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       # taz.de -- Drogenkonsument über Drug-Checking: „Der Markt ist umkämpft“
       
       > Bald können Konsument*innen in Berlin ihre Drogen auf schädliche
       > Substanzen prüfen lassen. Wie kommt der Plan bei User*innen an?
       
   IMG Bild: „Drug-Checking bleibt nur ein Baustein für eine bessere Drogenpolitik“, sagt Drogen-User Niklas N.
       
       taz: In Berlin soll es bald ein Drug-Checking geben. Was halten Sie davon? 
       
       Niklas N.: Ich finde die Initiative sinnvoll. Drug-Checking ermöglicht es
       Konsument*innen, mit wenig Aufwand Informationen über den Inhalt und die
       Zusammensetzung ihrer Drogen zu bekommen.
       
       So gering ist der Aufwand nicht: Da es das einige Tage dauert, bis man das
       Ergebnis hat, muss man das Checken und Konsumieren planen. Würden Sie das
       machen? 
       
       Man muss dann wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und die Wartezeit
       in Kauf nehmen. Da ich meinen Konsum durchaus plane, werde ich
       Drug-Checking definitiv nutzen. Wobei ich natürlich ein System bevorzugen
       würde, bei dem die Ergebnisse zeitnah vorliegen.
       
       Wieso? 
       
       Häufig werden Substanzen erst im Club erworben, sprich zeitlich kurz vor
       dem Konsum. Da hilft die jetzt geplante Art von Drug-Checking dann nicht.
       Andererseits kann ich mir schon vorstellen, dass Konsument*innen zukünftig
       anders planen und vorausschauend Substanzen erwerben, um diese dann testen
       zu lassen.
       
       Wie häufig nehmen Sie denn Drogen? 
       
       Ich feiere seit sieben Jahren. Anfangs habe ich vielleicht viermal pro Jahr
       Drogen genommen. Zwischendurch, vor etwa drei Jahren, war es dann eher jede
       zweite bis jede Woche. Heute ist es wieder deutlich weniger, circa zehn Mal
       pro Jahr.
       
       Weswegen halten Sie es überhaupt für notwendig, Ihre Drogen testen zu
       lassen? 
       
       Die größten Gefahren gehen von Verunreinigungen der Substanzen aus. Ich
       denke, dass gerade die Dealer ihre Ware strecken. Zudem kommt es bei der
       Produktion von Drogen häufig zu gefährlichen Nebenprodukten. Ich halte mich
       für einen sehr bewussten Konsumenten. Das fängt aber schon beim Essen an.
       Daher möchte ich natürlich auch wissen, was sich in den chemischen
       Substanzen befindet, die ich konsumiere. Auf der anderen Seite erhoffe ich
       mir ganz klar eine Qualitätssteigerung vom Drug-Checking. Ich denke, dass
       die Produzent*innen und auch die Dealer*innen auf das Drug-Checking
       reagieren werden und besser auf die Reinheit ihrer Produkte achten werden.
       Schließlich ist auch dieser Markt umkämpft und es ist leicht für
       Konsument*innen, sich andere Bezugsquellen zu beschaffen. Mit Drug-Checking
       erhöht man sozusagen den Druck, weniger und ungefährlich zu strecken und
       sauber zu produzieren.
       
       Haben Sie schon mal schlechte Erfahrungen mit Drogen gemacht? 
       
       Ja, ich habe schlechte Erfahrungen mit Drogen gemacht. Diese waren aber nie
       auf die Qualität zurückzuführen. Einmal hatte ich auf LSD einen schlechten
       Trip. Ein anderes Mal hat mir jemand Drogen, wahrscheinlich GHB, in den
       Drink geschüttet. Nur durch Zufall ist da nichts Schlimmeres passiert.
       
       Hätten Sie keine Hemmungen, mit Ihren Drogen in eine Beratungsstelle zu
       gehen? 
       
       An dieser Stelle ist es natürlich wichtig, dass die Anonymität der
       Konsument*innen gewahrt bleibt. Damit steht und fällt der Erfolg dieser
       Maßnahme. Solange ich davon ausgehen kann, dass mein Anliegen diskret
       behandelt wird, hätte ich keine Hemmungen.
       
       Was würden Sie sich noch von der Politik wünschen? 
       
       Die Politik muss für bessere Aufklärung bezüglich der Substanzen sorgen.
       Viele Politiker*innen haben schlicht keine Ahnung von dem Thema.
       Tatsächlich würde ich mir wünschen, dass Drogen nicht nur
       entkriminalisiert, sondern sogar vollends legal werden. Das kann natürlich
       nur Hand in Hand mit entsprechender Bildung für Kinder und Erwachsene
       gehen. Schließlich hat der Missbrauch von Substanzen selten mit der
       Verfügbarkeit, sondern vielmehr mit tieferliegenden Problemen zu tun. Kurz
       gesagt: Drogenmissbrauch ist ein Symptom.
       
       Wie war der Umgang der Politik bisher?
       
       Die einzige Partei, die bisher die völlige Legalisierung von Drogen
       fordert, ist die Linke. Zudem wäre es natürlich einfach wünschenswert, wenn
       das Thema Drogen endlich seinen angemessenen Platz im öffentlichen Diskurs
       bekommt. Drug-Checking bleibt also nur ein Baustein von vielen für eine
       bessere Drogenpolitik.
       
       21 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maike Brülls
       
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