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       # taz.de -- Polizei-Falschmeldung über Türknauf: „Immenser Schaden für die Friedel“
       
       > Mitglieder des Friedel54-Kollektivs klagen wegen einer Twitter-Lüge gegen
       > die Polizei. Ihre Anwältin will der Polizei Grenzen aufzeigen.
       
   IMG Bild: Polizisten räumen eine Sitzblockade vor der Friedel54
       
       taz: Frau Gilsbach, während der [1][von Protesten begleiteten Räumung] des
       Neuköllner Kiezladens [2][Friedelstraße 54] im Juni 2017 twitterte die
       Polizei von einer „Lebensgefahr für unsere Kollegen“, da der Handknauf
       einer Kellertür „unter Strom gesetzt“ worden sein soll. [3][Die Meldung war
       falsch]. Nun haben Sie für zwei Mitglieder des Friedel54-Vereins Klage beim
       Verwaltungsgericht eingereicht. Was wollen Sie erreichen? 
       
       Anna Gilsbach: Unser Kernanliegen ist die Feststellung der
       Rechtswidrigkeit. Wir wollen, dass das Gericht sagt, dass die Polizei nicht
       befugt ist, auf diese Weise zu kommunizieren. Ebenso wollten wir, dass der
       Tweet gelöscht wird. Das hat die Polizei unmittelbar nach Einreichung der
       Klage getan, weswegen sie jetzt argumentiert, dass unsere Klage unzulässig
       sei.
       
       Wem ist durch die Meldung Schaden entstanden? 
       
       Es klagen ein Vereinsvorstand und der Pressesprecher des
       Friedel-Kollektivs. Der Tweet behauptet, dass die Tür unter Strom gesetzt
       wurde; verbunden mit dem Räumungsgeschehen zu dieser Zeit, und dem Hashtag
       #Friedel54 wird suggeriert, dass jene dafür verantwortlich seien, die den
       Kiezladen verteidigten. Der Schaden für das Kollektiv war immens. Ab diesem
       Zeitpunkt ging es in der Öffentlichkeit nicht mehr um das Projekt.
       Stattdessen musste sich das Kollektiv gegen den Vorwurf verteidigen,
       Polizisten schaden zu wollen.Das sind Grundrechtseingriffe, die nicht
       gerechtfertigt sind. Einerseits ist das ein Eingriff in das allgemeines
       Persönlichkeitsrecht: Die Friedel-Verteidiger und ihr Anliegen wurden
       diskreditiert. Andererseits ist es ein Eingriff in die Versammlungs- und
       Meinungsfreiheit. Mögliche Teilnehmer der Proteste wurden abgeschreckt.
       
       Obwohl die Polizei [4][etwa eine Stunde nach dem Tweet wusste, dass ihre
       Aussage nicht stimmte], korrigierte sie die Meldung erst am nächsten Tag. 
       
       Richtig, und das reicht nicht, um die Verletzung ungeschehen zu machen oder
       auszugleichen. Der zeitliche Abstand war zu groß, um an dem vermittelten
       Bild noch etwas zu verändern. Es wurde weder eindeutig gesagt, dass niemand
       etwas unter Strom gesetzt hatte, noch ein Bezug zum Ursprungstweet
       hergestellt. Es war salopp informiert und für die eigentlichen Hintergründe
       musste man noch ein Dokument anklicken. Demzufolge fand diese
       Richtigstellung auch viel weniger Verbreitung als der Tweet zuvor.
       
       Diverse Medien übernahmen den Tweet der Polizei ungeprüft und strickten
       damit ihre Sensationsstorys. Ist das von der Polizei so intendiert? 
       
       Die Polizei hat ein eigenes Social Media Team, da sitzen geschulte Leute.
       Die wissen, welche Wirkung sie erzielen und denen musste bewusst sein, dass
       das eine brisante Meldung ist. Das war ein gefundenes Fressen für
       klassische Medien, Boulevardmedien und vor allem den ganzen rechten
       Bodensatz in den sozialen Medien. Die Bild sprach von einem „Mordversuch“,
       auch AfDler griffen es auf. Während die Polizei anderen Falschmeldungen
       sofort widersprach, ließ sie dies bis zum Folgetag unkommentiert geschehen.
       
       Die Polizei versucht mit ihren Tweets in Echtzeit auf die öffentliche
       Meinungsbildung einzuwirken. Darf Sie das? 
       
       Die Polizei ist der Staat und ist nicht dazu aufgerufen, sich an
       öffentlicher Meinungsbildung zu beteiligen. Sie darf sachlich und neutral
       informieren, Tatsachen müssen zutreffend wiedergegeben werden, Werturteile
       sind ihr nur sehr, sehr begrenzt erlaubt. Nichts davon ist hier passiert.
       
       Gab es schon einmal den Versuch, die Rechtswidrigkeit einer
       Polizei-Kommunikation auf Twitter feststellen zu lassen? 
       
       Es gab z.B. eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Da hat die
       Polizei Fotos bei einer Versammlung gemacht und für Social Media genutzt.
       Die identifizierbaren Personen hatten kein Problem, ihre Klagebefugnis zu
       belegen. Das ist in vielen anderen Fällen viel schwieriger und auch bei uns
       jetzt der Streitfall. Die Polizei argumentiert, dass die Kläger nicht
       identifizierbar und demnach nicht direkt betroffen seien.
       
       Könnte ein Urteil Auswirkungen auf die zukünftigen Twitter-Aktivitäten der
       Polizei haben? 
       
       Das will ich doch hoffen. Als Anwältin will ich die Rechtsprechung mit
       formen, und zwar eine, die der Polizei Grenzen aufzeigt.
       
       30 Jul 2019
       
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