URI: 
       # taz.de -- Leck in Ölbohranlage: Krebsgefahr nicht ausgeschlossen
       
       > Im niedersächsischen Kreis Grafschaft Bentheim ist jahrelang
       > kontaminiertes Wasser ins Erdreich gelaufen.
       
   IMG Bild: Schlecht beaufsichtigt: das Erdölfeld in der Grafschaft Bentheim
       
       Göttingen taz | Das jahrelange Leck in einer Ölbohranlage im
       niedersächsischen Kreis Grafschaft Bentheim hat offenbar zu einer
       erheblichen Gefährdung des Grundwassers geführt. Das geht aus einem Bericht
       des Wirtschaftsministeriums in Hannover an die Landtagsfraktionen hervor,
       der der taz vorliegt. Die Fraktion der Grünen spricht sogar vom
       möglicherweise größten Schaden in der Geschichte der niedersächsischen
       Ölförderung.
       
       In der Region fördert der Konzern Wintershall Dea seit Jahrzehnten Erdöl.
       Durch das Bohrloch Em 132 sind aus einem korrodierten Rohr in vier Jahren
       bis zu 220 Millionen Liter giftiges Wasser ins Erdreich gelaufen. Das
       sogenannte Lagerstättenwasser enthält unter anderem gelöste Salze sowie
       Reste von Kohlenwasserstoffen und Schwermetallen.
       
       „Die Inhalte des Lagerstättenwassers lassen darauf schließen, dass für
       mehrere Parameter die Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS) der
       Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) überschritten werden“,
       schreibt das Ministerium. Das klingt zunächst nicht allzu dramatisch – erst
       ein Blick auf die mitgelieferten Zahlen verdeutlicht das Ausmaß der
       Kontamination.
       
       Demnach wurde in dem von der Leckage „vermutlich betroffenen oberen
       Tiefenbereich“ der Wert für das krebserregende Benzol um den Faktor 423
       überschritten. Die Werte für die ebenfalls als gesundheitsschädlich
       eingestuften Elemente Barium und Bor lagen jeweils um nahezu den Faktor 300
       über der Geringfügigkeitsschwelle. Für andere Kohlenwasserstoffe gibt das
       Ministerium die Faktoren 35 beziehungsweise 22 an.
       
       Aufgrund der Überschreitung der Werte sei „eine nachteilige Veränderung der
       Grundwasserbeschaffenheit infolge der Leckage“ eingetreten, räumt das
       Ministerium ein. Wegen der hohen Dichte des verunreinigten Grundwassers,
       die einem Aufstieg in höhere Bereiche entgegenstehe, sei nach Einschätzung
       des beauftragten Ingenieurbüros sowie des Landesbergamtes eine akute
       Gefährdung des oberflächennahen Grundwassers – also des Trinkwassers –
       dennoch „wenig wahrscheinlich“.
       
       ## 60 Jahre altes Stahlrohr
       
       Für die Grünen sind nicht nur die hohen Schadstoffwerte alarmierend. „Wir
       müssen leider feststellen, dass die Sicherheitsvorkehrungen bei Emlichheim
       132 eklatant versagt haben“, reagierte der Landtagsabgeordnete Detlev
       Schulz-Hendel auf den Ministeriumsbericht.
       
       Das betreffende äußere Stahlrohr sei offenbar bereits mehr als 60 Jahre alt
       gewesen: „Und obwohl das Rohr auf einem Abschnitt von 60 Metern Länge
       durchgerostet war, wollen der Betreiber Wintershall Dea und das
       Landesbergamt als Aufsichtsbehörde jahrelang nichts von dem massiven Leck
       gemerkt haben“, sagte Schulz-Hendel.
       
       Dabei, so der Grünen-Politiker, habe Wintershall Dea in einem Arbeitskreis
       des Umweltministeriums intern etwas ganz anderes berichtet. Danach seien
       erste Druckauffälligkeiten schon 2015 festgestellt worden. In dem Bericht
       des Wirtschaftsministeriums finde sich dazu aber nichts. Bei den
       Untersuchungen zum Schadensausmaß brauche es mehr Transparenz und mehr
       Tempo“, sagte Schulz-Hendel.
       
       8 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
       ## TAGS
       
   DIR Erdöl
   DIR Niedersachsen
   DIR Umweltvergiftung
   DIR Umweltgifte
   DIR Umweltverschmutzung
   DIR Trinkwasser
   DIR Grundwasser
   DIR Ölindustrie
   DIR Ölbohrung
   DIR Grundwasser
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Undichte Ölbohranlage in Niedersachsen: Schadensgröße ungewiss
       
       Noch immer ist unklar, wie stark die Umwelt in Emlichheim belastet ist.
       Jahrelang war giftiges Wasser aus einer Ölbohranlage ausgetreten.
       
   DIR Ölsuche im Wattenmeer: Greenpeace gegen Bohrungen
       
       Die Umweltschützer haben Bojen mit Peilsendern in der Nordsee ausgesetzt.
       Diese zeigen, welchen Weg Öl nach einem Bohrunfall nehmen würde.
       
   DIR Umweltprobleme: Giftschlamm in der Grube
       
       In Schleswig-Holstein sind zum Teil giftige Rückstände aus der
       Erdölförderung gesammelt worden – manche davon liegen in
       Wasserschutzgebieten.
       
   DIR Schwarzes Gold: Ein Wald von Bohrtürmen wie in Baku
       
       Das Zentrum der deutschen Erdölindustrie lag einst bei Celle. Ein Museum
       erinnert an diese Geschichte. Heute untersuchen hier Geologen Bohrkerne aus
       aller Welt auf Hinweise nach Ölvorkommen. In Deutschland gibt es nicht mehr
       viel zu holen.