URI: 
       # taz.de -- Reisen fast wie Greta Thunberg: Emissionsfrei nach Amerika
       
       > Für ihre USA-Reise nutzt Greta Thunberg ein Segelboot. Gibt es einfachere
       > Methoden, den Atlantik umweltfreundlich zu überqueren?
       
   IMG Bild: Umweltfreundlich, aber nicht wirklich massentauglich: der Solarflieger Solar Impulse
       
       ## Durch die Luft
       
       Wer klimaneutral über den Atlantik kommen will, wird [1][wie Greta
       Thunberg] auf absehbare Zeit kein Flugzeug benutzen können. Zwar arbeitet
       die Branche intensiv an alternativen Antrieben und Kraftstoffen – doch bis
       diese in großem Stil Realität werden, wird noch viel Zeit vergehen.
       
       Denn während Autos in Zukunft überwiegend elektrisch fahren werden und auch
       der Mini-Flieger „Solar Impulse“ bereits mit Strom aus Solarzellen auf den
       Tragflächen über den Atlantik geflogen ist, ist das für große Flugzeuge
       bisher keine Option – die Batterien sind schlicht zu schwer. Erst wenn sie
       bei gleichem Gewicht die zehnfache Energiemenge speichern könnten, wären
       kommerzielle Batterieflieger vorstellbar. Bereits gearbeitet wird dagegen
       an Hybridfliegern, die durch eine Kombination aus elektrischen und
       konventionellen Turbinen den Kerosinverbrauch reduzieren.
       
       Kombiniert werden könnte diese Technik in Zukunft verstärkt mit
       klimaneutralem Sprit. Lag der Fokus dabei zunächst auf Kerosin, das aus
       Algen erzeugt wurde, gilt inzwischen synthetischer Kraftstoff, der mithilfe
       von Ökostrom aus CO2 und Wasser erzeugt wird, als bessere Option. Sowohl
       von der großtechnischen Verfügbarkeit als auch von der Wirtschaftlichkeit
       ist diese Technik derzeit aber noch weit entfernt.
       
       ## Auf dem Wasser
       
       „Echte Passagierschiffe auf der Strecke zwischen Europa und Amerika könnten
       durchaus deutlich klimafreundlicher sein als Flugzeuge“, sagt Jakob
       Graichen, Energie- und Klimaforscher am Öko-Institut Berlin.
       
       Genaue Zahlen für die Strecke liegen nicht vor, weil es dort seit
       Jahrzehnten nur Kreuzfahrt-, aber keine Fährverbindungen ohne
       energieintensiven Luxus wie Schwimmbäder mehr gibt. Doch Graichen hat für
       die taz grob überschlagen, wie viel Treibhausgase eine Atlantiküberquerung
       auf einem einfach ausgestatteten Schiff mit herkömmlichem Verbrennungsmotor
       verursachen würde.
       
       Demnach würde ein 80.000 Bruttoregistertonnen großes Schiff mit 2.000
       Passagieren, 1.000 Besatzungsmitgliedern und einer
       Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde ungefähr 60 Gramm
       Kohlendioxid pro Kilometer und Fahrgast ausstoßen. Das Flugzeug kommt je
       nach Berechnung auf 140 bis 383 Gramm. Die Fähre verursacht also nur rund
       40 Prozent der Flugemissionen.
       
       Allerdings ist das [2][Schiff von Hamburg nach New York] neun Tage
       unterwegs. Würde es seine Motorleistung voll ausschöpfen und schneller
       fahren, wären es nur 5 Tage. Dann stößt es aber ungefähr so viel
       Treibhausgase aus wie das Flugzeug. Würde man die Geschwindigkeit weiter
       erhöhen, wird die Klimabilanz sogar schlechter. 1998 schaffte der Katamaran
       „[3][Fjord Cat]“ es in knapp zwei Tagen und 18 Stunden von Großbritannien
       in die USA.
       
       ## Per Rohrpost
       
       Ein Tunnel, der Europa mit Amerika verbindet – davon träumte Michael Verne,
       Sohn des Schriftstellers Jules Verne, schon 1888 in einer Geschichte. Auch
       das Buch „Der Tunnel“ des Autors Bernd Kellermann, das 1935 als
       „Transatlantic Tunnel“ verfilmt wurde, handelt von einer Röhre zwischen
       London und New York.
       
