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       # taz.de -- Regierungskrise in Italien: Hass und Spiele
       
       > In Italien droht die Machtübernahme der extremen Rechten unter Matteo
       > Salvini. Für das Land bedeutet das: Es geht weiter bergab.
       
   IMG Bild: Fährt er Italien vor die Wand? Der wohl zukünftige Regierungschef Matteo Salvini
       
       Wenn die Rechte nach der Macht greift, braucht es manchmal einen langen
       Atem, geschichtlich gesehen. Im Moment scheint nichts und niemand
       verhindern zu können, dass Italiens Wähler dem [1][starken Mann der
       Stunde], Innenminister Matteo Salvini von der Lega, die „vollen
       Machtbefugnisse“ – eine Art Ermächtigungsgesetz – in die Hand geben
       werden, wie er es für die wohl im Herbst anstehenden Neuwahlen von ihnen
       verlangt.
       
       Am Ende jedoch auch dieses rechtsextremen bis offen faschistischen Projekts
       wird die totale Ernüchterung stehen: Wie beim Zeremonienmeister der
       europäischen Völkischen, [2][Jörg Haider], der die Sache noch eigenhändig
       gegen die Wand fuhr und seine geliebte Heimat Kärnten auf einem
       Milliarden-Schuldenberg sitzen ließ; wie bei seinem sich auf der Partyinsel
       Ibiza als irrwitziger Feind der Demokratie präsentierenden Nachfolger
       [3][Strache]; und natürlich wie bei den Opas dieser Leute, den deutschen
       Nazis und den italienischen Faschisten. Nach der manischen Begeisterung für
       den Führer, den Salvini trotz zahlreicher [4][Skandale] perfekt verkörpert,
       folgt die [5][Bauchlandung] – und man kann für Italien nur hoffen, dass sie
       nicht zu heftig ausfallen wird.
       
       Aber in einem Land, das nach Einschätzung des Historikers Andrea Barbero
       immer noch nur zur Hälfte antifaschistisch und zur anderen Hälfte eben
       faschistisch ist, kann ein solcher Rückfall in die Barbarei immer drohen.
       Ab dem Herbst immerhin wird Salvini sich nicht mehr die rassistischen
       Rosinen herauspicken können, um ein überaltertes, in weiten Teilen von der
       ökonomischen Dauerkrise gebeuteltes und zur Hälfte der organisierten
       Kriminalität überlassenes Italien zu begeistern.
       
       Er wird konkrete Lösungen für die immensen Probleme bieten müssen – das
       allerdings ungestört von jeder Opposition: Die 5-Sterne-Bewegung seines
       Regierungskollegen Luigi Di Maio hat es in Rekordzeit geschafft, sich
       überflüssig zu machen; und die „Demokratische Partei“, die immerhin noch
       über eine stabile Wählerbasis verfügt, konnte sich zuletzt nicht mal auf
       eine gemeinsame Unterschriftensammlung gegen Salvini verständigen.
       
       Sollen es also wieder „die Märkte“ [6][richten], wie beim Loswerden von
       Salvinis kriminellem Vorgänger Silvio Berlusconi? Die Börse reagiert in der
       Tat nervös. Mehr Sorgen muss man sich aber um jene machen, auf deren Rücken
       Salvini seine Politshow abziehen wird: schlicht alle, die in einem
       demokratischen und sozialen italienischen Rechtsstaat leben wollen.
       
       9 Aug 2019
       
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   DIR [4] https://www.tagesschau.de/ausland/salvini-russland-101.html
   DIR [5] https://www.welt.de/geschichte/article175888751/28-April-1945-Mussolini-und-seine-Geliebte-werden-erschossen.html
   DIR [6] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article13715053/Die-Maerkte-haben-Italien-von-Berlusconi-befreit.html
       
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