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       # taz.de -- Rassismus bei Wien-Konzert: Jazz-Star verlässt die Bühne
       
       > Der Jazzmusiker Kamasi Washington brach sein Konzert in Wien mit einem
       > Statement ab. Sein Vater sei von der Security rassistisch behandelt
       > worden.
       
   IMG Bild: Kamasi Washington weiß, wie er mit Rassismus umgeht: Ein Statement-Song und tschüss
       
       Ein Musiker, der auf die Bühne kommt, um ein Statement abzugeben, einen
       Song spielt und die Bühne wieder verlässt – der Konzertabend von Kamasi
       Washington Montagabend in Wien war anders geplant. Der afroamerikanische
       Jazz-Musiker brach seine Show ab, da es kurz davor einen Zwischenfall gab,
       den er als Rassismus deutete.
       
       Gemeinhin gehen Menschen auf ein Konzert, um eine gute Zeit zu haben, doch
       manchmal wird die kurze Flucht vor dem Alltag doch eher zu einer erneuten
       Konfrontation mit der Realität. Der Schwarze Musiker reiste mit seiner Band
       an, der auch sein Vater, der Saxofonist Rickey Washington, angehört. Laut
       Berichten, versuchte der Vater des Musikers Zutritt zur Konzert-Location zu
       erlangen, ohne sich ausweisen zu können. Daraufhin hielt ihn ein Security
       vom Eintritt ab und eine hitzige Diskussion war die Folge.
       
       In einem Statement vom Veranstaltungsort, der Arena Wien, heißt es: „Die
       Situation hat sich bedauerlicherweise hochgeschaukelt und beide Parteien
       sind unnötig laut geworden. Nach einem ca. 10-minütigen Streitgespräch und
       mehrmaliger Versuche die Halle zu betreten, kam es zu einem gegenseitigen
       Anrempeln zwischen Kamasi Washingtons Vater und einem
       Arena-Security-Mitarbeiter. Es wurden keine Personen geschlagen oder
       verletzt und niemand ist gestürzt.“
       
       Zumindest ab hier dürfte sich die Sichtweise auf die Geschehnisse spalten,
       denn während die Arena Wien noch keinen Rassismus erkennen will, aber
       dennoch beteuert solche Vorfälle aufzuarbeiten, zeigt Kamasi Washington
       klar, was er von den Geschehnissen hält. Der Musiker, der für seine
       Black-Power-Botschaften bekannt ist, stellt sich auf die Bühne, erklärt,
       dass er die Show unter solchen Umständen nicht spielen wird und beendet das
       Konzert nach nur einem Song mit dem bezeichnenden Titel „Truth“. Über Nacht
       verbreiteten sich diese Nachrichten über Social Media und ein
       Rassismusvorwurf steht im Raum.
       
       ## Schon der zweite Zwischenfall
       
       Derartige Vorwürfe sind für Österreich nicht neu. Erst im April sagte der
       britische Rapper Stormzy spontan seinen Auftritt beim Snowbombing, einem
       Festival in Tirol, ab. Seinen Angaben zufolge, weil seine Schwarzen
       Begleiter auf Waffen durchsucht worden waren, während weiße Menschen im
       selben Gebäude keine Durchsuchung erleben mussten. Er stellte Racial
       Profiling klar in den Raum, eine Praxis in der nicht-weiße Menschen
       aufgrund ihres Aussehens unter Generalverdacht stehen, während weiße
       Menschen als nicht-kriminell, nicht-gefährlich und nicht-problematisch
       eingestuft werden.
       
       Was sich genau zugetragen hat und ob die Auseinandersetzung rassistische
       Untertöne hatte, können nur die Beteiligten beantworten. Fakt ist, dass es
       für Unbeteiligte fast nicht möglich ist, hier ein klares Urteil zu fällen,
       oder gar von Wahrheit zu sprechen. Besonders weil Beurteilungen, ob etwas
       rassistisch ist, oft sehr unterschiedlich ausfallen können. Der Umgang mit
       dem Thema zeigt jedoch spannende Facetten auf.
       
       Betroffene, die bereits Erfahrung mit Rassismus gemacht haben, erscheint es
       nicht abwegig, dass hinter einer solchen Auseinandersetzung rassistische
       Motive liegen. Denn Rassismus äußert sich nicht immer in klaren
       Übergriffen, sondern oft auch schon in Zwischen- und Untertönen und
       gewissen Denkweisen, die Handlungen beeinflussen. Rassismus muss nicht
       immer böse gemeint oder bewusst ausgeübt sein. Menschen, die diese
       Erfahrung selbst noch nie gemacht haben, bewerten rassistische
       Zwischenfälle deshalb oft anders.
       
       Vorfälle, wie jener am Montagabend beim Wiener Konzert von Kamasi
       Washington können Anlässe sein, das Thema neu zu reflektieren. Denn wenn
       zwei Schwarze Musikstars innerhalb weniger Monate ähnliche Erfahrungen in
       Österreich machen und anprangern, dann sagt das etwas über diese
       Gesellschaft aus.
       
       9 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Vanessa Spanbauer
       
       ## TAGS
       
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