfragen, dass drei ganz unterschiedliche demokratische KandidatInnen
       – Joe Biden, Bernie Sanders und Elizabeth Warren – in der Lage wären, Trump
       locker abzuhängen.
       
       Die liberalen und linken WählerInnen sind die Hoffnung. Sie wissen zwar
       noch lange nicht, wer ihrE KandidatIn werden wird. Aber sie haben sich
       entschlossen, einer Logik zu folgen. Die lautet: Alles, nur nicht Trump.
       
       19 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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