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       # taz.de -- Microsoft macht E-Books unlesbar: Lizenz zum Lesen, oder auch nicht
       
       > Das E-Book oder die Playlist auf der Streaming-Plattform kann man nicht
       > verlieren. Oder doch? Wie sich Eigentum im Netz verändert.
       
   IMG Bild: Bequem, aber nicht unbedingt dauerhaft sicher
       
       Wer schon einmal ein Buch an eine Tasse Kaffee oder einen treulosen Freund
       verloren hat, vertraut fortan vielleicht lieber auf E-Books: Geht der
       Reader kaputt oder verloren, können Kund*innen auf einem neuen Gerät
       trotzdem auf ihre Käufe zugreifen.
       
       Das gilt für Bücher genauso wie für Filme, Lieder oder Spiele. Sie können
       tausendfach wiedergegeben werden – ohne Qualitätsverlust. Ist der
       Online-Erwerb also die Garantie für lebenslangen Genuss? Wohl kaum, wie
       Microsoft nun eindrucksvoll beweist.
       
       Bereits [1][im April gab das Unternehmen bekannt], seine E-Book-Sparte
       einzustellen. Anscheinend lohnt sich das digitale Geschäft mit Büchern
       nicht. Der Verkauf wurde sofort eingestellt. Doch auch auf bereits
       erworbene Bücher können Kund*innen bald nicht mehr zugreifen.
       
       Der Grund? Wer ein Buch im E-Book-Store gekauft hatte, erwarb eine Lizenz,
       um auf das Buch zuzugreifen. Ob Nutzer*innen über die entsprechende Lizenz
       verfügen, überprüfen Server als Teil des sogenannten Digital Rights
       Management (DRM). Diese Server schaltet Microsoft im Juli ab. Das führt
       dazu, dass Kund*innen ihre Bücher nicht mehr lesen können.
       
       DRM soll durch technische Beschränkungen Urheber*innen und Firmen vor
       Raubkopien und Betrug schützen. Für die Kund*innen bedeutet es, dass sie
       nicht ein Produkt nicht voll funktional erwerben, sondern lediglich die
       Lizenz zu seiner Nutzung.
       
       ## Kritik am Digital Rights Management
       
       Stellt ein Unternehmen wie Microsoft Dienste ein, kann das problematisch
       werden. Gleiches gilt für Firmenpleiten. Letzteres ist bei Microsoft
       glücklicherweise nicht der Fall: Kund*innen erhalten als Entschädigung
       Rückzahlungen auf das Konto, welches sie beim Kauf verwendet haben. Ist
       dieses nicht mehr gültig, wird das Geld auf ihr Microsoft-Kundenkonto
       gutgeschrieben. Für Notizen und Markierungen im Buch – wohlgemerkt nur
       solche, die vor der Ankündigung des Endes des Microsoft E-Book-Store
       erstellt wurden – gibt es nochmal 25 Dollar obendrauf.
       
       Digital Rights Management hat noch andere Haken: Mithilfe von DRM-Systemen
       können Firmen ihre Kund*innen an ihr Produkt binden, indem sie nur
       bestimmte Software auf ihren Geräten zulassen. Herausragendes Beispiel
       hierfür ist Apple mit seiner Musik-Software iTunes.
       
       [2][Die Kritik am DRM ist nicht neu] und Microsoft-E-Book-Kund*innen sind
       auch nicht die ersten, die die negativen Auswirkungen von DRM zu spüren
       bekommen. [3][2009 verschwanden beispielsweise schon mal „1984“ und „Farm
       der Tiere“] von Kindle-Geräten, dem E-Book-Reader von Amazon. Der
       Rechteinhaber habe sich beklagt, woraufhin die Bücher von den Kindles der
       Kund*innen gelöscht wurden.
       
       Wer jetzt denkt: „Mal ehrlich, die meisten Bücher liest man doch eh nur
       einmal“ sei zum Beispiel an Musik-Streaming-Dienste erinnert, die nach
       einem ähnlichen Prinzip funktionieren. So wurde der Streaming-Dienst Juke
       zum 30. April 2019 eingestellt. Eine Möglichkeit zum Transfer der
       gespeicherten Musik gab es nicht. Was Nutzer*innen nicht physisch in den
       eigenen Händen halten, können sie also vielleicht nicht kaputt machen,
       dauerhaft sicher ist es deswegen aber trotzdem nicht.
       
       3 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://support.microsoft.com/en-us/help/4497396/books-in-microsoft-store-faq
   DIR [2] /Kommentar-SimCity/!5071642
   DIR [3] /Kopierschutzchaos-vom-Feinsten/!5159514
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Helena Werhahn
       
       ## TAGS
       
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