       Knapp 100 Jahre später ist ein Tunnel durch den Atlantik immer noch Science
       Fiction – aber zumindest technisch vorstellbar. Denn seit Tesla-Gründer
       Elon Musk im Jahr 2013 unter dem Namen „Hyperloop“ ein Konzept für ein
       Röhren-Transportsystem vorgestellt hat, arbeiten weltweit mehrere
       Unternehmen an der Umsetzung. In den weitgehend luftleeren Röhren sollen
       magnetisch schwebende Kabinen auf bis zu 1.000 Kilometer pro Stunde
       beschleunigt werden. Das Tempo wäre damit mit einem Flugzeug vergleichbar,
       der Energieverbrauch durch die geringe Reibung hingegen weitaus niedriger –
       und, weil elektrisch, zudem sehr viel leichter CO2-frei bereitzustellen.
       
       Doch schon bei Fahrten über Land gibt es Zweifel, ob das Konzept technisch
       und finanziell funktionieren wird. Bei einer Verbindung zwischen Europa und
       Nordamerika, sei es über Island und Grönland oder quer durch den Atlantik,
       wären die Herausforderungen weit größer. Dass es noch in diesem Jahrhundert
       gelingt, Menschen und Waren per Rohrpost über den Atlantik zu schicken,
       scheint darum wenig wahrscheinlich.
       
       14 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Greta-Thunbergs-Atlantikueberquerung/!5614867
   DIR [2] /Reisen-fast-wie-Greta-Thunberg/!5614866
   DIR [3] https://www.fjordline.com/de/p/unsere-schiffe/hsc-fjord-cat
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Flugzeug
   DIR Schiff
   DIR Protest
   DIR Greta Thunberg
   DIR Greta Thunberg
   DIR Greta Thunberg
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Hambacher Forst
   DIR Ökologischer Fußabdruck
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Protest gegen englische Bahnstrecke HS2: Erste Besetzer verlassen Tunnel
       
       In London leisten Aktivist:innen seit Wochen Widerstand gegen das
       Infrastrukturprojekt. Die Lage spitzt sich zu, fünf Leute sind noch unter
       der Erde.
       
   DIR Kritik an Greta Thunberg: Keine Heilige, aber eine Visionärin
       
       Die Debatte über Thunberg ist infantil. Weder kann noch muss sie allein die
       Welt retten. Von der Überhöhung ihrer Person profitieren ihre Gegner.
       
   DIR Thunbergs Segelreise in die USA: Gretas Törn schädlicher als Flug
       
       Thunbergs Segeltörn nach New York verursacht mindestens sechs Flüge über
       den Atlantik. Würde sie fliegen, wäre die Reise klimafreundlicher.
       
   DIR Aktivistin startet Atlantikquerung: Greta setzt Segel
       
       Vor genau einem Jahr begann ihr Protest in Stockholm. Nun startete die
       Klimaaktivistin Greta Thunberg ihre große Segeltour im britischen Plymouth.
       
   DIR Das Phänomen Greta Thunberg: Die bessere Realpolitik
       
       Was weder Regierungen, Wissenschaftlern noch Öko-Verbänden gelang, hat
       Greta Thunberg geschafft: das Thema Klima oben auf die Tagesordnung zu
       setzen.
       
   DIR Greta Thunbergs Atlantiküberquerung: Rennbootcharme statt Flugscham
       
       Den Atlantik emissionsfrei zu überqueren ist nahezu unmöglich. Die
       schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg versucht es trotzdem.
       
   DIR Greta Thunberg im Hambacher Forst: „Dieser Wald ist so wichtig“
       
       Die Aktivistin besucht die Waldbewohner*innen. Sie besichtigt den Tagebau,
       steigt in ein Baumhaus und fordert den deutschen Kohleausstieg vor 2038.
       
   DIR Greta Thunbergs Reisepläne: Passagierschiffe nach Amerika!
       
       Monatelang hat Greta Thunberg recherchiert, wie sie klimafreundlich über
       den Atlantik kommt. Das Ergebnis ist ziemlich enttäuschend.