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       # taz.de -- WWF-Studie zum Artenschutz: Im Wald fehlen die Räuber
       
       > Seit 1970 hat sich weltweit der Wirbeltierbestand in Wäldern halbiert.
       > Die Gründe: Verlust von Lebensräumen, Krankheiten, Klimawandel.
       
   IMG Bild: Schön und nützlich: Wald in Niedersachsen
       
       Berlin taz | In der aktuellen Debatte über Landnutzung, Artenschutz und
       Klimawandel hat der Umweltverband WWF mit einer neuen Studie Alarm
       geschlagen. Demnach sind die weltweiten Bestände der meisten Wirbeltiere,
       die in Wäldern leben, seit 1970 um etwa die Hälfte zurückgegangen.
       
       Grund für den Verlust sind laut der weltweiten Studie „Below the Canopy“
       (Unter den Wipfeln) vor allem die Zerstörung und Abholzung der Wälder und
       damit der Verlust der Lebensräume, aber auch Krankheiten und Klimawandel.
       Der WWF fordert von der Weltgemeinschaft daher, den „Waldnotstand“
       auszurufen, um bald einen „New Deal für Mensch und Natur“ zu schließen, der
       die Naturräume erhält.
       
       In der Studie wurden 268 Wirbeltierarten und 455 Populationen untersucht.
       Dabei arbeitete der WWF mit der UN-Umweltorganisation Unep und der
       Zoologischen Gesellschaft in London zusammen. Das Ergebnis der dreijährigen
       Arbeit: Im Schnitt gingen die Bestände um 53 Prozent zurück. Während die
       Zahl von Säugetieren, Amphibien und Reptilien sank, ist der Trend bei
       Vögeln dagegen positiv.
       
       Besonders groß waren die Verluste in den Tropen, vor allem im
       Amazonas-Regenwald, wo die Entwaldung wieder zunimmt. In den gemäßigten
       Breiten dagegen nahmen sowohl die Waldflächen als auch die Artenvielfalt
       langsam zu: für den WWF ein Indiz, dass nachhaltige Waldpolitik sich auch
       beim Artenschutz auszahlen kann.
       
       ## Wälder sind mehr als Kohlenstoffspeicher
       
       „Wälder sind auf eine intakte Tierwelt angewiesen“, sagte Susanne Winter,
       WWF-Waldexpertin. Sie brauchen Tiere für das Bestäuben und Verbreiten der
       Samen, um Kohlenstoff zu speichern und damit den Klimawandel einzudämmen.
       Aber die Abhängigkeit ist beiderseitig: Auch Tiere brauchen den Wald für
       Nahrung und Schutz. Dabei findet die Studie keinen direkten Zusammenhang
       zwischen der Waldausbreitung und der Artenvielfalt: Auch unter einer
       relativ geschlossenen Baumdecke könne sich die Artenvielfalt verringern,
       wenn das Ökosystem Wald nicht intakt ist.
       
       Die Studie warnt deshalb vor dem „Symptom des leeren Waldes“ und fordert
       mehr Forschung. „Wälder sind unser größter natürlicher Verbündeter beim
       Kampf gegen den Klimawandel“, sagte Winter. Wer die Artenvielfalt und das
       Klima bewahren wolle, müsse die Wälder und die dort lebenden Arten
       schützen.
       
       Ähnlich hatte letzte Woche auch der Weltklimarat IPCC argumentiert. Nach
       dessen Sondergutachten zur Landnutzung sind die Wälder unverzichtbar für
       die Stabilisierung des Klimas, weil sie einen großen Teil des
       menschengemachten CO2 langfristig binden. Der Klimarat warnte allerdings
       auch davor, Wälder nur als Kohlenstoffspeicher zu betrachten und andere
       Funktionen zu vernachlässigen.
       
       Der WWF und andere Umweltschützer richten ihre Aufmerksamkeit besonders auf
       das nächste Jahr. Da sollen die Klimaziele der UN-Staaten verschärft
       werden, wobei auch die Landnutzung eine wichtige Rolle spielen wird.
       Gleichzeitig steht die Welt-Artenschutzkonferenz CBD in China an, bei der
       ein weltweit bindendes Abkommen zum Schutz der Biodiversität angestrebt
       wird. Auf die Bedeutung und Bedrohung der Biodiversität hatte im Frühjahr
       auch der UN-Welt-Artenschutzrat IPBES mit einem großen Sachstandsbericht
       hingewiesen.
       
       Aktuell geht es ab dem Wochenende in Genf um die Realpolitik der
       Artenvielfalt. Bei der regelmäßigen Cites-Konferenz über den Handel mit
       Wildtieren steht wieder einmal der Elfenbeinhandel auf der Tagesordnung,
       ebenso wie Einschränkungen etwa von Seegurken oder Meeresschildkröten. Auch
       soll eine Kooperation mit den Welt-Erbestätten der Unesco Tiere besser vor
       illegalem Handel schützen.
       
       14 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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