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       # taz.de -- Donald Trump möchte Grönland kaufen: Eine Insel als Ware
       
       > Schon vor Jahrzehnten haben die USA Kopenhagen ein Angebot gemacht. Doch
       > Grönland gehört Dänemark gar nicht – und steht auch nicht zum Verkauf.
       
   IMG Bild: Die dänische Ministerpräsidentin findet Trumps Idee jedenfalls „völlig absurd“
       
       Stockholm taz | [1][„Natürlich ist Grönland nicht zu verkaufen“], stellte
       Mette Frederiksen am Sonntag klar: „Wobei ich ausdrücklich hinzufügen
       möchte, dass ich es auch gar nicht verkaufen könnte. Grönland ist nicht
       dänisch, Grönland ist grönländisch.“ Die dänische Ministerpräsidentin hatte
       in Grönlands Hauptstadt Nuuk Zwischenstation gemacht, bevor sie am Dienstag
       ihre nordischen AmtskollegInnen und die deutsche Bundeskanzlerin zu einem
       Klimagipfel in Island treffen wollte. „Wobei ich eigentlich wirklich hoffe,
       dass das gar nicht ernst gemeint war“, sagte Frederiksen.
       
       Womit sie sich täuschte. Einige Stunden später am Sonntagnachmittag
       (Ortszeit) bekräftigte US-Präsident Donald Trump gegenüber Fox News das
       Interesse Washingtons an einem Kauf Grönlands: „Im Grunde genommen wäre das
       doch ein großer Immobiliendeal.“ Für Dänemark sei Grönland ja nur eine
       große finanzielle Belastung, die die Staatskasse in Kopenhagen mehrere
       hundert Millionen Dollar jährlich koste, während die Insel für die USA
       strategisch bedeutsam sei: „Und wir sind ja ein großer Verbündeter
       Dänemarks, wir helfen Dänemark und wir beschützen Dänemark.“
       
       Grönland mitsamt seinen 56.000 EinwohnerInnen einfach kaufen? Als das Wall
       Street Journal vergangene Woche zuerst über dieses angebliche Gedankenspiel
       Trumps berichtet hatte, glaubte Dänemarks Ex-Ministerpräsident Lars Løkke
       Rasmussen an einen „Aprilscherz“.
       
       Die grönländische Regierung stellte offiziell klar, sie begrüße
       US-Investitionen, „aber Grönland steht selbstverständlich nicht zum
       Verkauf“. Muté Egede, Vorsitzender der sozialdemokratischen grönländischen
       Partei Inuit Ataqatigiit sah in Trumps Vorstoß einen „Beweis für sein
       verzerrtes Menschenbild“, die Grönländer offenbar als „nichts als eine
       Handelsware“ zu sehen. Und für Eva Flyvholm, außenpolitische Sprecherin der
       linken dänischen Einheitsliste ist eine „solche Denkweise aus
       Kolonialzeiten“ eine „ausgesprochene Frechheit“.
       
       ## Strategisches Interesse an der Insel seit 150 Jahren
       
       Vor 100 Jahren hatte allerdings auch Dänemark kein Problem damit, Menschen
       als Handelsware zu behandeln. 1917 verkaufte es die „Westindischen Inseln“,
       die jetzigen US-Virgin Islands, für 25 Millionen Dollar in Gold an die USA.
       Es gab vor der Entscheidung immerhin eine Volksabstimmung – allerdings nur
       im Mutterland Dänemark, die 25.000 BewohnerInnen der Inseln hatten kein
       Mitspracherecht.
       
       Das strategische Interesse der USA an der größten Insel der Welt, die 1814
       dänische Kolonie geworden war und sich seit 1979 selbst verwaltet, ist
       schon älter als Trump. „Eigentlich wollen die USA Grönland schon seit 150
       Jahren haben“, sagt Mikkel Vedby Rasmussen, Staatswissenschaftsprofessor
       und Militärexperte an der Universität Kopenhagen. „Im Kern geht es
       Washington darum, seinen sicherheitspolitischen Einfluss über dieses
       Territorium aufrechtzuerhalten, wenn Grönland eines Tages eine
       selbständige Nation geworden ist.“
       
       Militärisch sind die USA bereits seit fast 80 Jahren auf Grönland präsent.
       Mit Kriegseintritt der USA 1941 gestand Dänemark Washington die Errichtung
       von Flugplätzen und Wetterstationen auf Grönland zu. Als der dänische
       Außenminister John Christmas Møller 1946 Washington besuchte, wurde ihm
       ganz offiziell das Angebot unterbreitet, Dänemark Grönland für 100
       Millionen Dollar in Gold abkaufen zu wollen. Kopenhagen lehnte ab,
       genehmigte aber 1951 in Nordgrönland den Bau einer US-Militärbasis, auf der
       dann auch Atombomber stationiert wurden.
       
       ## Flugzeugträger Grönland
       
       1958 wurde mit dem Bau von „Camp Century“ begonnen, einer komplett ins
       Inlandeis gesprengten unterirdischen US-Basis. Es gab Pläne für ein 4.000
       Kilometer umfassendes Tunnelsystem und eine unterirdische Stadt mit einer
       Fläche fast halb so groß wie Bremen. Doch schon nach einigen Jahren verlor
       das Pentagon angesichts der Waffenentwicklung das Interesse am
       „Flugzeugträger Grönland“. Die Aussicht auf eine [2][eisfreie Arktis] und
       unter dem grönländischen Eis vermutete reiche Bodenschätze haben es nun
       offenbar wieder geweckt.
       
       Donald Trump hatte vor einigen Wochen überraschend ankündigt, er wolle
       Anfang September auf einer Europareise neben Polen auch Dänemark besuchen
       und in Kopenhagen vor allem über arktische Fragen sprechen. Nun bezeichnet
       er seinen Dänemark-Besuch plötzlich als „nicht so ganz sicher“. Womöglich
       ist er ja beleidigt über das Echo in Dänemark und Grönland. Die dänische
       Ministerpräsidentin hatte seinen Vorstoß jedenfalls als „völlig absurd“
       abgetan.
       
       19 Aug 2019
       
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