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       # taz.de -- Queeres Jugendzentrum eröffnet: „Ein sicherer Raum“
       
       > In Hannover eröffnet das erste queere Jugendzentrum Niedersachsens –
       > unterstützt von allen Parteien außer der AfD.
       
   IMG Bild: Ein Ort für Jugendliche jeglicher sexueller Identität: die QueerUnity
       
       Hamburg taz | In Hannover haben queere Jugendliche bald einen Raum, den sie
       ganz allein für sich nutzen können. Sie haben den Namen von Niedersachsens
       erstem queerem Jugendzentrum selbst erarbeitet: „QueerUnity“ wird die
       Einrichtung heißen.
       
       Ein queeres Zentrum gibt es in Hannover bereits: den Verein Andersraum, der
       auch Initiator des neuen Jugendzentrums ist. „Queere Jugendliche sind in
       allen Lebensbereichen Diskriminierungen ausgesetzt. Über die Hälfte sagen,
       dass sie in der Schule aufgrund ihrer queeren Identität beschimpft,
       beleidigt oder lächerlich gemacht werden“, sagt Corinna Weiler, die
       Sprecherin von Andersraum.
       
       Deshalb brauche es unbedingt mehr queere Jugendzentren, die für alle offen
       zugänglich seien. „Denn wenn nach der Schule auch noch die Familie mit
       Ablehnung reagiert, dann brauchen die Jugendlichen einen sicheren Raum, wo
       sie einfach sein können und nicht darüber nachdenken müssen, wer sie sind“,
       sagt Weiler.
       
       Seit Jahren gibt es vier Jugendgruppen bei Andersraum. Laut Weiler herrscht
       dort jedoch Platzmangel und die bestehenden Räumlichkeiten könnten die
       Jugendlichen nicht individuell gestalten.
       
       Konstanze Kalmus, Sprecherin der Stadt Hannover, begrüßt die baldige
       Eröffnung: „In der Einrichtung eines queeren Jugendzentrums sieht die Stadt
       Hannover einen wichtigen Impuls für die Jugendarbeit in und mit der queeren
       Community.“ Zugleich sei das Zentrum ein wichtiger Schritt für die
       Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz queerer Jugendlicher.
       „Gerade für queere Jugendliche, die sich oft Diskriminierung, Mobbing und
       mangelnder gesellschaftlicher Toleranz in einem schwierigen Lebensabschnitt
       gegenübersehen, ist ein solcher geschützter Raum des Austausches von großer
       Bedeutung“, sagt Kalmus. Deshalb sollte den jungen Menschen ein Schutzraum
       und ein Ort des Austausches geboten werden.
       
       Bald haben die Jugendlichen auf 120 Quadratmetern Platz, über dessen
       Gestaltung sie mitentscheiden können. Das war aufgrund der
       unterschiedlichen Bedürfnisse der Gruppen im Andersraum bislang nur bedingt
       möglich. Dort gibt es verschiedene Projektbereiche: Das queere Zentrum
       organisiert Veranstaltungen, hier treffen sich die queeren Gruppen und es
       werden Trans-Beratungen angeboten.
       
       Außerdem gibt es das QLM – queeres Leben in der Migrationsgesellschaft.
       Hier kann über Rassismuserfahrungen in Zusammenhang mit der queeren
       Identität gesprochen werden. Seit 2016 veranstaltet der Verein zudem den
       Christopher Street Day in Hannover.
       
       Den Wunsch nach eigenen Räumlichkeiten formulieren die Jugendlichen in den
       Jugendgruppen schon lange. 2018 übergab Andersraum den Projektantrag an die
       Stadt Hannover. Über ein reguläres Interessenbekundungsverfahren hat sich
       der Verein laut Weiler als einziger Bewerber dann auf seine eigene Idee
       beworben und bekam den Zuschlag.
       
       Für die Realisierung des queeren Jugendzentrums war laut Weiler der
       politische Wille in der Stadt von Anfang an da. „Alle demokratischen
       Parteien waren mit an Bord und haben geschlossen für das queere
       Jugendzentrum gestimmt“, sagt sie. „Nur die AfD hat bereits vorher deutlich
       gemacht, dass sie das sehr unnötig findet und ablehnt.“ Die Stadt fördert
       das Vorhaben mit Projektmitteln von 50.000 Euro. Darüber hinaus gibt es
       Spenden, wie etwa vom Einrichtungshaus Ikea, das Möbel für die Einrichtung
       zur Verfügung stellte.
       
       „Ohne die zusätzliche ehrenamtliche Hilfe wären wir aufgeschmissen“, sagt
       Weiler. Aus der Community kam der Tipp für die richtige Immobilie, die nach
       dem Zuschlag gefunden werden musste. Anfang Juli begannen die
       Ehrenamtlichen mit der Einrichtung, die barierrefrei sein wird.
       
       Das geplante Angebot wurde gemeinsam mit den Jugendlichen beschlossen. Sie
       hatten vorher Ideen gesammelt. Eine basisdemokratische Mitbestimmung ist
       der Grundsatz von Andersraum. Das ist für Weiler nicht nur demokratisch und
       gerecht, sondern vor allem sehr zielführend.
       
       QueerUnity soll ein offenes Angebot für alle Jugendlichen zwischen 14 und
       27 Jahren werden. Die vier bereits bestehenden Jugendgruppen werden in die
       neuen Räumlichkeiten umsiedeln. „Alle können kommen, niemand muss sich am
       Eingang definieren“, sagt Weiler. Einzige Voraussetzung sei ein
       solidarisches Miteinander. Es werde keine Art von Diskriminierung geduldet.
       
       Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes stand, der
       Verein Andersraum würde den CSD in Hannover seit 2009 veranstalten. Diese
       Zahl ist falsch und wurde mittlerweile korrigiert: Andersraum veranstaltet
       den CSD in Hannover seit 2016.
       
       12 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Gebauer
       
       ## TAGS
       
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