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       # taz.de -- Kommentar Johnsons Brexit-Strategie: Backstop nicht die einzige Hürde
       
       > Premier Boris Johnson muss Lösungen für den Brexit finden. Der Brief, den
       > er EU-Ratschef Donald Tusk schrieb, zeigt: Die hat er nicht.
       
   IMG Bild: Sieht kreativ aus, ist aber nur ein Kostüm von Boris Johnson. Jenem selbst mangelt es an Ideen
       
       Es ist erstaunlich, mit welcher Ideenlosigkeit ein so fantasievoller Mann
       wie Boris Johnson ans Werk geht, [1][wenn er erst einmal Premierminister
       ist] und für tatsächliche Lösungen sorgen muss. Auf insgesamt dreieinhalb
       Seiten legt er in einem Brief an den EU-Ratschef Donald Tusk dar, weshalb
       der Backstop wegmuss.
       
       Genau: Jene [2][Notfalllösung gegen Grenzkontrollen auf der irischen
       Insel], für die er im März noch selbst als Teil des Abkommens von
       Ex-Premier Theresa May stimmte. Der britische Regierungschef will eine
       Alternative zum Backstop – hat aber leider keinen konkreten Vorschlag.
       
       Stattdessen soll die EU darauf vertrauen, dass die Politik des Vereinigten
       Königreichs schon darauf hinarbeiten wird, andere Lösungen zu finden – und
       derweil einfach die Grenze offen lassen. Ach, so einfach ist das?
       
       Natürlich nicht, es ist völlig klar, dass die EU nicht einfach etwa auf
       ihre Regeln für den Warenverkehr pfeifen und deswegen schlicht alle
       Kontrollen unterlassen kann. So doof ist Johnson nicht – weshalb viele
       BeobachterInnen den Brief des Premiers gar nicht als ernsthaften Schritt
       deuten. Das Englische hat mal wieder den besseren Ausdruck für das, was
       hier geschieht: Eine neue Runde im „blame game“, der gegenseitigen
       Schuldzuweisung.
       
       ## Irland ist nicht abgerückt
       
       Darin brilliert natürlich auch die EU, könnte man einwenden – mit Blick
       darauf, dass Brüssel trotz neuer britischer Regierung und trotz Ablehnung
       des Abkommens auf seinem Standpunkt beharrt. Denn es ist ein unangenehmer
       Teil der Wahrheit, dass die Republik Irland auch Grenzkontrollen einführen
       müsste, wenn es einen Brexit ohne Abkommen gibt – und genau der dräut der
       EU nun.
       
       Trotzdem ist Irland bisher nicht von dem Abkommen und dem darin
       verhandelten Backstop abgerückt – und die anderen EU-Länder zeigen sich
       bisher weitestgehend einstimmig auf Linie mit der Republik. Würde sich der
       irische Regierungschef Leo Varadkar mit Blick auf den drohenden No-Deal
       kompromissbereit äußern, wäre es eine andere Sache.
       
       Aber die EU kann nicht einfach eines ihrer Mitgliedsländer opfern, nur um
       das ausscheidende Großbritannien zu befrieden – oder sollen wir gleich
       sagen: die Tory-Partei und ihre Hardcore-Brexiteers? Das wäre ein fatales
       Signal an alle kleineren Länder innerhalb der Union.
       
       Abgesehen davon stellt sich nicht erst seit Johnsons Brief die Frage, ob
       der Backstop wirklich der einzige Punkt ist, an dem die Zustimmung des
       Parlaments hängt – oder ob die BefürworterInnen eines sehr harten Brexits
       nicht auch bei einem Einlenken der EU den Deal blocken wollen würden.
       
       21 Aug 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Oer
       
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