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       # taz.de -- Überlastete Behörde in Bremen: Warten aufs Wohngeld
       
       > Der Stapel unbearbeiteter Anträge auf Wohngeld beim Bausenator wird
       > kleiner – aber immer noch warten Menschen seit über einem halben Jahr auf
       > Geld.
       
   IMG Bild: In Bremen warten viele Menschen sechs Monate und länger auf ihren Bescheid
       
       Bremen taz | Die Zahl derjenigen, die viele Monate auf ihren
       Wohngeld-Bescheid warten müssen, nimmt ab. Stapelten sich zum ersten März
       noch 2.434 seit über drei Monaten unbearbeitete Anträge in der
       [1][Wohngeldstelle], waren es zum 1. August nur noch 1.475. Ein Rückgang um
       33 Prozent. Doch als Erfolgsmeldung möchte er das nicht lesen, sagt Arne
       Sünnemann, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung beim Bausenator und damit
       auch Chef der Wohngeldstelle. Dafür gebe es immer noch zu viele Menschen,
       die zu lange warten müssten. „Das ist ein echtes Problem.“
       
       Was es bedeutet, wenn jemand ein halbes Jahr und länger kein Wohngeld
       ausbezahlt bekommt, weiß Tobias Helfst. Er arbeitet als Berater beim
       [2][Bremer Erwerbslosenverband] in Gröpelingen. Seit zwei, drei Jahren sei
       das Thema Wohngeld „ein Dauerbrenner“ in der Beratung. Betroffen seien vor
       allem Rentner*innen und Geringverdiener*innen. Er kennt Leute, die einen
       Antrag gestellt haben – und zwei Jahre später ihren Bescheid bekamen, dass
       ihnen Geld zusteht. „Viele leihen sich etwas, um die Zeit zu überbrücken“,
       sagt Helfst. „Ich kenne aber auch manche, vor allem Ältere, die hungern.“
       Er ist deshalb dazu übergegangen, der Wohngeldstelle mit einer
       Untätigkeitsklage zu drohen. Zwei, drei Mal im Monat mache er dies, „das
       klappt immer“.
       
       Auch Melanie Mikoleit, Sozialberaterin bei der [3][Solidarischen Hilfe] in
       der Neustadt, hat diese Erfahrung gemacht. Zu ihr kam gerade eine
       Alleinerziehende, die seit elf Monaten auf ihren Bescheid wartete – und
       dann auf ihren Rat mit der Klage drohte, die nach sechs Monaten Wartezeit
       möglich ist. „Am nächsten Tag hatte sie den positiven Bescheid.“
       
       Die Frau hatte in den elf Monaten Geld vom Jobcenter bekommen, weil sie so
       wenig verdiente, dass sie einen Anspruch auf aufstockende Leistungen hatte.
       Allerdings, sagt Mikoleit, sei das Wohngeld wie in ihrem Fall fast immer
       höher als das, was das Jobcenter auszahlen darf. Entscheidend sei aber
       meistens gar nicht das Geld, sagt sie. „Viele sind einfach froh, wenn sie
       nicht mehr ins Jobcenter müssen, weil sie dort schlechte Erfahrungen
       gemacht haben.“
       
       Und dann gebe es diejenigen, deren Rente oder Einkommen etwas zu hoch ist,
       um einen Anspruch auf Sozialleistungen nach Hartz IV zu haben – die aber
       dennoch so arm sind, dass ihnen Wohngeld zusteht, nicht selten mehrköpfige
       Familien. „Wir fragen uns ganz oft, wovon die leben, wenn das Wohngeld
       nicht kommt“, sagt eine Kollegin von Melanie Mikoleit aus Bremen Nord.
       
       Dabei wissen die Sozialberater*innen, dass die Mitarbeiter*innen der
       Wohngeldstelle keine Schuld trifft. Wie viele Bremer Behörden war die
       Abteilung zu lange zu schlecht besetzt und hatte – auch als Folge dieses
       Umstands – mit einem hohen Krankenstand zu kämpfen. Der habe sich immerhin
       halbiert, sagt ihr Chef, Arne Sünnemann. Und: „Wir sind auf dem richtigen
       Weg, aber am Ziel erst, wenn niemand mehr so lange warten muss.“
       
       Erst im Mai hatte der Senat einen Maßnahmenplan vorgelegt, um die
       Wartezeiten zu verkürzen. Dazu zählte eine Umstellung des
       Bearbeitungssystems, Samstagsarbeit und eine deutliche Personalaufstockung.
       Zum 1. August hätten zehn neue Mitarbeiter*innen angefangen, deren
       Einarbeitung allerdings noch Zeit in Anspruch nehmen werde, sagt Sünnemann.
       
       Wohngeld können nicht nur Mieter*innen, sondern auch Eigentümer*innen
       beantragen. [4][Wie viel Geld ausgezahlt wird], hängt von der
       Haushaltsgröße, der Miethöhe, dem Einkommen und dem Wohnort ab. Eine
       vierköpfige Familie kann in Bremen maximal 730 Euro bekommen.
       
       Ab kommendem Jahr rechnet die Wohngeldstelle mit einer erneuten Zunahme von
       Anträgen, weil eine Reform des Bundesgesetzes in Kraft tritt, die den Kreis
       der Anspruchsberechtigten vergrößern wird.
       
       8 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bauumwelt.bremen.de/bau/wohngeld-3543
   DIR [2] http://bev-bremen.org
   DIR [3] http://www.solidarische-hilfe.de
   DIR [4] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bauen-wohnen/stadt-wohnen/wohnraumfoerderung/wohngeld/wohngeld-node.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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