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       # taz.de -- FSC-Holz aus Russland: Kahlschlag mit gutem Gewissen
       
       > Viele achten beim Kauf von Holz auf das FSC-Siegel. Eine Studie zeigt
       > jetzt, dass aus Russlands Urwäldern trotz Zertifizierung Brachflächen
       > werden.
       
   IMG Bild: Selbst bei FSC-zertifizierten Baumstämme muss man auf die Herkunft achten
       
       Holz mit dem FSC-Siegel aus Russland erfüllt die Anforderungen an
       nachhaltige Waldwirtschaft nicht. Das ist ein Ergebnis einer Studie
       mehrerer Universitäten im Auftrag der Umweltorganisation WWF, die am
       Freitag [1][veröffentlicht worden] ist. Demnach konnten die Wissenschaftler
       auf den untersuchten Flächen im Nordosten des Landes keinen wesentlichen
       Unterschied zwischen FSC-zertifizierten Wäldern und solchen ohne Zertifikat
       feststellen, teilte der WWF mit. Die Organisation Forest Stewardship
       Council vergibt in 80 Ländern sein Siegel an Wälder, die nachhaltig
       bewirtschaftet werden. Dabei handeln in jedem Land Umweltverbände,
       Sozialorganisationen und Waldwirtschaft jeweils nationale FSC-Kriterien
       aus.
       
       „In den untersuchten Wäldern haben wir es unabhängig von der Zertifizierung
       mit großflächigen Kahlschlägen zu tun“, sagt Susanne Winter,
       Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland. Die beteiligten Wissenschaftler
       aus Deutschland, Polen, Russland und Großbritannien fanden bis zu 50 Hektar
       große Kahlschläge vor – das ist in etwa die Fläche eines kleinen
       Bauernhofs. Im Zuge der FSC-Zertifizierung würden in Russland
       Urwaldschutzgebiete eingerichtet, so Winter, das sei ein positiver Effekt.
       Die Studie zeige aber, „dass der russische FSC-Standard wichtige Kriterien
       für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung ignoriert“. Das müsse sich ändern,
       sonst drohe das Zertifikat seine Glaubwürdigkeit zu verlieren.
       
       Geleitet hat die Studie Pierre Ibisch, Professor für Naturschutz an der
       Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. „Die FSC-zertifizierten
       Flächen haben sich in Russland rasch ausgebreitet“, sagt er, „weil die
       Firmen Zugang zum europäischen Markt erreichen wollen.“ Die Verbraucher in
       Europa kauften das Holz mit dem FSC-Siegel und glaubten, sie würden den
       russischen Wäldern damit etwas Gutes tun. „Das können wir mit unserer
       Fallstudie leider nicht bestätigen“, so Ibisch.
       
       ## Schutz von großen Wäldern
       
       Auch beim FSC-Deutschland sieht man es kritisch, dass die russische
       Partnerorganisation Kahlschläge zulässt, hält den Blickwinkel der Studie
       aber für zu eng. „19 Prozent der FSC-zertifizierten russischen Wälder sind
       freiwillig aus der Nutzung genommen“, sagt Lars Hoffmann vom
       FSC-Deutschland. Ökologisch besonders wertvolle Waldgebiete und große
       zusammenhängende Flächen ohne Straßen oder Siedlungen würden dadurch
       besonders geschützt. „Um den FSC in Russland richtig zu beurteilen, muss
       man diese Aspekte berücksichtigen“, sagt Hoffmann.
       
       Naturschutzexperte Ibisch hält die Kahlschläge allerdings für
       schwerwiegend: Die überwiegend durch Fichten geprägten nordischen Urwälder
       seien wichtige Kohlenstofflager, sagt er. Sie sorgen für Stabilität des
       Klimas in der nördlichen Hemisphäre. „Die borealen Wälder sind ein Mosaik
       von Mooren und Wäldern, das ist auch wichtig für den Wasserhaushalt.“
       
       Russland lieferte laut dem Thünen-Institut für Internationale
       Waldwirtschaft und Forstökonomie 3,8 Millionen Kubikmeter
       Rohholzäquivalente nach Deutschland, etwa in Form von Holzstämmen,
       Brettern, Papier oder Zellstoff. Die Importe steigen seit Jahren an und
       erreichen einen Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro.
       
       24 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1470160X19304467
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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