URI: 
       # taz.de -- Vergleichsangebot in US-Prozessen: Bayer knickt im Glyphosatstreit ein
       
       > Strategiewechsel bei Bayer/Monsanto: Der Konzern bietet offenbar acht
       > Milliarden Dollar an, um die Prozesse wegen Krebs durch das Pestizid
       > beizulegen.
       
   IMG Bild: Das ist das umstrittene Mittel: der Unkrautvernichter RoundUp mit Glyphosat von Monsanto
       
       Berlin taz | Hersteller Bayer knickt im Rechtsstreit über Krebserkrankungen
       durch [1][das Pestizid Glyphosat] ein. Der Chemiekonzern sei dabei, den
       mehr als 18.000 Klägern in den USA einen Vergleich in Höhe von insgesamt 8
       Milliarden Dollar anzubieten, berichtete die Nachrichtenagentur
       [2][Bloomberg] am Freitag. Sie berief sich auf mit den Verhandlungen
       vertraute Personen. Offiziell habe Bayer noch kein Angebot vorgelegt,
       teilte der im Glyphosat-Streit eingesetzte Mediator Ken Feinberg mit. Aber
       ein Sprecher der [3][Bayer AG] dementierte den Bloomberg-Bericht nicht,
       sondern teilte der taz nur mit: „Kein Kommentar.“
       
       8 Milliarden Dollar für den Vergleich sind deutlich weniger als die Summen,
       mit denen viele Aktienanalysten zuletzt gerechnet hatten. Markus Mayer von
       der Baader Bank etwa ging davon aus, dass eine Einigung im Bereich um die
       15 bis 20 Milliarden Euro (16,7 bis 22,3 Milliarden Dollar) positiv für den
       Aktienkurs wäre. Analyst Gunther Zechmann von Bernstein Research sagte am
       Freitag, alles unter 30 Milliarden Dollar wäre gut für den Aktienkurs. Die
       Bayer-Aktien setzten denn auch ihre Erholungsrallye der vergangenen Tage
       mit einem Plus von bis zu 11 Prozent fort.
       
       Die Klägeranwälte waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
       Carey Gillam, Rechercheleiterin der Umweltorganisation U.S. Right to Know,
       die eng mit den Juristen zusammenarbeitet, schrieb auf [4][Twitter] über
       das Vergleichsangebot jedoch: „Wahrscheinlich nicht genug $$$.“
       
       In den vergangenen Tagen hatten Aktionäre bereits die Verschiebung eines
       für August angesetzten Glyphosat-Prozesses als Hinweis auf fortschreitende
       Vergleichsverhandlungen interpretiert. Der Druck auf Konzernchef Werner
       Baumann war in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, weil Bayer
       bereits drei Verfahren um Krebsrisiken glyphosathaltiger
       [5][Monsanto]-Unkrautvernichter der Marke RoundUp mit
       Schadensersatzforderungen im jeweils mittleren bis hohen zweistelligen
       Millionen-Dollar-Bereich verloren hatte. Trotz der jüngsten
       Aktienkurserholung notieren die Papiere immer noch rund 28 Prozent tiefer
       als vor der ersten Prozessschlappe wegen Glyphosat vor einem Jahr. Das
       bedeutet ein Minus von 24 Milliarden Euro des Börsenwerts.
       
       ## Druck durch Großaktionär
       
       Bayer fährt bisher offiziell zwar eine harte Linie und verweist unter
       Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Studien weiterhin auf die
       Sicherheit von Glyphosat bei richtiger Anwendung und will vor
       Berufungsgerichte ziehen. Konzernchef Baumann hatte vor kurzem jedoch
       abermals gesagt, dass ein Vergleich durchaus in Frage käme, wenn er
       wirtschaftlich Sinn machen würde. So verschlingen allein die Kosten für
       Anwälte und Imagekampagnen hunderte Millionen Euro.
       
       Und auch von anderer Seite kommt Druck. So mischt der für sein aggressives
       Gebaren bekannte US-Milliardär und Investor Paul Singer mit seinem
       Hedgefonds Elliott bei Bayer inzwischen mit einer Beteiligung von mehr als
       einer Milliarde Euro mit. Noch gab er sich zwar zahm und lobte
       Bayer-Schritte wie die Gründung eines Aufsichtsratsausschusses, der das
       Thema Glyphosat vorantreiben soll. Wie lange Singer bei fehlenden
       Fortschritten ruhig bleibt, ist aber offen.
       
