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       # taz.de -- Kommentar Massenproteste in Tschechien: Babiš ist nur ein Symptom
       
       > 250.000 Menschen demonstrieren in Prag gegen den tschechischen
       > Ministerpräsidenten. Er symbolisiert, was im Postkommunismus falsch
       > gelaufen ist.
       
   IMG Bild: Am 23. Juni demonstrierten eine Viertelmillion Menschen in Prag
       
       Eines muss man Andrej Babiš lassen: Er hat eine Viertelmillion Menschen aus
       allen Ecken Tschechiens zu einem friedlichen Happening auf der Prager
       Letná-Ebene zusammengebracht. Das haben nicht einmal Mick Jagger und Keith
       Richards geschafft, die hier auf dem Sommerhügel gegenüber der Prager
       Altstadt ein bis heute legendäres Konzert gaben. Damals kamen 80.000
       Zuschauer.
       
       Die dreifache Menge war am Sonntag bei bestem Wetter auf die Letná geströmt
       und feierte dort [1][einen bunten Anti-Babiš-Karneval]. Ein spirituelles
       Erlebnis, schwärmten Teilnehmer später im Netz. Die Atmosphäre hatte etwas
       Besonderes, lobten andere: den Geist Václav Havels, den Hauch der
       Revolution, die Zukunftsvisionen einer engagierten Zivilgesellschaft.
       
       Von all dem träumt die liberale und urbane Bildungselite Tschechiens seit
       der samtenen Revolution von 1989. Sollte es ausgerechnet Andrej Babiš 30
       Jahre später schaffen, der Entwicklung eines mündigen Bürgertums Antrieb zu
       verleihen? Die aktuellen Proteste gleichen den Funken, die entstehen, wenn
       eine Reibung zu stark wird.
       
       Andrej Babiš ist die Antimaterie zu Václav Havel. Er ist einer aus der
       alten, kommunistischen Nomenklatura. Ausgestattet mit skrupellosem
       Raubtierinstinkt, Herrschaftswissen, einem Netzwerk aus alten Seilschaften
       und bis heute dunklen Geldquellen im Schweizer Kanton Zug, ist er nach der
       Wende reich geworden. Und ist es mithilfe europäischer Subventionen auch
       geblieben.
       
       ## Der am westlichsten gelegene Oligarch
       
       Babiš ist weder Berlusconi noch Orbán. Er ist Babiš, der am westlichsten
       gelegene Oligarch. Er war einst Teil des Regimes, gegen das die Massen 1989
       auf der Letná demonstriert haben. Dreißig Jahre später ist er immer noch da
       und sogar noch immer frei. Und nicht nur das, er ist demokratisch gewählt.
       
       Was ist da in den 30 letzten Jahren falsch gelaufen, dass ein Andrej Babiš
       Ministerpräsident werden konnte? Er ist nur ein Symptom. Wofür? Für all
       das, was im Postkommunismus falsch gelaufen ist. Und dafür, wie
       manipulierbar viele in der tschechischen Gesellschaft immer noch sind.
       
       25 Jun 2019
       
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