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       # taz.de -- Wie fair sind Supermärkte?: Am besten machen es die Briten
       
       > Lidl wollte erster Discounter mit 100 Prozent fairen Bananen sein – und
       > ließ es doch. Im Oxfam-Supermarkt-Check sind andere noch unfairer.
       
   IMG Bild: Symbolobst: Mit fairen Bananen wollte Lidl sein Image aufpolieren. War ihm aber doch zu teuer
       
       Berlin taz | „Aldi, Du brichst uns das Herz!“ steht auf dem Plakat eines
       Mannes, der mit seinen Mitstreiterinnen vor dem Discounter protestiert. Der
       Vorwurf: [1][Der Discounter verspricht zwar, sich zu bessern]. Aber noch
       immer schuften Frauen für billige Weine für die KundInnen auf
       südafrikanischen Traubenfeldern, ohne Verträge, der Willkür des
       Arbeitgebers ausgesetzt. Arbeiter auf Ananasplantagen in Costa Rica
       spritzen Gift, ohne Schutz. Eine Möglichkeit, ihre Rechte mit Hilfe von
       Gewerkschaften durchzusetzen, haben die Arbeitnehmenden in der Lieferkette
       oft nicht. Jetzt ändert sich etwas, ein wenig.
       
       Hinter dem Protest steckte im Februar die internationale Hilfsorganisation
       Oxfam, die an diesem Mittwoch den [2][„Supermarkt-Check 2019“]
       veröffentlicht. taz.de lag er vorab vor.
       
       In der Untersuchung heißt es, mehrere deutsche Ketten hätten „kleine
       Fortschritte in der Menschenrechtspolitik“ gemacht. Am besten schneidet
       dabei der zuvor noch gescholtene Discounter Aldi Süd ab. Edeka liegt
       hingegen auf dem letzten Platz, auch im Vergleich zur ausländischen
       Konkurrenz, das Unternehmen wollte sich aber noch nicht äußern.
       
       Der Hintergrund: Die Oxfam-ExpertInnen haben die Geschäftspolitik von 16
       der größten und am schnellsten wachsenden Supermärkte in Deutschland, den
       USA, Großbritannien und den Niederlanden analysiert – wie im
       [3][Supermarkt-Check 2018] auch schon. Sie haben die Webseiten der
       Unternehmen durchforstet, öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet.
       Findet sich eine Grundsatzerklärung, die Menschenrechte zu achten? Fahren
       die Manager nach Costa Rica, um mit Gewerkschaftern zu reden, wie sich
       Löhne der Ananaspflücker verbessern lassen? Fördern sie kleine bäuerliche
       Betriebe oder schützen sie Frauen vor Diskriminierungen, auch in
       Deutschland?
       
       ## Edeka, letzter Platz
       
       Ergebnis 2019: Aldi Süd erreicht 19 Prozent der möglichen Gesamtpunktzahl,
       im Jahr zuvor war es nur 1 Prozent. Damit überholt er seine Konkurrenten
       Rewe (13 Prozent) und Lidl (9 Prozent). Edeka ist mit diesmal 1 Prozent
       abgeschlagen. Aldi Nord liegt mit fünf Prozent ebenfalls im unteren Bereich
       und sagte taz.de: „Die Ergebnisse des aktuellen Oxfam Supermarkt-Checks
       haben wir zur Kenntnis genommen und nehmen die hiermit verbundenen Vorwürfe
       sehr ernst.“
       
       Am besten schneiden die britischen Supermärkte Tesco und Sainsbury´s ab.
       Tesco kümmert sich bei Zulieferern um existenzsichernde Löhne, berät sich
       dabei mit Gewerkschaften. Dahinter folgt die US-amerikanische Kette
       Wal-Mart mit ihrem britischen Tochterunternehmen Asda. Wal-Mart hat sich
       beispielsweise für ein Ende der Diskriminierung von Frauen ausgesprochen.
       
