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       # taz.de -- Buch über „Ibiza-Affäre“: Schampus, Schwarzgeld und FPÖ
       
       > Zwei Journalisten der „SZ“ zeichnen in einem Buch die Hintergründe des
       > skandalösen „Ibiza-Videos“ nach. Strache sieht sich durch den Inhalt
       > entlastet.
       
   IMG Bild: Die Journalisten Bastian Obermayer (l.) und Frederik Obermaier arbeiten im „SZ“-Investigativressort
       
       Drei Monate nachdem das inzwischen weltbekannte [1][„Ibiza-Video“] online
       ging, haben zwei der an der Aufdeckung beteiligten Journalisten ein Buch
       nachgelegt. „Die Ibiza Affäre“ zeichnet akribisch nach, wie die Quelle des
       heimlich aufgenommenen Videos ihr Material zögernd und schrittweise aus der
       Hand gab. Vom Erstkontakt bis zur Veröffentlichung vergehen rund zehn
       Monate.
       
       Die Quelle bleibt geheim, der Inhalt ist bekannt: Der damalige Chef der
       FPÖ, [2][Heinz-Christian Strache], und sein Parteifreund Johann Gudenus,
       damals Vizebürgermeister von Wien, sind im Sommer 2017 in einer gemieteten
       Villa auf Ibiza zu Gast und versuchen dort, eine als russische
       Oligarchennichte Aljona Makarowa eingeführte Frau dazu zu bringen, ihr
       Schwarzgeld in die FPÖ zu investieren. Einmal an der Macht, würde man ihr
       unter anderem zu fetten Staatsaufträgen verhelfen. Nach Bekanntwerden des
       Videos Mitte Mai trat Strache als Vizekanzler zurück, und Kanzler Sebastian
       Kurz (ÖVP) stolperte über einen [3][parlamentarischen Misstrauensantrag].
       
       Bisher bekannt sind nur sieben Minuten einer insgesamt über siebenstündigen
       Aufzeichnung eines Abends, bei dem reichlich Champagner, Wein und Straches
       Lieblingsmix Wodka-Red-Bull flossen. Strache versuchte daher, seine
       großsprecherischen Geschäftsideen als „b’soffene G’schicht’“ zu
       verharmlosen. Seine Einladung zur Korruption sei aus dem Zusammenhang
       gerissen.
       
       Genau das wird in dem Buch der beiden Autoren von der Süddeutschen Zeitung
       widerlegt. Den ganzen Abend war Strache immer wieder auf sein zentrales
       Anliegen zurückgekommen: Die vermeintliche Oligarchin solle die Kronen
       Zeitung, Österreichs einflussreichstes Boulevardblatt, kaufen und der FPÖ
       durch freundliche Berichterstattung ins Bundeskanzleramt verhelfen.
       
       Strache bringt den umstrittenen Unternehmer Heinrich Pecina ins Spiel, der
       schon „für Orbán alle ungarischen Medien der letzten fünfzehn Jahre
       aufgekauft und für ihn aufbereitet“ habe. Das ist zwar stark übertrieben,
       doch hat Pecina bei der Einstellung der letzten großen Qualitätszeitung
       Népszabadság eine unrühmliche Rolle gespielt.
       
       Den Verlauf des Abends beschreiben die Autoren als Tanz, bei dem die
       Partner Strache und Oligarchin aufeinander zugehen und wieder
       zurückweichen. Es wird klar, dass vonseiten der angeblichen
       Schwarzgeldinvestorin der Köder ausgelegt wird. Mit welchen
       Gegenleistungen könne sie rechnen, wenn die FPÖ in der Regierung sei.
       Strache meint, als Eigentümerin der Krone sei sie ohnedies eine der
       mächtigsten Frauen im Land.
       
       ## Prahlerei und Peinlichkeiten
       
       Immer wieder betont er, dass die konkreten Gegenleistungen mit dem Programm
       der FPÖ kompatibel sein müssten. Die Privatisierung des Glücksspiels sei so
       etwas. Und die Bauaufträge, die derzeit an den Strabag-Konzern des
       Hans-Peter Haselsteiner gingen. Haselsteiner ist einer der politischen
       Feinde Straches. Er hat einst das Liberale Forum, eine liberale Abspaltung
       von der FPÖ, finanziert. Und er unterstützt Herbergen und Rechtsberatung
       für Asylwerber.
       
       Den ganzen Abend prahlt Strache mit seinen Kontakten und seiner eigenen
       Wichtigkeit. Er gibt vor, die wichtigsten Milliardäre der Republik würden
       ihn unterstützen, darunter der Pistolenfabrikant Gaston Glock, die
       Kaufhauserbin Heidi Goëss-Horten und der Glücksspielkonzern Novomatic. Alle
       Genannten haben das dementiert. Heidi Goëss-Horten hat, wie man seit
       wenigen Tagen weiß, die ÖVP von Sebastian Kurz mit fast einer Million Euro
       finanziert. Gegen Novomatic und Strache wird wegen Bestechlichkeit
       ermittelt.
       
       Peinlich für Strache sind auch seine Auslassungen über politische Gegner,
       denen er Drogen- und Sexorgien andichtet. Seltsam ist, dass er sich durch
       das Buch entlastet sieht. „Der expliziten Forderung nach ‚Korruption‘ habe
       ich nicht nachgegeben, was zu einer Verärgerung der vermeintlichen
       Oligarchennichte geführt habe“, [4][schreibt er auf Facebook]. Auf den klar
       dokumentierten Vorwurf der Aufforderung zur illegalen Parteispende und den
       „Krone-Deal“ geht er nicht ein.
       
       Für die Autoren Bastian Obermayer und Frederik Obermaier ist die Aussage
       ihres Buchs aber unmissverständlich: „Noch mal: Russisches Geld, von dem
       die FPÖ-Männer zumindest fürchten müssen, dass es Schwarzgeld ist, soll
       ihrer Partei zu mehr Stimmen bei der anstehenden Wahl verhelfen. Und
       Gudenus fragt lapidar: „What do you want?“ Was willst du als Gegenleistung?
       
       26 Aug 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /FPOe-Korruptionsaffaere-in-Oesterreich/!5593655
   DIR [2] /Korruptionsaffaere-in-Oesterreich/!5618225
   DIR [3] /Misstrauensvotum-in-Oesterreich/!5598469
   DIR [4] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190821_OTS0041/strachedas-buch-die-ibiza-affaere-ist-eine-richtigstellung-und-damit-eine-mich-auch-rehabilitierende-darstellung-der-entstehung-des-ibiza-videos-die-gleichwohl-wichtige-fragen-offen-laesst?fbclid=IwAR2ZWTDVBDCUUM5Q6l0adqz5VJoTSUQ0tPHX-WbWYHjMnmQLImOoLyu1Xok
       
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