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       # taz.de -- Kommentar EU-Länder und Seenotrettung: Menschenfeindlicher Unsinn
       
       > Gibt es Alternativen zum Anlegen von Rettungsschiffen in den Häfen von
       > Lampedusa und Malta? Nein – denn Libyen ist und bleibt kein sicherer
       > Drittstaat.
       
   IMG Bild: Die einzige Lösung, um das Sterben im Mittelmeer zu beenden, ist es, europäische Häfen zu öffnen
       
       Seit der [1][öffentlichkeitswirksamen Festnahme der „Sea-Watch 3“-Kapitänin
       Carola Rackete] diskutiert halb Europa wieder einmal über Seenotrettung im
       Mittelmeer. Italiens stramm rechter Innenminister Matteo Salvini verbietet
       Rettungsschiffen das Anlegen im Hafen der italienischen Insel Lampedusa,
       und auch Maltas Häfen werden für Menschenrettungsschiffe [2][immer wieder
       geschlossen]. Schon werden Stimmen laut, es gebe Alternativen. Man könne
       die Geretteten schließlich zurück nach Libyen oder in den jeweiligen
       Heimathafen der Schiffe bringen. Doch das ist menschenfeindlicher Unsinn.
       
       Aus Seenot gerettete Menschen kann man nicht guten Gewissens nach Libyen
       bringen – auch wenn das Boot unweit der libyschen Küste in Seenot geraten
       ist. Das ist eine Erkenntnis, die nicht erst seit einer Woche besteht. In
       dem nordafrikanischen Land herrscht [3][seit Jahren Bürgerkrieg]. Aus
       anderen Ländern Flüchtende werden dort [4][in Lagern untergebracht,
       gefoltert oder versklavt].
       
       Auch wenn einige Europäer*innen es noch immer nicht wahrhaben und möglichst
       die libysche Küste abriegeln wollen, damit sich keine Menschen aus dem Land
       über das Mittelmeer in Richtung Europa auf den Weg machen: Libyen ist kein
       sicherer Drittstaat. Das hat auch die vergangene Woche wieder verdeutlicht,
       als mindestens 40 Menschen [5][bei einem Luftangriff auf ein
       Internierungslager für Migrant*innen ums Leben kamen].
       
       Dann sollen die Seenotretter*innen mit ihren Schiffen eben bis nach Spanien
       fahren oder gar bis Kiel, in den Heimathafen des jeweiligen Schiffs?
       Schließlich hat etwa die „Sea-Watch 3“ unter Carola Racketes Kommando zwei
       Wochen auf dem offenen Meer gelegen. Der Unterschied zwischen dem
       mehrtägigen Warten vor Lampedusa und einer Europa-Umsegelung liegt auf der
       Hand: Die Kapitän*innen erwarten eine menschliche Politik seitens der EU,
       gerettete, [6][womöglich traumatisierte Menschen] aufzunehmen, und steuern
       deshalb den nächsten erreichbaren Hafen in Europa an. Wer einmal auf eine
       Karte geschaut hat, weiß, dass Lampedusa und Malta nur wenige Hundert
       Kilometer von der Küste Libyens entfernt sind.
       
       Die einzige Lösung, um das Ertrinken im Mittelmeer zu beenden, ist die
       Öffnung der Häfen in Italien und Malta. Die südeuropäischen Länder müssen
       die Geretteten ja nicht einmal selbst aufnehmen. Viele europäische Städte
       [7][haben sich in den vergangenen Monaten dazu bereit erklärt]. In
       Deutschland unterstützen 60 Städte die Seebrücke-Initiative „Sichere
       Häfen“. Und selbst Bundesinnenminister Horst Seehofer appelliert inzwischen
       an Salvini, seinen Unwillen, die italienischen Häfen zu öffnen, zu
       überdenken.
       
       8 Jul 2019
       
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