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       # taz.de -- Landeshaushalt: Es ist nicht mehr alles möglich
       
       > Berlin muss wieder aufs Geld gucken, meint Senator Kollatz . Sonst droht
       > Zwei-Milliarden-Defizit – und dann sind da ja noch jede Menge alter
       > Schulden.
       
   IMG Bild: Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), hier bei einer Parlamentsrede, fordert Ausgabendisziplin.
       
       Das neue Schüleressen und das ebenso wenig kosten-, aber zuzahlungsfreie
       Schülterticket sind erst wenige Tage alt sind, da macht der Finanzsenator
       am Dienstagmittag klar, dass es mit der aktuellen Ausgabenpolitik des
       Landes nicht weitergehen kann wie bislang. „Falls nicht auf niedrigeres
       Wachstum eingeschwenkt wird, droht Anwachsen einer Lücke“, heißt es
       kryptisch auf einer Folie, die Matthias Kollatz (SPD) Journalisten zur
       mittelfristigen Finanzplanung zeigt, die der Senat zuvor beschlossen hat.
       Die Grafik auf der Folie spricht eine klarere Sprache: Steigen die Ausgaben
       genauso weiter wie derzeit, dann gibt es bereits im Jahr 2022 ein
       Haushaltsdefizit von zwei Milliarden Euro.
       
       Es ist ein Von-null-auf-hundert-Start für die rot-rot-grüne Landesregierung
       in der ersten Woche nach den Ferien. Dieser Dienstag ist sowieso schon der
       Tag, an dem Proteste gegen fehlende Schulplätze die Schlagzeilen bestimmen
       (siehe Text rechts). Es ist auch der Tag, an dem klar wird, dass der Streit
       um den Stadtentwicklungsplan Wohnen nicht ohne Krisengespräch im
       Koalitionsausschuss zu lösen ist, dem für Problemfälle vorgesehenen Gremium
       des Bündnisses. Dass der an diesem Mittwoch tagt, war zwar schon länger
       vereinbart – aber Hauptthema sollte eigentlich die umstrittene
       S-Bahn-Ausschreibung sein.
       
       Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek hatte vergangene Woche im taz-Interview
       noch erwartet, dass der Senat den Stadtentwicklungsplan am Dienstag
       beschließen würde. Nun hieß es aus der Linkspartei der zuständigen
       Senatorin Katrin Lompscher: „Das wird morgen im Koalitionsausschuss
       thematisiert“, was der taz sowohl SPD wie Grüne bestätigten.
       
       ## Ab 2020 gilt die Schuldenbremse
       
       Senator Kollatz müht sich zwar nach Kräften, vor den Journalisten kein
       Krisenszenario in Sachen Haushalt entstehen zu lassen. „Berlin ist
       grundsätzlich in der Lage, die notwendigen Investitionen und gestiegenen
       Personalausgaben finanziell zu stemmen“,formuliert er. Aber eben auch:
       „Wenn nicht passiert, dann entwickelt sich etwas Ungünstiges.“
       
       Kollatz hält es für möglich, weiter zu investieren und sogar, wenn auch in
       geringerem Maße, Schulden zu tilgen – Berlin machte zwar in den vergangenen
       Jahren Haushaltsüberschüsse, schiebt aber weiterhin rund 57 Milliarden
       Schulden vor sich her. Und über denen schwebt das Damoklesschwert
       irgendwann wieder wachsender Zinsen. Und Defizite mit neuen Schulden
       auszugleichen, geht ab nächstem Jahr gesetzlich nicht mehr: Ab dann gilt
       die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse.
       
       Hinter der für Rot-Rot-Grün so ungewohnten Situation, aufs Geld schauen zu
       müssen, stehen niedrigere Steuereinnahmen und gestiegene Ausgaben. Anteil
       daran hat die steigende Bezahlung der Beschäftigten des Landes: Die lag
       nach Kollatz’ Zahlen 2013 noch 7 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt –
       2021 sollen die Berliner Landesbediensteten so viel bekommen wie im Schnitt
       ihre Kollegen bundesweit. In keinem anderen Bundesland stiegen die
       Personalkosten so stark wie in Berlin. Die CDU hatte noch höhere Ausgaben
       gefordert und verlangt, Berlins Staatsdiener wie Mitarbeiter von
       Bundesbehörden zu bezahlen. Hinzu kommt, dass das Land nach langem
       Einstellungsstopp nun um Mitarbeiter wirbt.
       
       Nach Kollatz’ Darstellung kein Riesenproblem – aber es sei eben nicht mehr
       alles möglich: „Wir werden nicht mehr alles, was angemeldet wird, irgendwo
       in den Haushalt reinschreiben.“
       
       6 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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