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       # taz.de -- Armut bei Kindern: Kein Geld, keine Teilhabe
       
       > Arme Kinder müssen am sozialen und kulturellen Leben sparen. Der
       > Paritätische Verband rügt deshalb die Politik. Und hat einen
       > Verbesserungsvorschlag.
       
   IMG Bild: Für einige Standard, für andere teurer Luxus: Kinder-Geburtstagspartys kann sich nicht jeder leisten
       
       Berlin taz | Sportverein? Kino? Musikschule? Party am Wochenende? Eine
       Kugel Eis? Was für viele Kinder und Jugendliche zum Alltag gehört, ist für
       andere unerreichbarer Luxus. Einkommensschwache Familien können für ihre
       Kinder keine ausreichende Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben
       ermöglichen – das sieht der Paritätische Gesamtverband durch seine neue
       Studie bestätigt.
       
       Im Zehn-Jahres-Vergleich von 2003 bis 2013 stellt er fest, dass die
       Ausgaben für Kinder zwar bei Familien mit Durchschnittseinkommen um 2 und
       bei Spitzenverdienern um 11 Prozent gestiegen sind. Die ärmsten Familien
       allerdings konnten für ihr Kind 5,5 Prozent weniger als zehn Jahre zuvor
       ausgeben. Während Spitzenverdiener für ihr Kind 1.200 Euro pro Monat
       aufbringen könnten, stehen den ärmsten Familien nur 30 Prozent davon zur
       Verfügung: gerade mal 364 Euro.
       
       Gespart wurde dabei nicht bei lebensnotwendigen Dingen wie [1][Essen],
       Kleidung oder der Wohnung – sondern bei Ausgaben für soziale Teilhabe. In
       diesem Bereich gingen die Ausgaben bei den ärmsten Familien seit 2003 sogar
       um 17 Prozent auf 102 Euro pro Monat zurück. Auffallend ist zudem, dass
       durchschnittlich die Ausgaben für die soziale Teilhabe sanken, während sie
       bei Familien mit hohen Einkommen um 18 Prozent stiegen.
       
       Dieses Gefälle bei der sozialen Teilhabe ist für Geschäftsführer Ulrich
       Schneider besonders wichtig. Für ihn beginnt Armut nicht erst dann, wenn
       „Kinder Pfandflaschen sammeln müssen und Jugendliche sich keine Kleidung
       leisten können“, sagte er am Donnerstag in Berlin. In einem reichen Land
       wie Deutschland sei entscheidend, dass Kinder „abgehängt“ werden – also
       eben kein Instrument lernen, nicht zu Partys gehen oder im Fußballverein
       mitspielen können. „Was für die einen Standards sind, stellt für andere
       Barrieren dar“, so Schneider.
       
       ## Ein Rechtsanspruch auf Teilhabe?
       
       Er holte zu einem Rundumschlag gegen die Familienpolitik der vergangenen
       Jahre aus: Das Bildungs- und Teilhabepaket sei völlig gefloppt. Auch das
       „Starke-Familien-Gesetz“, das erst vor einem Monat in Kraft trat, sei schon
       jetzt nicht mehr zu retten. Denn ein „Zuschusspaket“ für arme Familien
       würde das Problem nicht bei der Wurzel packen. Der Verband fordert deshalb
       einen Rechtsanspruch auf Teilhabe, der im Kinder- und Jugendhilfegesetz
       verankert sein soll – was einer Gebührenfreiheit bei Sportverbänden,
       Musikschulen, Jugendzentren und ähnlichen Einrichtungen für
       einkommensschwache Familien entspricht.
       
       Weiter plädiert der Paritätische für eine einkommens- und
       bedarfsorientierte Kindergrundsicherung. Diese soll für alle Kinder
       existenzsichernd sein und bei maximal 628 Euro pro Monat und Kind liegen.
       Je höher das Einkommen der Familie, desto tiefer das Kindergeld. Der
       Mindestbetrag müsse allerdings bei 320 Euro liegen – eine solche Regelung
       würde Hartz IV für Kinder und den Kinderzuschlag überflüssig machen. Der
       Wohlfahrtsverband bläst damit ins gleiche Horn wie die Grünen. Diese hatten
       im Juni bereits eine [2][Kindergrundsicherung] ins Spiel gebracht.
       
       1 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR David Rutschmann
       
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