URI: 
       # taz.de -- Geschicklichtkeitsradfahren: Über Quader rollen
       
       > Nina Reichenbach ist eine der erfolgreichsten Radsportlerinnen der
       > Gegenwart. Bei den Trial-Finals in Berlin hat sie kaum Konkurrenz.
       
   IMG Bild: Abseits jeden Radwegs: Nina Reichenbach
       
       Aus der Ferne betrachtet, würde man hier ein größeres Kinderfest vermuten.
       Überdimensionierte Klötzchen in verschiedenen Formen und satten Farben sind
       auf dem Parkplatz am Berliner Jahnsportpark scheinbar recht wild verteilt
       worden. Es ist einer von drei Parcours der Deutschen Trial-Meisterschaft.
       Aus Steinfelsen und Baumstämmen bestehen die beiden benachbarten Sektionen.
       In halbjähriger Vorbereitungszeit ist das Wettkampfgelände, welches die
       Fahrradartisten zu bewältigen haben, konzipiert und umgesetzt worden,
       erzählt Konstrukteur Frank Drygalla.
       
       Nicht nur wegen dieser gelben, blauen, roten und grünen Klötzchen ist die
       Trial-DM der Farbtupfer der Berlin Finals, bei der unter der Regie der
       beiden großen öffentlich-rechtlichen TV-Sender erstmals zehn Sportarten für
       die Austragung ihrer nationalen Meisterschaften gebündelt wurden.
       
       Trial ist dabei die einzige nichtolympische Sportart. Und die erst
       20-jährige und schon dreifache Weltmeisterin Nina Reichenbach wird medial
       ansonsten nicht von ARD und ZDF, sondern vornehmlich vom Mühlacker Tagblatt
       in ihrer badischen Heimat nahe Pforzheim begleitet. Das TV-Publikum und die
       etwa 300 Zuschauer vor Ort in Berlin können sich am Samstagmorgen ein
       umfassendes Bild von der nationalen Trial-Frauenkonkurrenz machen.
       
       ## Nur drei Mitstreiterinnen
       
       Drei Mitstreiterinnen um den Titel hat Reichenbach. „Es gibt auch nicht
       mehr Fahrerinnen in Deutschland“, sagt Reichenbach, nachdem sie geradezu
       spielerisch leicht mit ihrem Rad über Stock und Stein und die bunten
       Pressspanplattenquader gehüpft ist. Nur an einem Hindernis bleibt sie
       punktlos, weil sie mit dem Bein absetzen muss. Ihre Klasse, ihre extreme
       Sprungkraft und ihr Balancegefühl, wird vor allem durch die zahlreichen
       Fehlversuche der anderen deutlich.
       
       Doch wie hat es eine Sportart mit einer teils an einer Hand abzuzählenden
       Konkurrenz in den Elitekreis der Berlin Finals geschafft? Reichenbach sagt:
       „Ehrlich gesagt weiß ich das nicht. Ich denke, Frank Drygalla und seine
       Frau Ida haben den Sport auch durch die Organisation des Weltcups letztes
       Jahr in Berlin sehr gut gepusht.“ Der Parcoursbauer Drygalla, im Verband
       für Trial in Ostdeutschland zuständig, vermutet auch, dass dieses Event,
       das vom Radsport-Weltverband UCI als bester „World Cup 2018“ ausgezeichnet
       wurde, ausschlaggebend war.
       
       Trial wird in den letzten Jahren gern mit dem Beiwort „Trendsport“
       versehen, dabei liegen die Anfänge der Sportart in den 1970er Jahren als
       Ableger des Motorrad-Trials. Hip geworden sind die Balancierkünstler auf
       den sattellosen Rädern insbesondere bei männlichen Nacheiferern durch
       Streettrial-Größen wie den Schotten Danny Mac Askill und den Österreicher
       Fabio Wibmer, deren YouTube-Filmchen im Internet millionenfach geklickt
       werden.
       
       „Für Fahrerinnen ist der Sport nicht ganz so attraktiv“, sagt Drygalla.
       Lange Zeit war Nina Reichenbach auch geschlechtsübergreifend eine
       Ausnahmeerscheinung. „Bis ich 14 Jahre alt war, habe ich die Jungs noch
       abgezogen.“ Jugendweltmeisterin etwa wurde sie in diesem Alter in der
       geschlechtsübergreifenden Konkurrenz. Aber als bei den Jungs die Kraft
       dazugekommen sei, habe sie keine Chance mehr gehabt.
       
       Reichenbach glaubt, dass Trial auch bei den Frauen eine große Zukunft
       bevorsteht. „Der Sport wird durch solche Veranstaltungen wie heute immer
       bekannter.“ Sie kann sich vorstellen, dass Trial bald Bestandteil von noch
       größeren Veranstaltungen wie Olympia wird. „Das ist auf jeden Fall ein Ziel
       und ich denke, das ist auch gut möglich.“
       
       4 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
   DIR Deutsche Meisterschaft
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
   DIR Randsport
   DIR Radsport
   DIR Randsport
   DIR Prenzlauer Berg
   DIR Trendsport
   DIR Feminismus
   DIR Giro d’Italia
   DIR Desert Dash
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Erste Roundnet-WM in Belgien: Vom Park in die Weltspitze
       
       Roundnet professionalisiert sich rasant. Am Donnerstag beginnt die erste
       Weltmeisterschaft. Die deutschen Frauen rechnen sich Titelchancen aus.
       
   DIR Streit um Berliner Jahnsportpark: Welches Stadion hätten Sie gern?
       
       Der Senat will das Jahnstadion abreißen, ohne zu wissen, was danach kommt.
       Das sorgt für Ärger. Grüne wollen zuerst die anderen Flächen sanieren.
       
   DIR Parkour: mehr als filmbares Spektakel: Springen, um zu lernen
       
       Die Schule ParkourOne nutzt den Sport als Bildungskonzept. Das soll
       Selbstverantwortung, Teamwork, Problemlösung lehren.
       
   DIR Frauen bei der Tour de France: Nur Frühsport
       
       Am Freitag haben die Profiradfahrerinnen ihren eintägigen Auftritt bei der
       Tour de France. Einer ganzen Rundfahrt steht vieles im Weg.
       
   DIR Einzige Trainerin beim Giro d’Italia: Ein revolutionäres Duo
       
       Richard Carapaz führt als erster Ecuadorianer den Giro d’Italia an. Er wird
       von Iosune Murillo trainiert – der einzigen Frau im World-Tour-Bereich.
       
   DIR Radrennen in Namibia: Ab in die Wüste
       
       Der „Desert Dash“ in Namibia ist wohl das härteste Eintagesrennen für
       Mountainbiker. Es fehlt die Förderung eigener Talente.