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       # taz.de -- Färöischer Walfang: Das „Grindadráp“ geht weiter
       
       > Dutzende Wale sind vor den Färöern an Land getrieben und getötet worden.
       > Bereits das zehnte Mal in diesem Jahr. Ein Ende ist nicht in Sicht.
       
   IMG Bild: Auch für die Einheimischen eine ungesunde Tradition: Grindwale schlachten und essen
       
       Berlin taz | Nein, verstehen kann das auf den ersten Blick kaum jemand, der
       nicht von den Faröern stammt, wie man dort den „Grindadráp“ (das Töten von
       Grindwalen) gutheißen kann. Und doch geschieht es Jahr für Jahr im Sommer
       erneut. Meistens ist es eine hohe dreistellige Anzahl an Grindwalen, die
       die Bewohner der zu Dänemark gehörenden Färöer-Inseln im Jahr schlachten.
       2018 waren es 607 Grindwale. Jetzt kamen erneut 23 der Tiere um, meldet die
       Umweltschutzorganisation [1][Sea Shepherd] auf Facebook.
       
       Dabei gehören die Färöer zum Königreich Dänemark, dieses ist Mitglied der
       Europäischen Union: Jegliche Art von Walfang ist hier strengstens verboten.
       Doch Dänemark will offenbar nicht mit der Inselgruppe im Nordatlantik
       streiten und die dortige Unabhängigkeitsbewegung anheizen. Auch die EU übt
       wegen der Tierrechtsverletzungen keinen Druck auf Kopenhagen aus.
       
       Zuletzt wurde 2014 ein größerer Grindadráp verhindert: Unter anderem hatten
       die Tierschützer vom deutschen Wal- und Delfinschutzforum (WDSF) Sender vor
       die Küste der Färöer angebracht, die die Grindwale durch Störsignale
       abhalten sollen. Am Ende des Jahres belief sich die Bilanz auf „nur“ 48
       getötete Tiere. Die Jahre darauf stieg die Anzahl wieder an, es fehlten
       Spendengelder für die Sender. Mit dem zehnten Grindadráp in diesem Jahr
       sind es 543 getötete Tiere, meldet Sea Shepherd.
       
       Niemand weiß auf den Färöern genau, wann Grindwale vor ihre Küste kommen,
       es ist stets Zufall. Laut dem Nachrichtenmagazin Newsweek gibt es eine
       Meldepflicht aller Einwohner an die Behörden, falls diese eine
       Grindwalschule sichten. Wer sich nicht daran hält, muss bis zu 3.000 Euro
       Strafe zahlen und geht im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahre ins
       Gefängnis.
       
       ## Langsamer Tod
       
       Ist die Grindwalschule gesichtet und gemeldet, kommen fast alle
       Inselbewohner an die Küste, um mit anzupacken. Angestellte und Schulkinder
       erhalten in der Regel frei, und es wird versucht, viele Boote ins Wasser zu
       bringen. Grindwale werden nur deswegen vor den Färöern gesichtet, weil sie
       dort ihre Hauptnahrungsquelle, die Kalmaren jagen.
       
       Mit Motorboten kesseln die Bewohner die Tiere ein und treiben sie bis an
       die Küste. Grindwalen, die nicht gestrandet sind, wird ein an einem Seil
       befestigter Haken in ihr Blasloch gerammt, mit dem sie bis zur Küste
       geschleppt werden. Zwar wollen die Einwohner laut eigener Aussage die Tiere
       so schnell wie möglich töten, dennoch kursieren auf [2][Twitter] Videos,
       wie die Grindwale minutenlang mit dem Leben kämpfen.
       
       Die Argumente der Färöer sind seit Jahren gleich. Sie beharren auf ihrer
       „Tradition“ und betonen, dass diese Grindwale nicht kommerziellen Zwecken
       dienen. Zwar gibt es wirklich einen Verteilungsschlüssel: Zuerst bekommen
       die Bewohner der Insel, auf der der Wal angelandet wird, den Großteil des
       Fleisches, der Rest wird auf die 16 weiteren Inseln verteilt.
       
       Doch laut Sea Shepherd landen die Tiere regelmäßig auch auf Speisekarten in
       Restaurants und werden somit anderen Besuchern der Insel zugänglich
       gemacht. Dabei kann ihr Fleisch gefährlich sein: Da die Tiere an der Spitze
       der Nahrungskette stehen, enthält Grindwalfleisch größere Mengen von unter
       anderem Arsen, Zink oder Quecksilber. Eine [3][Studie] der
       Artenschutzorganisation Pro Wildlife zeigte, dass der Konsum von Wal- und
       Delfinfleisch bei Menschen unter anderem zu Sprachstörungen, Parkinson und
       Diabetes führen kann. Im Jahr 2008 hatte das färöische Gesundheitsamt schon
       gewarnt, dass das Fleisch von Grindwalen aufgrund zu hoher Mengen
       Quecksilber und anderer Schadstoffe nicht für den menschlichen Verzehr
       geeignet ist.
       
       7 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.facebook.com/OpBloodyFjords/videos/499492453951766/
   DIR [2] https://twitter.com/Fr9266/status/1031603492841029637
   DIR [3] https://www.prowildlife.de/pressemitteilungen/wale-iwc-gesundheitsrisiken-quecksilber/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jaris Lanzendörfer
       
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