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       # taz.de -- Einigung im Sudan: Finaler Durchbruch, hoffentlich
       
       > Nach mehreren Anläufen steht jetzt endlich die Vereinbarung über eine
       > zivile Übergangsregierung bis zu freien Wahlen im Sudan. Es wird
       > gefeiert.
       
   IMG Bild: Der AU-Gesandte Mohamed Hacen Lebatt und Protestführer Ahmad al-Rabiah umarmen sich
       
       Nairobi taz | Wieder einmal haben die herrschenden Militärs und die zivile
       Opposition in Sudan ein Abkommen über eine gemeinsame Übergangsregierung
       erzielt. Dieses Mal wurden Änderungen in der Verfassung dafür vereinbart.
       Es soll die letzte Abmachung sein für die praktische Bildung einer
       Regierung, die das Land bis zu Wahlen in drei Jahren führen soll.
       
       Nach seiner Verkündung am Samstag wurde das Abkommen am Sonntag paraphiert,
       in zwei Wochen soll es in Anwesenheit von Regierungschefs aus der Region
       mit Unterschriften bestätigt werden.
       
       Das Abkommen kommt vier Monate, nachdem Sudans Diktator Omar Hassan
       al-Bashir durch seine eigene Armee gestürzt wurde, nach anhaltenden
       Straßenprotesten und Hunderten von Toten. Die Bevölkerung hat es mit Jubel
       begrüßt.
       
       „Aber wir wissen auch, dass wir nicht alle Wünsche der Bevölkerung erfüllen
       konnten“, sagt Madani Abbas Mandani von der wichtigsten
       Oppositionskoalition FCC (Forces of Freedom and Change). „Es gibt viele
       Herausforderungen für die Zukunft nach 30 Jahren Militärdiktatur von
       Bashir.“
       
       ## Miliz unter Armeekommando
       
       Einer der wichtigsten Punkte für die Opposition war die Zukunft der Rapid
       Support Forces (RSF), die gefürchtete Miliz von General Mohamed Hamdan
       Dagalo, besser bekannt als Hametti. Die RSF ist verantwortlich für die
       meisten Toten unter den Zivilisten in den letzten Wochen.
       
       Die Miliz wird jetzt unter das Kommando der Armee gestellt – wobei dies auf
       dem Papier bereits der Fall ist. „Es ist eine private Miliz, die in der
       Realität nicht unter einer anderen Autorität stehen wird als die von
       Hametti. Das war schon so unter Bashir und wird wahrscheinlich so bleiben“,
       meint Magdi el-Gizouli, ein sudanesischer Akademiker und Mitarbeiter des
       Rift Valley Institute, der in Deutschland lebt.
       
       Die RSF ist besser bewaffnet als die Armee, weil Bashir für sie mehr Geld
       freimachte. RSF-Führer Hametti verfügt selbst über große finanzielle
       Mittel, weil er einen beträchtlichen Teil seiner Miliz für viel Geld an
       Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausleiht, um auf deren
       Seite in Jemen zu kämpfen.
       
       Sudans ebenfalls gefürchteter Geheimdienst NISS, der nicht nur Information
       sammelt, sondern auch eine eigene bewaffnete Abteilung unter anderem mit
       Scharfschützen hat, wird vom souveränen Übergangsrat kontrolliert werden,
       der zukünftigen höchsten Macht im Land.
       
       So ein Rat war schon vor einem Monat vereinbart worden. Es werden darin
       sowohl Opposition als auch das Militär jeweils fünf Vertreter stellen. Ein
       elftes Mitglied des Rats wird nach Übereinstimmung beider Seiten
       installiert, wird aber kein Militärangehöriger sein.
       
       ## Regierung aus Zivilisten
       
       Die Opposition wird einen Premierminister vorstellen, den der Rat
       bestätigen muss. Diese Person wird dann eine Regierung aus Zivilisten
       bilden, mit Ausnahme des Innen- und des Verteidigungsministeriums, die vom
       Militär geführt werden.
       
       Die Opposition wird auch 300 Abgeordnete für das Übergangsparlament
       benennen. Davon wird die FCC 67 Prozent stellen, der Rest geht an
       existierende politische Parteien, die nicht mit dem ehemaligen
       Bashir-Regime in Verbindung stehen.
       
       Sudan braucht dringend eine Regierung. Das Land ist seit Bashirs Sturz
       Anfang April ohne Führung und die Lage der ohnehin kaputten Wirtschaft ist
       noch schlechter geworden. Es mangelt an allem.
       
       Obwohl die Abkommen jetzt Hoffnung bieten, werden erst die kommenden drei
       Jahren beweisen, ob beide Seiten zusammenarbeiten können. „Es gab viel
       Druck auf beide Seiten, etwas zu unterschreiben: die Unterhändler drängten
       und die öffentliche Meinung wollte Vereinbarungen“, sagt Akademiker
       el-Gizouli. „Aber wie das in der Praxis funktioniert, ist eine ganz andere
       Frage.“
       
       5 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ilona Eveleens
       
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