       ## 100% faire Bananen? Bringt's doch nicht
       
       Indes sind die [4][deutschen Supermärkte vor allem für eins berühmt – ihre
       niedrigen Preise] und ihren Kampf um Kunden. Bestes Beispiel: Eigentlich
       wollte Lidl der erste Discounter sein, der nur noch Fairtrade-Bananen
       verkauft. Das verkündete er erst im Herbst vergangenen Jahre und
       [5][kassierte die Idee vor kurzem wieder].
       
       „Sinkende Absätze, auch bedingt durch günstige Aktionspreise im Markt,
       haben uns letztlich nach über acht Monaten zu einer erweiterten Ausrichtung
       gezwungen“, erklärte Jan Bock, der den Einkauf von Lidl leitet. Die
       Fairtrade-Bananen kosten pro Kilo zehn bis zwanzig Cent mehr als das
       herkömmliche Obst. Und die Konkurrenz, Aldi vor allem, konterte den
       Lidl-Vorstoß zusätzlich mit besonders günstigen Angeboten. Das Kilo Bananen
       gab es dort zeitweise für nicht einmal 90 Cent. Das ist weit weniger als
       man für Äpfel aus Deutschland zahlt.
       
       ## Den Preis für den Bananen-Wettstreit zahlen andere
       
       „Der Einfuhrpreis von Bananen in Deutschland ist zwischen 2015 und 2018 um
       20 Prozent gefallen und liegt heute unter dem Preis von 2008“, erklärt
       Frank Braßel von Oxfam, der den Markt genau beobachtet. Er meint: „Immer
       mehr bleibt bei den Supermärkten, immer weniger bei den Menschen, die für
       unser Essen arbeiten.“ Das sei bei Tee, bei Krabben, bei vielen weltweit
       gehandelten Produkten genau so.
       
       Aldi-Süd hat jetzt immerhin einen Schritt gemacht und eine Risikoanalyse zu
       Menschenrechtsverletzungen bei der Produktion seiner Waren veröffentlicht,
       auch einen Menschenrechtsbeauftragten eingesetzt. In Großbritannien hat er
       zudem Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen öffentlich gemacht.
       
       Warum sich Aldi-Süd mehr als Aldi-Nord bewegt, obwohl die beiden ihre
       Einkaufs- und Preispolitik zusammen gestalten? „Gesetze helfen“, sagt
       Franziska Humbert von Oxfam, die den Supermarktcheck erarbeitet hat. Aldi
       Süd ist anders als Aldi-Nord auch in Großbritannien auf dem Markt. Dort
       müssen Unternehmen nach dem „[6][UK Modern Slavery Ac]t“ jedes Jahr
       erklären, welche Maßnahmen sie ergreifen, um moderne Formen der Sklaverei,
       also enorme Ausbeutung, zu verhindern.
       
       Humbert fordert: „Deutschland muss seine Unternehmen grundsätzlich
       verpflichten, einen Sorgfaltspflichtenplan aufzustellen, um die
       Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten.“ Wer dies nicht mache,
       solle im Schadensfall gegenüber den Betroffenen haften müssen. Die
       Oxfam-Leute werden weiter vor Supermärkten protestieren. „Wir sehen zwar
       konkrete Verbesserungen, aber umgerechnet in Schulnoten würde Aldi Süd
       derzeit mit mangelhaft abschneiden, alle anderen würden mit ungenügend
       durchfallen“, sagt Humbert.
       
       NaN NaN
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://cr.aldisouthgroup.com/sites/default/files/dd-page-pdf/2018%20-%20Human%20Rights%20Policy%20Statement%20DE.pdf
   DIR [2] https://www.oxfam.de/
   DIR [3] https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2018-06-21-supermarkt-check-deutsche-ketten-schlusslichter-sachen
   DIR [4] /Fair-gehandelte-Bananen/!5571446&s=lidl/
   DIR [5] https://www.oxfam.de/blog/lidl-fairen-bananen
   DIR [6] http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2015/30/contents/enacted
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Gersmann
       
       ## TAGS
       
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