URI: 
       # taz.de -- Verzaubert von den Gurls
       
       > Der Auftakt zum viertägigen A L'Arme! Festival im Säälchen am Holzmarkt
       > mit den Gurls, Greg Fox und dem Free-Jazz-Rap Kollektiv Anguish entsprach
       > ganz dem Motto der 7. Festivalausgabe „Chaos und Musik“
       
   IMG Bild: Saxofonistin und Komponistin Hanna Paulsberg, Sängerin Rohey Taalah und Kontrabassistin Ellen Andrea Wang von den Gurls
       
       Von Annina Bachmeier
       
       Die Musikerinnen der norwegischen Band Gurls sagen über sich selbst, dass
       sie durch eine gemeinsame Leidenschaft für das Jodeln zueinandergefunden
       haben. Leider, erzählt Saxofonistin und Komponistin Hanna Paulsberg am
       Mittwochabend auf der Bühne des Säälchen am Holzmarkt, seien weder sie noch
       ihre beiden Bandkolleginnen Sängerin Rohey Taalah und Kontrabassistin Ellen
       Andrea Wang, besonders begabte Jodlerinnen gewesen. Also hätten sie sich
       schweren Herzens entschieden, stattdessen Jazz zu machen.
       
       Gurls eröffnen als mittlerer Akt zwischen dem US-amerikanischen
       Experimental-Drummer Greg Fox und dem Free-Jazz-Rap-Kollektiv Anguish, das
       viertägige A L'Arme! Festival, das in diesem Jahr zum siebten Mal
       stattfindet. Mit ihrem soul-jazzigen Sound und der wunderschönen Stimme von
       Rohey Taalah sticht der Auftritt von Gurls an diesem Abend klar aus den
       teilweise etwas langatmigen Performances von Greg Fox und Anguish hervor.
       
       Die Songs von Gurls, die größtenteils von Hanna Paulsberg geschrieben
       wurden, handeln hauptsächlich von Boys, wie die Band gleich zu Beginn ihres
       Auftritts ankündigt. Da gibt es zum Beispiel einen Track namens „Pork Chop
       Lover“ über einen sehr großen, sehr dicken Österreicher, der sehr gut
       kochen konnte und in den Hanna Paulsberg vor ein paar Jahren verliebt war.
       
       Abgesehen von den witzigen Inhalten haben die Tracks einen Klang, bei dem
       die Stimme von Rohey Taalah, der Kontrabass und das Saxofon auf nahezu
       unwirkliche Weise harmonisierend zusammenfließen und über dem roten Licht
       im Säälchen am Holzmarkt zu schweben scheinen. Das Publikum des A L’Arme!
       Festivals bewegt sich zwar nicht besonders viel, scheint aber trotzdem
       verzaubert von Gurls.
       
       Greg Fox, der erste Akt des Abends, sitzt allein hinter seinem Schlagzeug
       in der Mitte der Bühne und kündigt gleich zu Beginn seines Auftritts an,
       dass er heute erst aus New York City eingeflogen sei und seit Längerem
       nicht mehr geschlafen habe. Vielleicht ist das der Grund für seine etwas
       schlafwandlerische Aura, vielleicht gehört dieses Schlafwandlerische aber
       auch zu seinem Stil. Wenn man das Säälchen betritt, surren die Beats von
       Greg Fox’ Schlagzeug, vermischt mit elektronischen Elementen, spiralförmig
       durch den Raum und erzeugen eine surrealistische Stimmung, in der man sich,
       verstärkt noch durch den Regen, der sinflutartig an den Panoramafenstern
       des Raums herabströmt, wie in einem Aquarium fühlt.
       
       Greg Fox hat als Schlagzeuger der Metalband Liturgy angefangen, sich dann
       aber nach einer persönlichen Lebenskrise musikalisch Elektro und Jazz
       zugewandt, wobei das Schlagzeug, das sonst eher Begleitinstrument ist, bei
       ihm im Mittelpunkt der Musik steht. Gegen Ende der eineinhalbstündigen
       Performance wird die Zeit, die nur mit experimentellem Elektro-Schlagzeug
       gefüllt ist und teils an den Klang von Videospielwelten erinnert, sehr
       lange. So ist man froh, als Greg Fox zum letzten Mal auf die Trommeln
       schlägt, um dann zerstreut von der Bühne zu gehen.
       
       Das Schlusslicht des ersten A L’Arme! Festivalabends bildet der Auftritt
       von Anguish. Will Brooks rappt dabei düster-apokalyptische Lyrics auf den
       Sound des Saxofons von Mats Gustafsson, der seinerseits eine
       Free-Jazz-Performance hinlegt, bei der sich das Saxofon anhört wie die
       letzten verzweifelten Atemzüge von etwas Sterbendem, an der Wand der Bühne
       hinter Anguish wird die dystopische Stimmung ihrer Musik zusätzlich
       untermalt von der Videoinstallation eines Totenkopfs, in dem sich ein Wurm
       windet.
       
       Ein Abend, der sich fraglos ganz dem Motto des A L’Arme! Festivals „Chaos
       und Musik“ verschrieben hat.
       
       2 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Annina Bachmeier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA