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       # taz.de -- SPD diskutiert über Deutsche Wohnen: Sympathie für Enteignungen
       
       > „DW enteignen“ debattiert mit Berlins Finanzsenator Kollatz. Der
       > korrigiert nach unten, wieviel die Vergesellschaftung kosten würde.
       
   IMG Bild: Ein Teilnehmer der Demonstration der Gewerkschaften zum Tag der Arbeit
       
       BERLIN taz | Es gibt Mythos-Bier und Teigtaschen im griechischen
       Kulturzentrum in der Steglitzer Mittelstraße, 20 Sozialdemokraten sitzen am
       Montagabend im großen Saal. Von draußen dringt mal der Platzregen, mal
       Musik herein. Drinnen [1][debattiert die SPD] Steglitz-Zehlendorf über das
       Thema „Deutsche Wohnen enteignen und die Sozialdemokratie“. Im Herbst will
       die Partei über ihr Verhältnis zur Kampagne entscheiden.
       
       Franziska Drohsel, Ex-Juso-Bundesvorsitzende, heute Vize-SPD-Chefin von
       Steglitz-Zehlendorf, moderiert: „Es gab in der SPD von Anfang an große
       Sympathien mit der Kampagne, viele haben Unterschriften gesammelt“, sagt
       sie. Und übergibt an Michael Prütz von „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
       
       Prütz trägt die bei [2][seiner Initiative] obligatorische
       Arbeiterführermütze. „Die Immobilienlobby und ihre Verbündeten in der
       Presse versuchen jegliche Veränderung in Berlin zu verhindern“, sagt er. Am
       Samstag war der Entwurf aus der Stadtentwicklungsverwaltung Katrin
       Lompschers (Die Linke) zum Mietendeckel bekannt geworden. Sowohl Morgenpost
       als auch FDP hatten danach behauptet, die Linke zünde Berlin an. Die
       Deutsche Wohnen behandele „ihre Mieter wie begehbare Aktiendepots“, sagt
       Prütz. Man sei bereit, über das Tempo der Enteignungen zu reden, nicht aber
       über die Vergesellschaftungen an sich.
       
       Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) kommt verspätet herein, nimmt auf dem
       Podium Platz. „Ich will keinen Zweifel daran lassen, dass ich zu den
       Skeptikern der Initiative gehöre“, sagt er. Der Bevölkerungszuwachs sei
       „keine Wolke, die an Berlin vorbeizieht wie das Gewitter dort draußen“. Die
       Schätzungen seien eher zu niedrig.
       
       „Völlig überraschenderweise kann man Geld aber nur einmal ausgeben“, sagt
       Kollatz. Das Geld, was man für Entschädigungen zahle, fehle für den
       sozialen Wohnungsbau. Dann nennt Kollatz mit 20 Milliarden Euro eine
       Entschädigungssumme, die weit unter den bisherigen Schätzungen der
       Lompscher-Verwaltung von 28,8 bis 36 Milliarden Euro liegt.
       
       Der Finanzsenator äußert rechtliche Bedenken gegen die
       Enteignungsinitiative, bleibt aber sozialdemokratisch unklar bei Prütz’
       Frage, ob die Senatsverwaltung für Inneres das Volksbegehren dem
       Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen werde.
       
       Das Publikum sympathisiert, so weit auszumachen, mehrheitlich mit
       Mietendeckel und Enteignungskampagne. Die kritischen Fragen gehen nicht an
       Prütz, sondern an Kollatz.
       
       Dann geht es aus dem schwülen Saal nach draußen. Kollatz steigt in den
       Dienstwagen, Drohsel verabschiedet sich, Prütz raucht. Berlin mag für
       einige brennen, aber in der Mittelstraße riecht es nach nassem Laub.
       
       28 Aug 2019
       
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   DIR Martin Reeh
       
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