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       # taz.de -- Arme und reiche Familien: Trügerische Distinktionen
       
       > Kinder aus reichen Familien schneiden oft besser ab, weil die Mittel zur
       > Förderung da sind. Für die anderen muss es deshalb kostenlose Angebote
       > geben.
       
   IMG Bild: Kein Pipifax: Weniger Geld für Bildung und Kultur bedeutet für Kinder meistens den sozialen Abstieg
       
       Der Trend ist bedrückend: das bestverdienende Zehntel der Bevölkerung
       verfügt über immer höhere Einkommen und gibt entsprechend mehr Geld für den
       Nachwuchs aus, jedenfalls in der Zeitspanne von 2003 bis 2013, die der
       Paritätische Gesamtverband untersuchte. Beim ärmsten Zehntel hingegen sind
       die Einkommen preisbereinigt etwas geschrumpft, entsprechend weniger Geld
       wurde für die „soziale Teilhabe“ der Kinder, also Freizeit, Kultur,
       Bildung, Reisen, verwendet.
       
       Das ist kein Pipifax, denn Teilhabe, Bildung hat was mit
       Persönlichkeitsentwicklung zu tun und nie lernt man so leicht wie in der
       Kindheit. Das heißt nicht, dass man die Standards der höheren Mittelschicht
       dazu nicht kritisch beäugen sollte. Sie setzt immer höhere Maßstäbe für
       eine angeblich weitläufige Persönlichkeitsentwicklung und baut damit auch
       Distinktionen, also Abgrenzungen nach unten, auf.
       
       Zu diesen Standards gehören privat bezahlte Sprachkurse, teure
       Auslandsaufenthalte für die Kinder. Wobei übrigens gerne unterschlagen
       wird, dass etwa Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund schon über
       ziemlich konkrete Globalisierungserfahrungen verfügen, erst recht, wenn sie
       Teil einer Fluchtgeschichte sind. Diese Globalisierungserfahrung wird im
       Lebenslauf-Design hierzulande aber weniger hoch gewertet als ein
       USA-Aufenthalt des Nachwuchses mit Schulbesuch.
       
       Bitter ist der Verzicht auf Bildung, weil sie später nur mühsam nachgeholt
       werden kann. Es ist daher richtig, wenn der Paritätische fordert, dass
       ärmere Familien ihren Nachwuchs gebührenfrei zum Musik- oder
       Sportunterricht schicken können. Wer Klavier und Noten lernen will, darf
       davon nicht aus Geldgründen ausgeschlossen werden. Wer sein Englisch
       verbessern will, sollte die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts während
       der Schulzeit bekommen.
       
       Nur aufgrund der Finanzausstattung des Elternhauses im späteren Leben
       bestimmte Bildungsmerkmale aufweisen zu können, das sind übrigens auch
       trügerische Distinktionen – die eine eigene Leistung vortäuschen, wo es
       diese so nicht gibt.
       
       2 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
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