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       # taz.de -- Rassismus und Tierschutz in Deutschland: Nicht ohne mein Hayvan
       
       > Deutsche haben mehr Empathie für Hunde als für Menschen of Color. Da
       > wundert es kaum, dass sich die AfD Tierschutz auf die Fahne schreibt.
       
   IMG Bild: Eine der erfolgreichsten Serien im deutschen TV: „Kommissar Rex“
       
       Kurz vor Weihnachten, ich muss 18 gewesen sein, habe ich mit zwei
       Genoss_innen auf dem Wochenmarkt trotz eisiger Kälte mit einer Thermoskanne
       und einem Stapel Flyern einen winzigen Stand aufgebaut. Unser Anliegen:
       Kleinstadtzecken gegen Mord an Tieren. GuMo, wie wäre es an Heiligabend mit
       einem Tofubraten statt Gans?
       
       Knapp zehn Jahre später, ich ernähre mich immer noch überwiegend vegan,
       mitunter aus politischen Gründen, doch ich würde es niemals in meine Bio
       schreiben. Was juckt mein Ernährungsstil fremde Menschen, als dicke Person
       wird mir sowieso ständig zugeschrieben, was ich nicht alles fresse.
       Außerdem will ich auf keinen Fall mit der Veganszene in Verbindung gebracht
       werden. Die meisten leben entweder vegan für ihre Fitness (Diät) oder für
       die Tiere (und neigen zu antisemitischen und rassistischen Vergleichen).
       
       Deutsche und Tierschutz – nenn mir ein ikonischeres Duo. Almans sind netter
       zu ihren Hunden als zu ihren Kindern, sagt mein Onkel. Ich weiß nicht, wie
       viel da dran ist, doch Almans haben definitiv mehr Empathie für Hunde als
       für Menschen of Color. Da wundert es auch kaum, dass die AfD sich nun vor
       den Landtagswahlen in Sachsen als „[1][Die Tierschutzpartei in
       Deutschland“] inszeniert, nur um sich gegen das jüdische und muslimische
       Ritual des Schächtens in Stellung zu bringen.
       
       Vielleicht betrachten Almans Rex & Co. als ihresgleichen, weil sie oft
       selber Hunde sind. Die Solidaritätswelle um den Kampfhund Chico, der
       eingeschläfert wurde, nachdem er seine behinderte Besitzerin und ihren Sohn
       tötete, habe ich auch ein Jahr später klar vor Augen. Einen aggressiven
       Hund einzuschläfern trübt viele Almans krasser als etwa rassistische
       Gewalt.
       
       ## Angst vor dem Islam
       
       So empfindet in der aktuellen Bertelsmann-Studie [2][„Religionsmonitor“]
       die Hälfte aller Befragten den Islam als Bedrohung. Vor irgendwelchen
       Muslim_innen fürchtet man sich hier mehr als davor, von brutalen
       Kampfhunden zerfressen zu werden. Der Hund ist schließlich der beste Freund
       des Menschen. Vor allem von rassistischen, die ihre blutrünstigen Tiere
       [3][auf Kanax hetzen].
       
       Sogar Almans scherzen über diese Tierliebe. Mit 15 übersprang ich auf
       meiner Die Ärzte-CD den Track „Claudia hat ’nen Schäferhund“ jedes Mal,
       weil ich die Idee einer sexuellen Beziehung zwischen Mensch und Hund
       ekelhaft fand. Eklig auch, wie eine Schulfreundin einen Witz mit der Pointe
       erzählte, dass Deutsche eher für Ratten als für Türken bremsen.
       
       Tierschutz ist besonders unter Rechten ein Thema, solange sie sich dadurch
       als zivilisiert und überlegen profilieren können. Das Schächten verurteilen
       und sich gleichzeitig für Schweinefleisch als Menschenrecht einsetzen? Für
       rechtsextreme Parteien wie NPD und AfD kein Widerspruch.
       
       So beschrieb Max Czollek die antisemitische und antimuslimische Doppelmoral
       in seinem brillanten Buch „Desintegriert euch!“ sehr präzise: „Wir essen
       friedlich Schweinefleisch, die anderen schächten Tiere.“
       
       12 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/AfDLindemann/status/1148515248451858432
   DIR [2] https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/deutschland-bertelsmann-studie-viele-vorbehalte-gegen-den-islam-a-1276787.html
   DIR [3] /Kolumne-Minority-Report/!5499395
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hengameh Yaghoobifarah
       
       ## TAGS
       
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