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       # taz.de -- Boris Johnson in britischen Medien: Der „Torygraph“
       
       > Der britische „Daily Telegraph“ stand schon immer den Konservativen nah.
       > Seit Neuestem kennt er nur noch einen Helden: Boris Johnson.
       
   IMG Bild: Journalist? Politiker? Jedenfalls Liebling des „Daily Telegraph“: Boris Johnson
       
       Ach, waren das noch Zeiten, als sich unsereins über [1][Ulrich Jörges] und
       die ganzen diversen Ersatzkanzler aufregten, die sich in den Polittalks des
       deutschen Qualitätsfernsehens als die besseren Politiker empfahlen – wobei
       schon damals auffiel, dass dieser Defekt in erster Linie Männchen, genauer
       gesagt: Alpha-Männchen befällt. Wirklich KanzlerIn geworden ist dann
       natürlich wieder jemand anderes, womit auch in der Berliner Republik klar
       war: Journalismus und Politik sind zwei Paar Schuhe.
       
       Ganz anders im Land of Hope and Glory: Vor einem Jahr ist Boris Johnson aus
       seinem Amt als Knallcharge und Secretary of State for Foreign and
       Commonwealth Affairs ausgestiegen – aus Protest gegen den gemäßigten
       Brexit-Kurs von Großbritanniens Premierministerin Theresa May. Wenn er sich
       jetzt nicht wieder mit seiner Freundin zerzankt oder ähnlich Schockierendes
       stattfindet, dürfte Johnson in zwei Wochen neuer Premierminister und
       Tory-Frontmann sein.
       
       Das hat er dann auch und vor allem der
       „Ja-schon-immer-irgendwie“-Parteizeitung Daily Telegraph zu verdanken. Doch
       während ebendieser „Daily Torygraph“ schon immer den Konservativen die
       Stange hielt, parteiintern seine Loyalitäten aber durchaus unterschiedlich
       – manche sagen sogar: fair – verteilte, ist der Telegraph heute ein reines
       Boris-Blatt.
       
       Und für den blonden Hünen eine absurde Win-win-Maschine: Er schreibt eine
       wöchentliche Kolumne, in der er seine politischen Botschaften und
       Merkwürdigkeiten absondern kann und mit der er es regelmäßig auf die
       Titelseite schafft. Und die auch ein kleines bisschen zum Lebensunterhalt
       beiträgt – 275.000 Pfund (306.000 Euro) lässt sich der Telegraph den Spaß
       kosten. Macht ein Wochenhonorar von 6.000 Pfund, und wer sich jetzt noch
       darüber aufregt, was manche Stars für ihre Hochzeitsbildchen verlangen,
       kann sich gleich wieder hinlegen.
       
       ## Ein schlechter Scherz
       
       Womit die Frage, wo denn die „Zeitungsdebatte“ beim
       „[2][Leadership-Contest]“ der Konservativen lief, rein rhetorischer Natur
       ist: im Telegraph natürlich. Was für Boris Johnson dann auch ein Heimspiel
       gegen seinen Herausforderer wurde. Dass dieser Herausforderer ausgerechnet
       auch noch Johnsons Nachfolger als Außenminister, Jeremy Hunt, ist, macht
       das Ganze nur mäßig absurder.
       
       Und wie verhält es sich mit der Fähigkeit des gelernten Journalisten
       Johnson zur Politik? „I was Boris Johnson’s boss: he is utterly unfit to be
       prime minister“, hat der frühere Telegraph-Chefredakteur Max Hastings
       unlängst geschrieben: „Die Tories sind dabei, dem britischen Volk einen
       schlechten Scherz anzudrehen. Er schert sich um nichts als seinen Ruhm und
       seine Einnahmen.“
       
       Die Urteile über den Journalisten Boris J. fallen übrigens – sorry,
       Kons(ervative) – nicht eben freundlicher aus.
       
       9 Jul 2019
       
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