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       # taz.de -- Terrorismus im Gazastreifen: Doppelanschlag auf Hamas-Polizei
       
       > Nach Explosionen hat die Hamas den Ausnahmezustand ausgerufen. Hinter der
       > Tat werden Radikale vermutet, denen die Islamisten-Führung zu liberal
       > ist.
       
   IMG Bild: Am Rande des Begräbnisses des Polizisten Salama al-Nadim am Mittwoch in Gaza-Stadt
       
       Berlin taz | Im Gazastreifen herrscht nach zwei Terroranschlägen der
       Ausnahmezustand. Drei Verkehrspolizisten, die im Dienst der islamistischen
       Führung der Hamas standen, wurden bei den Anschlägen am späten
       Dienstagabend getötet, mehrere Palästinenser trugen schwere Verletzungen
       davon. „Die sündigen Hände, die dieses Verbrechen begingen, werden ihrer
       Strafe nicht entkommen“, erklärte Iyad al-Buzum, Sprecher des
       Hamas-geführten Innenministeriums in Gaza.
       
       Die Täter werden im Lager der Salafisten vermutet, die offenbar mit dem
       sogenannten Islamischen Staat (IS) in Verbindung stehen. Hamas-Sprecher
       Fausi Barhum erklärte, dass auch Israel hinter den Attentaten stecken
       könnte. „Solche Aktionen dienen einzig der Besatzung“, meinte er. Israel
       streitet ein Zutun ab. Laut Informationen eines Armeesprechers in Tel Aviv,
       habe die Luftwaffe infolge eines Beschuss aus dem Gazastreifen zwar einen
       Gegenangriff unternommen. Von den Explosionen am Dienstagabend wisse man
       hingegen nichts.
       
       Dass die Hamas Opfer von Terror wird, geschieht nicht oft. Das strenge
       Regime der Islamisten lässt Gegnern kaum Raum. Einige hundert, höchstens
       wenige tausend Salafisten, so vermutet der israelische Terrorismusexperte
       Schaul Schai, lebten im Gazastreifen. Sie sind noch radikaler als die Hamas
       und fordern, die Scharia, eine nicht kodifizierte Sammlung islamischer
       Regeln, zum gültigen Recht zu machen.
       
       Palästinensische Salafisten waren in der Vergangenheit für Brandsätze in
       Internetcafés oder Buchläden mit englischsprachiger Literatur
       verantwortlich. Die Hamas ist ihnen zu liberal, auch weil sie eine engere
       Anbindung an Ägypten sucht. Der IS kämpft auf der Sinai-Halbinsel gegen
       ägyptische Sicherheitsbeamte. Anfang 2018 sagte der IS auf dem Sinai der
       Hamas offiziell den Kampf an.
       
       Ein Video zeigt die Hinrichtung eines Palästinensers aus dem Gazastreifen,
       dem Waffenschmuggel zur Last gelegt wird. Die Hamas verrate die
       Palästinenser, hieß es in einer Rede vor der Erschießung, denn sie halte
       die Extremisten in Gaza inhaftiert.
       
       ## Hamas: Keine Gerüchte verbreiten!
       
       Die Bombenanschläge vom Dienstag könnten als Aufforderung an die Führung in
       Gaza verstanden werden, Salafisten aus dem Gefängnis zu entlassen und
       Verhandlungen mit der Regierung in Kairo, die auch zwischen der Hamas und
       Israel vermittelt, einzustellen.
       
       Ismail Hanija, Chef des Hamas-Politbüros, gab sich zuversichtlich, dass die
       Sicherheitskräfte in Gaza die Hintergründe „dieser verfluchten
       Verschwörung“ bald aufklären würden. Er appellierte an die Öffentlichkeit,
       „keine Gerüchte zu verbreiten“. Schon am Mittwoch wurden zahlreiche Männer
       festgenommen. „Gaza steht über allen Versuchen der Konspiration und wird
       sich weder Angriffen noch der Blockade beugen“, so Hanija.
       
       Rückendeckung bei ihrem Kampf gegen die Feinde im eigenen Haus bekam die
       Hamas vom Islamischen Dschihad, der vom Iran finanzierten Bewegung, die
       ideologisch zwischen der Hamas und den Salafisten anzusiedeln ist. „Wir
       stehen hinter der Polizei und den Sicherheitsdiensten“, hieß es in einer
       Stellungnahme.
       
       Die Lage im Gazastreifen ist schon aufgrund der schwierigen Versorgungslage
       instabil. Erst Anfang der Woche ließ Israels Regierungschef Benjamin
       Netanjahu die Öllieferungen in die belagerte Küstenenklave auf die Hälfte
       reduzieren – eine Strafmaßnahme infolge erneuter Raketenangriffe aus Gaza.
       Die Hamas lehnte zwar die Verantwortung für den Beschuss ab. Eine Erklärung
       der palästinensischen Fraktionen in Gaza warnt Israel jedoch vor „einem
       Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht“.
       
       28 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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