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       # taz.de -- Finanzministertreffen in Paris: G7-Länder gegen Facebook-Währung
       
       > Nicht nur die sieben großen Industriestaaten sehen Libra mit Skepsis.
       > Auch Bitcoin-Anhänger fürchten die wachsende Macht des Konzerns.
       
   IMG Bild: Mit Libra zahlen? Alle sind skeptisch – bis auf Facebook
       
       Berlin taz | Die Finanzminister der G7-Staaten haben Vorbehalte gegen die
       von Facebook und anderen Konzernen geplante Digitalwährung Libra. Auf einem
       Treffen in Chantilly bei Paris sprachen sie von ernsthaften regulatorischen
       und systemischen Problemen. Von „schweren Bedenken“ sprach der deutsche
       Finanzminister Olaf Scholz nach Beratungen mit seinen Kollegen aus
       Frankreich, den USA und den anderen G7-Ländern. Die Welt brauche keine
       zusätzliche Währung, die sich der demokratischen Kontrolle entzieht.
       
       Dem widersprach allerdings Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Er sieht
       trotz aller Risiken auch mögliche Vorteile für die Verbraucher durch
       neuartige Digitalwährungen. „Wenn diese ‚stable coins‘ halten, was sie
       versprechen, könnten sie für Endverbraucher durchaus attraktiv sein, etwa
       wenn es um Zahlungen über Ländergrenzen hinweg geht“, sagte Weidmann am
       Rande des Treffens.
       
       [1][Im Juni hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg sein neues Geld
       vorgestellt.] Libra soll einmal gegen alle wichtigen Währungen handelbar
       sein. Die Einnahmen legt die „Libra Association“ in einen Korb
       herkömmlicher Devisen wie Euro und Yen an. Mit Libra sollen blitzschnelle
       internationale Überweisungen sowie Online- und Mobilzahlungen möglich sein.
       
       Zuckerberg hat die Finanzwelt mit seinen Plänen schockiert, doch es handelt
       es sich um einen logischen Schritt für einen Silicon-Valley-Konzern. Die
       technische Entwicklung der vergangenen Jahre hat die Möglichkeiten zu
       verschiedenen Formen privaten Geldes geschaffen. Sie funktionieren dank der
       Erfindung eines sicheren Datenspeichers, der Blockchain, sauber und
       zuverlässig. Der Urtyp und Marktführer [2][ist hier Bitcoin], ein reines
       Projekt ohne zentrale Steuerung oder Kontrolle.
       
       Libra basiert zwar auf der gleichen grundlegenden Technik, repräsentiert
       jedoch die entgegengesetzten Werte. Während Bitcoin unabhängig von Firmen,
       Gruppierungen und Regierungen ist, steht Libra unter der Kontrolle einer
       Gruppe von Konzernen. Außer Facebook sind beispielsweise noch Ebay,
       Vodafone, Uber oder Mastercard im Trägerverein vertreten.
       
       ## „Es ist kein bisschen wie Bitcoin“
       
       In der Ablehnung von Libra sind sich die Anhänger von Graswurzel-Währungen
       mit den Notenbankern daher zum ersten Mal einig. Wer in die Diskussionen im
       Netz hineinhört, beispielsweise auf Reddit, findet fast nur Kritik. „Es ist
       nicht dezentral, es ist nicht sicher vor Zensur, es ist nicht neutral – es
       ist kein bisschen wie Bitcoin“, schreibt ein User. „Libra ist einfach eine
       Variante der herkömmlichen Währungen, keine echte Kryptowährung“, sagt ein
       anderer. Noch mehr Macht und Geld für die Konzerne – genau das wollten die
       Bitcoin-Anhänger eigentlich verhindern.
       
       US-Notenbankchef Jerome Powell denkt ähnlich. Er hat sofort nach
       Vorstellung des Libra-Projekts seine Ablehnung klargemacht. „Das kann so
       nicht kommen“, sagte er. „Es gibt hier offene Fragen des Datenschutzes, des
       Kampfes gegen Geldwäsche, des Verbraucherschutzes und der finanziellen
       Stabilität.“
       
       Einige Tage später äußerte sich auch die chinesische Zentralbank. Libra
       könne die Geldpolitik „stören“ und schaffe zusätzliche Risiken, schrieb ihr
       Vizechef Mu Changchun in einem Gastbeitrag. Mu ließ keinen Zweifel daran,
       dass China die Verwendung von Libra nicht tolerieren wird. Im vergangenen
       Jahr hat Peking bereits Bitcoin praktisch verboten. Auf Druck von oben hat
       auch der große chinesische Internetkonzern Baidu sich Experimenten mit
       Kryptowährungen verabschiedet.
       
       Selbst Südkorea, ein Hort der Technikgläubigkeit, prüft gerade eine strenge
       Regulierung von Kryptowährungen. Der australische Ökonom Stephen Grenville,
       ehemals Vizechef der dortigen Zentralbank, sieht jedoch besondere Gefahren
       für Schwellenländer wie Indonesien, Malaysia oder Brasilien: Im Fall von
       wirtschaftlichen Turbulenzen könnte die Bevölkerung massenhaft versuchen,
       ihre Ersparnisse in Libra in Sicherheit zu bringen – und damit das
       offizielle Finanzsystem vollends kippen lassen.
       
       Von der Vision des nützlichen privaten Geldes wird also in der Praxis wohl
       nur wenig übrig bleiben. Die Regierungen scheinen zu sehr darauf erpicht,
       dass ihr offizielles Geld seine führende Stellung behält. Sonst ist der
       Staatshaushalt nichts wert, und sonst können sie sich nicht von den
       Notenbanken verdeckt finanzieren lassen.
       
       18 Jul 2019
       
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