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       # taz.de -- Bewegungsforscher über Anti-Auto-Demos: „Eine neue Qualität der Proteste“
       
       > Bisher kritisierten Umweltaktivisten gezielt SUVs oder kommunale
       > Verkehrspolitik. Nun ist die Autoindustrie als Ganzes dran. Das ist neu,
       > sagt Forscher Simon Teune.
       
   IMG Bild: Autos von VW – am 13. August wurde gegen sie protestiert
       
       taz: Herr Teune, ist die Automobilindustrie jetzt das, was bisher die
       Atomindustrie und die Kohleindustrie waren: das neue Feindbild der
       UmweltaktivistInnen? 
       
       Simon Teune: Wirklich „neu“ kann man das Phänomen nicht nennen. Es ist ja
       keine neue Erkenntnis, dass der Verbrennungsmotor ein Problem für das
       Klima und die Luft in den Städten darstellt. Allerdings haben sich offene
       Proteste gegen die Automobilindustrie als Ganzes bislang in Grenzen
       gehalten. Bisher ging es vor allem um symbolkräftige SUVs und kommunale
       Verkehrspolitik. Das bekommt jetzt mit der größeren Aufmerksamkeit für
       Klimapolitik eine andere Dynamik. Für die Automobilmesse IAA sind am 15.
       September schon die nächsten Proteste angekündigt – diesmal von einem
       größeren Bündnis. Das hat eine neue Qualität.
       
       Halten Sie einen solchen Fokus auf die Autoindustrie denn für richtig? 
       
       Die Forderung nach Klimagerechtigkeit muss notwendigerweise an sehr vielen
       Punkten gleichzeitig ansetzen. Die Strategie ist im Moment nicht, sich auf
       ein Feld zu konzentrieren, wie etwa Kohle, sondern überall auf die Tube zu
       drücken. Die Fridays-For-Future-Demonstrationen adressieren auch nicht ein
       Politikfeld allein – und das ist gut so.
       
       Für wie erfolgversprechend halten Sie Protestaktionen [1][wie die in
       Wolfsburg]? 
       
       So eine Prognose ist schwer abzugeben. Wenn ein Problemfeld lange Zeit
       wenig hinterfragt und aktivistisch bearbeitet wurde, hat ziviler Ungehorsam
       natürlich großes Potenzial, Aufmerksamkeit zu generieren. Aber auch den
       KlimaaktivistInnen ist klar, dass sie den Pendlerinnen und Pendlern nicht
       von heute auf morgen das Auto ausreden können, insbesondere dann, wenn die
       Alternativen vor Ort miserabel sind. In Deutschland den Autoverkehr zu
       reduzieren, ist eine absolute Herkulesaufgabe.
       
       Lässt sich an der Dominanz des Autos in der Mobilität kurzfristig etwas
       ändern? 
       
       Vermutlich nicht. Den AktivistInnen geht es wohl vor allem darum, auf ein
       grundsätzliches Problem aufmerksam zu machen: Die Automobilindustrie ist
       ein Knotenpunkt der Macht, deren Interessen rücksichtslos gegen andere
       Interessen durchgesetzt werden. Die Autoindustrie war mit ihrem „Weiter so“
       bisher ein großer Bremser in der Klimapolitik und hat die Elektromobilität
       viel zu lang verschlafen. Diese Botschaft ist nun zusammen mit den
       Protestbildern in den Nachrichten präsent. Das kann mittelfristig durchaus
       Wirkung zeigen.
       
       Die AktivistInnen halten Elektromobilität aber definitiv nicht für eine
       Lösung … 
       
       Es stimmt, die Elektromobilität ruft ganz andere Probleme hervor als der
       Verbrennungsmotor. Das fängt bei den Rohstoffen für die Batterien an und
       hört bei der Reichweite noch nicht auf. Unter diesen Bedingungen kann
       E-Mobilität keine befriedigende Alternative sein. Am allerbesten ist es,
       den Umstieg auf Bahn, Bus und Fahrrad zu erleichtern.
       
       15 Aug 2019
       
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