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       # taz.de -- Generalsekretär über Regenwaldfonds: „Wir hängen von diesen Wäldern ab“
       
       > Norwegen will Zahlungen für den Regenwald stoppen. Der Generalsekretär
       > des Regenwaldfonds fordert ein koordiniertes Vorgehen der
       > Sojaimportländer.
       
   IMG Bild: Traurige Realität: Brasiliens Regenwald
       
       taz: Herr Eggen, als Generalsekretär des Regenwaldfonds haben Sie den
       Beschluss der Bundesregierung kritisiert, [1][Geldzahlungen an den Fonds zu
       stoppen]. Macht Norwegen jetzt nicht das Gleiche? 
       
       Øyvind Eggen: Nein. Deutschland hat seine Zahlungen unter Hinweis auf die
       generelle Entwicklung unter der Regierung Bolsonaro gestoppt, Norwegen
       dagegen, weil Brasilien einen formellen Teil des Abkommens nicht erfüllt
       hat. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass Norwegen seinen Einsatz in Brasilien
       reduzieren will. Der Unterschied ist also, dass Deutschland einen Beschluss
       als Antwort auf die politische Entwicklung in Brasilien signalisiert hat,
       während es Norwegen um Fragen der Zusammenarbeit geht.
       
       War es nicht unglücklich, dass Deutschland mit einer Entscheidung
       vorpreschte und [2][Norwegen einige Tage später folgte]? 
       
       International gesehen können der Schritt Deutschlands und der Norwegens
       tatsächlich etwas chaotisch wirken. Aber wie gesagt, handelt es sich ja
       nicht um das Gleiche. Ich halte es für wichtig, dass Deutschland und
       Norwegen klarmachen, dass ihr internationales Engagement unabhängig davon
       ist, welche Politik in Brasilien gerade aktuell geführt wird. Aber in
       welcher Form dieses Engagement stattfindet, ist natürlich abhängig von der
       Regierung in Brasília. Setzt sich die jetzige Situation fort, müsste der
       Einsatz Deutschlands und Norwegens geändert werden. Das Engagement für den
       Amazonas muss in einen breiten politischen und diplomatischen Zusammenhang
       integriert werden, in dem man mit verschiedenen Instrumenten versucht,
       Brasilien zu einer Änderung seiner Politik zu bewegen.
       
       Deutschland und Norwegen importieren große Mengen Soja aus Brasilien.
       Sollten Oslo und Berlin deutlich machen, dass es einen Zusammenhang
       zwischen Handels- und Klimapolitik gibt? 
       
       Ich halte eine koordinierte Reaktion der Sojaimportländer für ganz
       entscheidend. Europäische Importeure haben viel Wert darauf gelegt, dass
       das von ihnen gekaufte Soja nicht auf abgeholzten Regenwaldflächen
       gewachsen ist. Europa sollte ein gemeinsames Signal nicht nur an die
       Firmen, von denen wir importieren, sondern an die gesamte brasilianische
       Sojaindustrie schicken, dass man diese Regenwaldzerstörung nicht einfach
       hinnimmt. Auch in Brasilien selbst wollen seriöse Produzenten die Abholzung
       gestoppt sehen. Ich glaube auch, sie würden eine solche europäische
       Initiative durchaus begrüßen. Auch in anderen Bereichen der
       Handelsbeziehungen könnten Norwegen und Deutschland Druck ausüben.
       Brasilien muss deutlich gemacht werden, dass europäische Firmen eine
       voraussehbare, verantwortungsvolle Politik erwarten, die die Rechte der
       indigenen Völker und der Zivilgesellschaft respektiert.
       
       Waren die umgerechnet mehr als eine Milliarde Euro, die aufgewendet wurden,
       um den brasilianischen Regenwald zu retten, hinausgeworfenes Geld, weil der
       brasilianische Präsident sich nun nicht für den Regenwaldschutz
       interessiert? 
       
       Es wurden Hunderte von Einzelmaßnahmen finanziert. Zusammengenommen hatten
       die eine große Wirkung und haben dazu geführt, dass die Abholzung des
       Regenwalds in den vergangenen Jahren reduziert werden konnte. Wenn die neue
       brasilianische Regierung ihre Politik so weiterführt, werden tatsächlich
       viele bislang erreichte Resultate vergeblich gewesen sein, aber beileibe
       nicht alle. Und ich bin überzeugt, dass der jetzt eingeschlagene Weg dieser
       Regierung nicht dauerhaft ist. Es gibt sehr viele Menschen in Brasilien,
       die von der Wichtigkeit des Regenwaldschutzes überzeugt sind, und künftige
       Regierungen werden zu einer Politik zurückkehren, wie sie in den letzten
       Jahren geführt wurde.
       
       Sollten die jetzigen Erfahrungen mit Brasilien Konsequenzen auf die
       Zusammenarbeit mit anderen Regenwaldländern wie Indonesien oder denen in
       Zentralafrika haben? 
       
       Es gibt ja in allen großen Regenwaldländern eine Kombination aus
       politischem Willen den Regenwald zu bewahren und anderen politischen
       Interessen den Regenwaldschutz aufzuweichen. Brasilien mit einer Regierung,
       die sich so uninteressiert am Regenwaldschutz zeigt, ist aber wirklich ein
       Sonderfall. Und vor allem dürfen wir nicht vergessen, dass der Einsatz für
       den Regenwald kein spezielles nationales Interesse ist. Die ganze Welt muss
       daran interessiert sein, weil unsere Zukunft von diesen Wäldern abhängt.
       Bis jetzt waren Norwegen und Deutschland die wichtigsten Beitragsgeber. Es
       wäre jetzt besonders wichtig, Norwegen damit nicht alleinzulassen.
       
       20 Aug 2019
       
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