       ## „Wahrscheinlich krebserregend“
       
       Glyphosat ist der weltweit meistverkaufte Pestizidwirkstoff und ein Symbol
       für die chemiegetriebene Landwirtschaft. In Europa wird diskutiert, den
       Unkrautvernichter zu verbieten. Das Gift tötet so gut wie alle nicht
       gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel und
       Insekten. Deshalb gilt es Umweltschützern als Gefahr für die Artenvielfalt.
       
       In der Forschung ist die Frage, ob die in Roundup enthaltene Chemikalie
       Glyphosat eine krebsauslösende Wirkung hat, umstritten. Die
       US-Umweltbehörde EPA und auch die Aufsichtsbehörden in der EU und
       Deutschland gelangten zu dem Schluss, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr
       ausgeht. Dagegen konstatierte die zur Weltgesundheitsorganisation WHO
       gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) vor drei Jahren,
       dass Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ sei. (mit dpa,
       afp, reuters)
       
       Dieser Text wurde um 16.40 Uhr aktualisiert.
       
       9 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Glyphosat/!t5008469/
   DIR [2] https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-08-09/bayer-is-said-to-seek-8-billion-roundup-cancer-claim-settlement-jz3tks77
   DIR [3] /Schwerpunkt-Bayer-AG/!t5240035/
   DIR [4] https://twitter.com/careygillam/status/1159790111556558849?s=20
   DIR [5] /Schwerpunkt-Monsanto/!t5008941/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Monsanto
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Pestizide
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR EU
   DIR Schwerpunkt Pestizide
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Meistverkauftes Pestizid von Bayer: Zahl der Glyphosatklagen verdoppelt
       
       Wegen des Unkrautvernichters Glyphosat droht Bayer eine Prozesslawine. Die
       Kläger machen das Pestizid für ihre Krebserkrankung verantwortlich.
       
   DIR Liste mit Glyphosat-Gegnern: Franzosen halten Bayer für schuldig
       
       Der Konzern meint, seine Listen mit Freunden und Feinden von Glyphosat
       seien rechtmäßig. Daran zweifeln Journalisten und Politiker in Frankreich.
       
   DIR Verbot des Pestizids Glyphosat 2024?: Für Jubel ist es zu früh
       
       Die Bundesregierung hat angekündigt, das unter Krebsverdacht stehende
       Glyphosat ab 2024 zu verbieten. Aber: Diese Regierung ist nur bis 2021 im
       Amt.
       
   DIR Glyphosat-Ausstieg im Bundeskabinett: Der Bund lässt es brummen
       
       Das Kabinett einigt sich im Kampf gegen Insektensterben auf einen Ausstieg
       aus Pestizid Glyphosat. Der Haken: Bis dahin dauert es noch etwas.
       
   DIR Pestizid Chlorpyrifos in der EU: Skandalöses Zulassungssystem
       
       Der Fall des Insektenkillers Chlorpyrifos zeigt, wie schlecht die EU Mensch
       und Umwelt schützt. Immer wieder werden gefährliche Gifte genehmigt.
       
   DIR Giftiges Pestizid an Zitrusfrüchten: Gefahr für ungeborene Kinder
       
       Seit Jahren setzen Bauern in vielen Ländern das Pestizid Chlorpyrifos ein.
       Nun sagt die EU-Lebensmittelbehörde: Das Insektengift dürfte gar nicht
       zugelassen sein.
       
   DIR Ehemalige SPD-Umweltministerin: Hendricks stand auf Monsanto-Liste
       
       Ein nun veröffentlichter Auszug enthält keine Privatdaten. Aber es gibt
       Zweifel, ob der Konzern die Einträge über Glyphosat-Gegner komplett
       offenlegt.
       
   DIR US-Prozesse wegen Krebs durch Glyphosat: Richterin senkt Strafe für Bayer AG
       
       Die US-Tochter Monsanto soll „nur“ 87 Millionen Dollar an ein krebskrankes
       Ehepaar zahlen. Auch in dieser Höhe dürften die Prozesse teuer werden.
       
   DIR Umstrittenes Totalherbizid: Österreich verbietet Glyphosat
       
       Österreich hat als erstes Land in der EU ein Verbot des Totalherbizids
       Glyphosat beschlossen. Ob das rechtlich hält, ist eine andere Frage.