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       # taz.de -- Vor der nächsten Präsidentenwahl: Minderheiten werden ausgesiebt
       
       > In vielen US-Bundesstaaten werden die Wählerlisten mit Übereifer
       > bereinigt, das belegt eine neue Studie. Vor allem Afroamerikaner sind
       > betroffen.
       
   IMG Bild: Stacey Abrams, Demokratin aus Georgia, will Wählerdiskriminierung verhindern
       
       New York taz | Mehr als 17 Millionen Wählern sind zwischen 2016 und 2018
       aus den Wählerlisten in den USA gestrichen worden. Das hat das Brennan
       Center for Justice an der New York University in einer neuen Studie
       herausgefunden.
       
       Die offiziellen Begründungen variieren: Mal stimmt die Schreibweise der
       Namen und Geburtsdaten von Wählern nicht mit anderen offiziellen Dokumenten
       überein, mal sind Wähler verzogen oder verstorben, mal sind Wähler
       „inaktiv“, weil sie mehrfach nicht gewählt haben. Grundsätzlich sind
       Afroamerikaner, Latinos und Native Americans überproportional betroffen.
       Sie sind zugleich Wähler, die – wenn sie wählen – mehrheitlich für die
       Demokraten stimmen.
       
       2013 hat der Supreme Court die gesetzliche Bestimmung abgeschafft, wonach
       die wegen historischer Diskriminierungen von Minderheiten berüchtigten
       Bundesstaaten ihr Wahlrecht nur mit Zustimmung des Bundesjustizministeriums
       verändern durften. In den Jahren nach der Streichung dieses Artikel 5 aus
       dem Wahlrechtsgesetz von 1965 haben Dutzende Bundesstaaten ihr Wahlrecht
       mit neuen Gesetzen verschärft und insgesamt 30 Millionen Wähler aus ihren
       Listen gestrichen.
       
       Die Brennan-Studie stellt fest, dass die Säuberung der Wählerlisten in den
       Bundesstaaten mit einer Geschichte von Diskriminierungen 40 Prozent über
       dem nationalen Durchschnitt liegt. „‚Wähler-Unterdrückung‘ ist die nächste
       Schlacht für unsere Demokratie“, sagt Stacey Abrams. Die Demokratin hätte
       im November 2018 bei den Gouverneurswahlen in Georgia fast den Republikaner
       Brian Kemp geschlagen.
       
       ## Die entscheidende Frage ist: Wer darf wählen?
       
       Kemp war bis zum Tag vor der Abstimmung als Innenminister von Georgia
       selbst oberster Kontrolleur des Wahlvorgangs. Allein im Jahr 2017 strich er
       mehr als 100.000 Namen aus den Wählerlisten Georgias. Zigtausende von
       Neueinträgen lehnte er als unzulässig ab. Abrams, die beinahe die erste
       schwarze Frau an der Spitze eines Bundesstaates geworden wäre, konzentriert
       sich seither auf die Wähler-Unterdrückung.
       
       In dieser Woche hat sie ihr Engagement mit der Organisation Fair Fight 2020
       von Georgia auf die nationale Ebene gehievt. 14 Monate vor den nächsten
       Präsidentschaftswahlen, bei denen die Stimmen aus den Minderheiten das
       Zünglein an der Waage werden können, hat die Demokratische Partei
       zusätzlich in mehreren Bundesstaaten Vollzeitkräfte für den „Schutz der
       Wähler“ angestellt.
       
       Die Republikaner begründen ihr Vorgehen mit Wahlbetrug. Präsident Donald
       Trump tweetet immer wieder über diese angebliche Gefahr. Dabei ist
       Wahlfälschung in den USA extrem selten. Forscher konnten bei sämtlichen
       Wahlen zwischen 2000 und 2014 – bei denen insgesamt mehr als eine Milliarde
       Stimmen abgegeben wurden – nur 31 Fälle von Wählerfälschung finden.
       
       Das Wahlrecht in den USA ist – auch für Bundeswahlen – durch Gesetze
       geregelt, die in den einzelnen Bundesstaaten geschrieben werden. Fast
       überall müssen die Wähler einen Eintrag ins Wählerregister beantragen.
       Manche Bundesstaaten streichen Wähler aus den Listen, wenn sie drei Jahre
       oder länger „inaktiv“ sind. Am Wahltag müssen sich Wähler je nach
       Bundesstaat unterschiedlich ausweisen. Das diskriminiert vor allem Native
       Americans mit Dokumenten von Stammesbehörden, die nicht von allen
       Wahlbehörden anerkannt werden.
       
       Auch die Schreibweise von Namen ist ein Streitpunkt. Während traditionelle
       angelsächsische Namen seit Generationen unverändert geschrieben werden,
       haben afroamerikanische und Latino-Namen Veränderungen durchgemacht.
       Vielerorts reichen schon anders gesetzte Bindestriche, um Wähler aus Listen
       zu löschen.
       
       15 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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